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Steuerliche Auswirkungen der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

Die Bundesregierung hat auf eine sog. Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion mitgeteilt, dass sie derzeit noch nicht abschließend absehen kann, ob die zivilrechtliche Reform im Personengesellschaftsrecht zum 1.1.2024 auch Änderungen im Grunderwerbsteuerrecht und anderen steuerlichen Gesetzen nach sich ziehen wird.

Hintergrund: Das Grunderwerbsteuerrecht enthält verschiedene Begünstigungen für Personengesellschaften, etwa bei der Übertragung von Grundstücken von einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter oder umgekehrt. Im Umfang der Beteiligungsquote ist die Grundstücksübertragung grunderwerbsteuerfrei. Bei den Vergünstigungen verwendet das Gesetz meist den Begriff „Gesamthand“. Durch die zum 1.1.2024 in Kraft tretende Reform des Personengesellschaftsrechts wird jedoch der Begriff der Gesamthand im Zivilrecht abgeschafft. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat die Bundesregierung gefragt, ob steuerliche Änderungen geplant sind.

Wesentlicher Inhalt der Antwort der Bundesregierung:

  • Zurzeit gibt es keine konkrete Zeitplanung für eine Änderung des Grunderwerbsteuerrechts. Innerhalb der Bundesregierung ist der Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen.
  • Auf Bund-Länder-Ebene wird derzeit geprüft, ob es im Bereich der Befreiungsvorschriften des Grunderwerbsteuerrechts einen konkreten Anpassungsbedarf gibt.
  • Der Bundesregierung liegt keine statistische Erfassung darüber vor, ob es durch Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften zu Ausfällen bei den Steuereinnahmen kommt. Die Bundesregierung verfügt auch nicht über Informationen, ob Grunderwerbsteuereinnahmen durch Gestaltungen mit Familienstiftungen verloren gehen.
  • Die Bundesregierung will die Bundesländer, denen das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer zusteht, dabei unterstützen, eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer zu ermöglichen, um den Erwerb selbstgenutzten Wohnungseigentums zu erleichtern. Wie die grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen konkret ausgestaltet werden, obliegt dann aber den Bundesländern.
  • Ob sich die Reform des Personengesellschaftsrechts auf das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht auswirkt, kann die Bundesregierung derzeit noch nicht sagen, weil der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist.

Hinweise: Die Antwort der Bundesregierung erweckt nicht den Eindruck, als ob die Bundesregierung Zeitdruck verspürt. Sie lässt offen, ob sie sich mit einer erneuten Reform bzw. Anpassung des Grunderwerbsteuerrechts beschäftigen will. Die letzte Grunderwerbsteuerreform, die zu grundlegenden Verschärfungen bei Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften geführt hat, stammt aus dem Jahr 2021.

Ebenso wenig ist abschließend geklärt, ob sich die zum 1.1.2024 in Kraft tretende Reform des Personengesellschaftsrechts auf das Einkommensteuerrecht auswirkt. Auch im Einkommensteuerrecht wird in verschiedenen Fällen der Begriff der Gesamthand verwendet, die es ab dem 1.1.2024 zivilrechtlich nicht mehr geben soll. Allerdings hat der Gesetzgeber in der Begründung zu dem Gesetz über die Reform des Personengesellschaftsrechts ausgeführt, dass sich die zivilrechtliche Reform nicht einkommensteuerlich auswirken soll. Der Gesetzgeber wird dies in einer Gesetzesänderung voraussichtlich noch klarstellen.

Quelle: BT-Drucks. 20/7216 v. 12.6.2023; NWB

Erlass von Nachzahlungszinsen bei fehlerhafter zeitlicher Zuordnung von Umsätzen

Hat der Unternehmer seine Umsätze zu Unrecht jeweils erst im Folgemonat angemeldet und korrigiert das Finanzamt diesen Fehler, indem es die Umsätze im zutreffenden Monat erfasst, können die sich hieraus ergebenden Nachzahlungszinsen zumindest teilweise erlassen werden. Der Erlass kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass es unterjährige Zinsvorteile, d.h. Zinsvorteile im laufenden Jahr, gegeben habe, die durch die Zinsfestsetzung abgeschöpft werden sollen.

