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Höhere Abschreibung eines Gebäudes wegen kürzerer Nutzungsdauer

Ein Vermieter kann sein Gebäude auf der Grundlage einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer als der gesetzlich vermuteten 50-jährigen Nutzungsdauer abschreiben und damit eine höhere Abschreibung geltend machen. Hierfür genügt ein Sachverständigengutachten, in dem der Gutachter eine gutachterlich anerkannte Methodik angewendet und eine kürzere Nutzungsdauer ermittelt hat.

Hintergrund: Für vermietete Gebäude des Privatvermögens kann nach dem Gesetz eine jährliche Abschreibung in Höhe von 2 % auf der Grundlage einer vom Gesetzgeber vermuteten Nutzungsdauer von 50 Jahren in Anspruch genommen werden. Allerdings kann der Vermieter nach dem Gesetz auch eine höhere Abschreibung geltend machen, wenn die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes kürzer ist als 50 Jahre.

Streitfall: Der Kläger vermietete Wohnungen. Ihm gehörte u.a. ein im Jahr 2012 erworbenes bebautes Grundstück, dessen Gebäude zu diesem Zeitpunkt bereits 55 Jahre alt war. Für dieses Grundstück machte er in den Streitjahren 2014 und 2015 eine Abschreibung auf der Grundlage einer Nutzungsdauer von 31 Jahren geltend, also jährlich 3,23 %. Dabei berief sich der Kläger auf ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, der eine „wirtschaftliche Restnutzungsdauer“ von 31 Jahren ermittelt hatte; der Gutachter hatte dabei u.a. ein Berechnungsschema der Arbeitsgemeinschaft der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in Nordrhein-Westfalen zugrunde gelegt und insbesondere die ausstehenden Modernisierungen berücksichtigt. Das Finanzamt erkannte lediglich eine Abschreibung in Höhe von 2 % an.

Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Der Kläger hat eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer von 50 Jahren durch das Sachverständigengutachten nachgewiesen.
  • Die Nutzungsdauer wird durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie durch rechtliche Beschränkungen bestimmt. Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer, die aber durch eine kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer abgekürzt werden kann.
  • Nach dem vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten betrug die Nutzungsdauer des Gebäudes nur 31 Jahre und nicht 50 Jahre. Der Sachverständige hat eine gutachterlich anerkannte Methodik verwendet. Dabei hat er den Schätzungsrahmen nicht verlassen und jede erforderliche Modernisierungsmaßnahme nachvollziehbar aufgeführt und bewertet.
  • Unschädlich ist, dass der Gutachter die „wirtschaftliche Restnutzungsdauer“ ermittelt und damit nicht den gesetzlichen Begriff der „tatsächlichen“ Nutzungsdauer verwendet hat. Bei beiden Begriffen geht es darum, die Dauer der wirtschaftlichen Verwendung zu ermitteln.

Hinweise: Über die Gesamtdauer der Nutzung des Gebäudes gleichen sich beide Abschreibungssätze aus. Allerdings könnte selbst ein Abschreibungszeitraum von 31 Jahren länger als die Lebenserwartung des Vermieters sein. Mit jedem Verkauf des Gebäudes beginnt ein neuer gesetzlicher Abschreibungszeitraum von 50 Jahren, der vom jeweiligen Käufer dann durch eine tatsächliche kürzere Nutzungsdauer ersetzt werden kann. Die Beweislast liegt aber beim jeweiligen Käufer, nicht beim Finanzamt.

Für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist ein Bausubstanzgutachten nach dem sog. ERAB-Verfahren nicht erforderlich. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits vor kurzem entschieden. Bei ERAB-Verfahren wird der Abnutzungsvorrat von Baustoffen ermittelt, d.h. ein baustoffspezifischer Wert; das ERAB-Verfahren vermag aber nicht den technischen Verschleiß oder die wirtschaftliche Entwertung oder gar rechtliche Nutzungsbeschränkungen zu berücksichtigen.

Quelle: FG Köln, Urteil v. 23.3.2022 – 6 K 923/20; NWB

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