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Spekulationsgewinn bei Verkauf eines teilweise vermieteten Eigenheims

Zwar führt der Verkauf einer selbstgenutzten Immobilie innerhalb der Spekulationsfrist nicht zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn. Soweit aber einzelne Zimmer der Immobilie tageweise an Dritte vermietet wurden, ist der Gewinn steuerpflichtig. Eine Bagatellgrenze gibt es nicht.

Hintergrund: Der Gewinn aus dem Verkauf einer im Privatvermögen befindlichen Immobilie führt zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn. Nach dem Gesetz werden selbst genutzte Immobilien von dieser Steuerpflicht grundsätzlich ausgenommen.

Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute und nutzten ein Reihenhaus, das sie im April 2011 gekauft hatten, selbst. Im Zeitraum 2011 bis 2017 vermieteten sie an 12 bis 25 Tagen pro Jahr zwei Zimmer im Dachgeschoss tageweise an Messegäste und erzielten hieraus Vermietungseinkünfte. Das Dachgeschoss hatte eine Fläche von etwa 35 qm, während das Reihenhaus eine Fläche von ca. 150 qm aufwies. Im Jahr 2017 verkauften die Kläger das Haus mit Gewinn und erhielten den Kaufpreis im Jahr 2018. Das Finanzamt behandelte den Gewinn im Umfang von 35/150 als steuerpflichtigen Spekulationsgewinn des Jahres 2018.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage im Grundsatz ab, verwies die Sache aber zur Berechnung des steuerpflichtigen Spekulationsgewinns an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Zwar ist das Reihenhaus innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist mit Gewinn verkauft worden und der Veräußerungserlös im Jahr 2018 zugeflossen. Der erzielte Gewinn ist aber nicht steuerpflichtig, soweit das Reihenhaus zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist.
  • Für die Eigennutzung ist nicht erforderlich, dass die Immobilie dauerhaft selbstgenutzt wird, solange die Immobilie dem Steuerpflichtigen ständig zur Verfügung steht. Allerdings ist die Vermietung eines Teils der Immobilie insoweit keine Selbstnutzung mehr.
  • Die Vermietung der Zimmer im Dachgeschoss des Reihenhauses führt nicht zur vollständigen Steuerpflicht des Spekulationsgewinns, sondern nur zur anteiligen Steuerpflicht. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers und folgt aus der Gesetzesbegründung.
  • Maßstab für die Ermittlung des steuerpflichtigen Anteils ist das Verhältnis der Wohnflächen, d. h. der Anteil der zu fremden Wohnzwecken überlassenen Wohnfläche zur Gesamtwohnfläche. Dieser Anteil ist noch nicht genau ermittelt worden und muss nun vom FG im zweiten Rechtsgang aufgeklärt werden.

Hinweise: Der Begriff der Selbstnutzung wird im Rahmen der Prüfung eines steuerpflichtigen Spekulationsgewinns eher großzügig vom BFH ausgelegt. Denn von der Steuerpflicht ausgenommen sind auch Zweitwohnungen, Ferienwohnungen, die nicht vermietet werden, oder auch Wohnungen, die für eine doppelte Haushaltsführung genutzt werden. Ein Steuerpflichtiger kann daher mehrere Wohnungen haben, die er selbst nutzt. Auch ein häusliches Arbeitszimmer im selbstgenutzten Haus führt nicht zur Versagung der vollständigen Steuerfreiheit eines Spekulationsgewinns.

Das aktuelle Urteil ist ebenfalls erfreulich, weil eine teilweise Vermietung einer selbstgenutzten Immobilie nicht zur vollständigen Steuerpflicht des Spekulationsgewinns führt, sondern nur zu einer anteiligen Steuerpflicht.

Durch die Begünstigung selbstgenutzter Immobilien wird sichergestellt, dass ein Wohnsitzwechsel, z. B. wegen eines neuen Arbeitsplatzes, nicht zu einer steuerlichen Belastung führt, wenn die bisherige selbstgenutzte Immobilie innerhalb der Spekulationsfrist verkauft werden muss.

Quelle: BFH, Urteil vom 19.7.2022 – IX R 20/21; NWB

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