Hintergrund: Steuernachzahlungen werden verzinst, wenn die Nachzahlung auf einem Steuerbescheid beruht, der mindestens 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist, bekannt gegeben worden ist. Vorauszahlungen wie z.B. die Umsatzsteuervorauszahlungen werden nach dem Gesetz nicht verzinst.

Sachverhalt: Die Klägerin war Unternehmerin und hatte keine Dauerfristverlängerung beantragt, so dass sie ihre monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen bis zum 10. Tag des Folgemonats abgeben musste. In den Streitjahren 2009 bis 2013 meldete sie 90 % ihrer Umsätze nicht in dem Monat an, in dem sie den Umsatz ausgeführt hatte, sondern erst im jeweiligen Folgemonat, wenn ihr die für die Rechnungserstellung erforderlichen Informationen von ihren Subunternehmern mitgeteilt wurden. Im Rahmen einer Außenprüfung bemerkte das Finanzamt den Fehler und korrigierte ihn in der Weise, dass es 90 % der im jeweiligen Januar der Jahre 2009 bis 2013 angemeldeten Umsätze dem Vorjahr zuordnete. Dies führte zu Nachzahlungszinsen von insgesamt ca. 2 Mio. €. Den Zinsfestsetzungen lag ein Zinslauf von 56 Monaten (für 2009), 44 Monaten (für 2010), 32 Monaten (für 2011), 20 Monaten (für 2012) und acht Monaten (für 2013) zugrunde. Die Klägerin beantragte den Erlass der Nachzahlungszinsen, den das Finanzamt unter Hinweis auf die unterjährig entstandenen Zinsvorteile ablehnte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt einen Erlass der Nachzahlungszinsen für möglich. Hierüber muss nun das Finanzamt ermessensfehlerfrei neu entscheiden:

  • Ein Erlass von Steuern oder Nachzahlungszinsen ist möglich, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls aus persönlichen oder sachlichen Gründen unbillig wäre. Sachliche Unbilligkeit ist zu bejahen, wenn die Steuer- bzw. Zinsfestsetzung zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber im konkreten Fall den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass ihre Erhebung unbillig erscheint und der Gesetzgeber einen Erlass gewährt hätte, wenn er den konkreten Fall als regelungsbedürftig erkannt hätte.
  • Im Streitfall ist eine sachliche Unbilligkeit zu bejahen, da der Liquiditätsvorteil, der aufgrund der Zinsfestsetzung abgeschöpft werden soll, in Wirklichkeit nicht in dem Umfang vorhanden war, wie ihn das Finanzamt bei der Zinsfestsetzung zugrunde gelegt hat.
  • Zwar hat die Klägerin im Laufe des jeweiligen Streitjahres Liquiditätsvorteile gehabt, weil sie 90 % ihrer Umsatzsteuern jeweils einen Monat zu spät angemeldet und abgeführt hat. Allerdings ist der über das jeweilige Streitjahr hinaus entstandene Vorteil, der sich daraus ergibt, dass die Umsätze des Dezembermonats erst im Januar des Folgejahres angemeldet worden sind, vor Beginn des Zinslaufs für das Vorjahr wieder ausgeglichen worden; denn die Klägerin hat die Umsatzsteuer für den Januar des Folgejahres umgehend gezahlt.
  • Würde man den unterjährigen Liquiditätsvorteil, der z.B. dadurch entsteht, dass die Umsatzsteuer für März erst im Voranmeldungszeitraum April angemeldet worden ist, bei der Zinsfestsetzung berücksichtigen, käme es im Ergebnis zur Verzinsung von Vorauszahlungen, die nach dem Gesetz aber nicht verzinst werden dürfen.

Hinweise: Der Bescheid, mit dem das Finanzamt den Erlassantrag abgelehnt hat, ist aufgehoben worden, so dass das Finanzamt erneut über den Erlassantrag entscheiden muss. Das Finanzamt wird nun zumindest einen Teilerlass gewähren müssen. Dieser könnte so aussehen, dass die Zinsen insoweit erlassen werden, als sie den tatsächlichen Liquiditätsvorteil für 90 % der jeweils im Dezember entstandenen Umsätze übersteigen. Dies würde dazu führen, dass statt eines Liquiditätsvorteils von ca. 47.000 € nur ca. 15.000 € anzusetzen wären.

Die zeitliche Zuordnung von Umsätzen zum richtigen Voranmeldungszeitraum ist in der Praxis kein seltenes Problem, wenn z.B. der Unternehmer Subunternehmer beschäftigt und von diesen die Informationen über die ausgeführten Umsätze erst nach Ablauf der Abgabefrist für den zutreffenden Voranmeldungszeitraum erhält. Richtigerweise muss dann die fehlerhafte Voranmeldung berichtigt werden. Im Streitfall ist dies jedoch unterblieben; stattdessen sind die Umsätze im folgenden Voranmeldungszeitraum angemeldet worden. Das aktuelle Urteil erleichtert in einem solchen Fall nun einen Teilerlass der Nachzahlungszinsen.

Quelle: BFH, Urteil v. 23.2.2023 – V R 30/20; NWB

Kosten für Fettabsaugung zwecks Behandlung eines Lipödems steuerlich absetzbar

Die Kosten für eine Fettabsaugung (Liposuktion) zwecks Behandlung eines Lipödems sind jedenfalls seit 2016 auch dann als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar, wenn weder ein amtsärztliches Gutachten noch eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorab eingeholt worden sind. Denn es handelt sich bei der Liposuktion jedenfalls seit 2016 um eine medizinisch anerkannte Heilbehandlung.

Hintergrund: Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und die notwendig und angemessen sind, können als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden. Ein typisches Beispiel hierfür sind Krankheitskosten. Für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden ist nach dem Gesetz vorab ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen.

Sachverhalt: Die Klägerin litt seit 2012 unter einem Lipödem (Störung der Fettverteilung im Körper). Auf Empfehlung ihres Arztes ließ sie im Jahr 2017 drei Liposuktionsbehandlungen durchführen, die von der Krankenkasse nicht erstattet wurden. Sie machte die Kosten daher als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an und begründete dies damit, dass vorab ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung hätte eingeholt werden müssen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Krankheitskosten sind grundsätzlich außergewöhnliche Belastungen, da sie dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Allerdings muss es sich um Kosten handeln, die zum Zweck der Heilung (Medikamente, Operation) oder die zum Zweck der Linderung der Krankheit (z. B. Rollstuhl) getätigt werden.
  • Zwar ist bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden vorab ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen. Hierzu gehören etwa Frisch- und Trockenzellbehandlungen oder eine Eigenbluttherapie.
  • Seit dem Jahr 2016 ist die Liposuktion aber eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Behandlung von Spontan- und Druckschmerz sowie der Ödem- und Hämatomneigung, insbesondere auch zur Behandlung eines Lipödems. Hierzu gibt es seit 2016 entsprechende wissenschaftliche Gutachten der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, der Bundesärztekammer sowie weiterer medizinischer Fachgesellschaften wie z.B. der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung.
  • Der Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastungen setzte daher im Streitfall weder ein amtsärztliches Gutachten noch eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vor Durchführung der Liposuktion voraus.

Hinweise: Eine Liposuktion stellt nach dem Urteil des BFH in der Regel keinen kosmetischen Eingriff dar, sondern dient der Linderung von Schmerzen sowie der Vermeidung von Sekundärerkrankungen. Der Klägerin kam zugute, dass sich die medizinische Sicht seit 2015 zugunsten der Liposuktion gewandelt hat, die seitdem als Behandlungsmethode wissenschaftlich anerkannt ist.

Entscheidet sich der Steuerpflichtige für eine Behandlung, die wissenschaftlich nicht oder noch nicht anerkannt ist, werden die Kosten von der Krankenkasse nicht ersetzt. Damit stellt sich die Frage des steuerlichen Abzugs als außergewöhnliche Belastung, der aber im Fall fehlender wissenschaftlicher Anerkennung die vorherige Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung verlangt. Sollte dieses tatsächlich vorab eingeholt worden sein, könnte damit bereits die Erstattung durch die Krankenkasse beansprucht werden, so dass es keine außergewöhnliche Belastung mehr gibt.

Quelle: BFH, Urteil v. 23.3.2023 – VI R 39/20; NWB

Kein Steuerstundungsmodell bei aktiver Betätigung des Steuerpflichtigen

Ein Steuerstundungsmodell, dessen Verluste grundsätzlich nicht ausgleichsfähig sind, liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige ein vorgefertigtes Konzept vorfindet, das er nur noch anzunehmen braucht, so dass er sich wie ein passiver Anleger verhält. Ist der Steuerpflichtige hingegen in der Weise aktiv, dass er bei der Gestaltung des Konzepts mitwirkt, handelt es sich nicht um ein Steuerstundungsmodell, so dass seine Verluste in vollem Umfang ausgleichsfähig sind.

Hintergrund: Verluste aus einem Steuerstundungsmodell sind nach dem Gesetz nicht mit anderen positiven Einkünften ausgleichbar. Sie sind lediglich verrechenbar und können nur mit künftigen positiven Einkünften aus dem Steuerstundungsmodell verrechnet werden.

Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung negative Einkünfte erzielt werden sollen. Eine modellhafte Gestaltung ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit erhält, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine KG, die von A und B im Jahr 2006 gegründet wurde und an der sich C als atypisch stiller Gesellschafter beteiligte. B hatte im Jahr 2006 hohe Einkünfte erzielt. Bei der Gründung der KG hatte der Rechtsanwalt und Steuerberater R mitgewirkt, der von B beauftragt worden war, eine Anlagestruktur mit steuerlichem Verlustverrechnungspotenzial zu begründen. R empfahl eine Treuhandstruktur; dieser Empfehlung folgten A, B und C aber nicht, sondern gründeten die KG selbst (A und B) bzw. beteiligten sich als stiller Gesellschafter (C). Die KG erwarb dann Schuldverschreibungen, deren Erwerb durch Bankdarlehen finanziert wurde, bei deren Auszahlung ein Disagio abgezogen wurde. An den Verhandlungen mit den Banken nahmen A, B und C sowie R teil. Im Jahr 2006 erzielte die KG einen Verlust, den das Finanzamt als Verlust aus einem Steuerstundungsmodell ansah, so dass er mit den positiven Einkünften von A, B und C nicht verrechnet werden konnte. Gegen diese Feststellung klagte die KG.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Eine Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell kann dadurch begründet werden, dass man sich an einem geschlossenen Fonds, der ein Steuerstundungsmodell umsetzt, beteiligt oder indem eine Einzelinvestition in Gestalt eines Steuerstundungsmodells getätigt wird.
  • A, B und C haben sich nicht an einem geschlossenen Fonds beteiligt, denn die KG hatte keinen geschlossenen Anlegerkreis. Vielmehr hätten nach dem Gesellschaftsvertrag der KG noch weitere Anleger der KG beitreten können.
  • Es handelte sich jedoch um eine Einzelinvestition, da die KG eine Schuldverschreibung gezeichnet hat. Allerdings liegt ein Steuerstundungsmodell nur dann vor, wenn die Investition aufgrund eines vorgefertigten Konzepts erfolgt und sich der Anleger passiv verhält, also das ihm vorgelegte Konzept „abnickt“.
  • Im Streitfall haben A, B und C kein vorgefertigtes Konzept vorgefunden, das sie lediglich übernommen haben, sondern sie haben an der Gestaltung und dem Entwurf des Konzepts aktiv mitgewirkt. So haben sie die KG gegründet (A und B), sind von dem Vorschlag des R, ein Treuhandmodell umzusetzen, abgewichen und haben zusammen mit R eigenständige Verhandlungen mit den Banken geführt. Zudem war B auch geschäftsführender Kommanditist.

Hinweise: Das Urteil hat zur Folge, dass der von der KG erzielte Verlust von A, B und C im Umfang ihrer jeweiligen Beteiligungsquote mit ihren positiven Einkünften verrechnet werden kann und damit ihre Einkommensteuerlast mindert. Hätte das Finanzamt Recht bekommen, hätten A, B und C warten müssen, bis die KG eines Tages Überschüsse erzielt, und erst dann den lediglich verrechenbaren Verlust zur Verrechnung mit diesen Überschüssen nutzen können.

Der Verlust der KG ergab sich insbesondere aus dem Disagio des aufgenommenen Bankdarlehens, das in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar war, sowie aus den Zinsen für dieses Darlehen.

Der BFH macht deutlich, dass steuerliche Vorschriften, die zu Verlusten führen, durchaus von Einzelinvestoren genutzt werden können. Verhindert werden soll aber, dass derartige Vorschriften konzeptionell aufgearbeitet werden und einer Vielzahl von Anlegern angeboten werden.

Quelle: BFH, Urteil v. 16.3.2023 – VIII R 10/19; NWB

Fristversäumnis bei Klageerhebung

Zwar kann der Steuerpflichtige Zweifel darlegen, dass eine Einspruchsentscheidung nicht bereits am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bei ihm eingegangen ist, sondern erst zu einem späteren Tag. Verwendet der Steuerpflichtige oder sein Bevollmächtigter aber ein elektronisches Posteingangsbuch, muss dieses laufend geführt und jeder Posteingang zeitnah eingetragen werden. Enthält das elektronische Posteingangsbuch zahlreiche Eintragungen, die erst mehrere Wochen nach tatsächlichem Zugang des Bescheids bzw. der Einspruchsentscheidung vorgenommen wurden, ist es nicht geeignet, Zweifel an einem Zugang innerhalb von drei Tagen nach Aufgabe zur Post zu begründen.

Hintergrund: Nach dem Gesetz gilt ein Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post durch das Finanzamt als bekannt gegeben, es sei denn, er ist zu einem späteren Tag oder gar nicht zugegangen. Mit Ablauf des Tags der Bekanntgabe des Bescheids beginnt die Einspruchsfrist oder – bei Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung – die Klagefrist.

Sachverhalt: Der steuerlich vertretene Kläger hatte Einspruch gegen seinen Steuerbescheid eingelegt. Das Finanzamt wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung zurück, adressierte die Einspruchsentscheidung an die Steuerberaterin des Klägers und gab die Einspruchsentscheidung am 11.11.2021, einem Donnerstag, zur Post auf. Am 17.12.2021 erhob die Steuerberaterin bei Gericht Klage. Sie machte geltend, dass die Einspruchsentscheidung erst am 17.11.2021 bei ihr im Büro eingegangen sei, und legte als Nachweis ein elektronisches Posteingangsbuch vor. In diesem Posteingangsbuch war die Einspruchsentscheidung unter der laufenden Nummer 89 mit dem Eingangsdatum 17.11.2021 eingetragen; die beiden nächsten Einträge mit dem Eingangsdatum 17.11.2021 enthielten die Nummern 206 und 90. Auch zahlreiche weitere Eintragungen enthielten keine fortlaufende Nummer.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die Klage ab:

  • Der Kläger hat die Klagefrist nicht eingehalten. Denn die Einspruchsentscheidung wurde am 11.11.2021, einem Donnerstag, zur Post aufgegeben und galt damit nach dem Gesetz als drei Tage später bekannt gegeben. Da der dritte Tag, der 14.11.2021, ein Sonntag war, verschob sich die Bekanntgabe auf den Montag, den 15.11.2021. Die Klagefrist endete am 15.12.2021, so dass die am 17.11.2021 erhobene Klage verfristet war.
  • Der Kläger hat keine Zweifel an einer Bekanntgabe am 15.11.2021 begründet. Denn das von seiner Steuerberaterin geführte elektronische Posteingangsbuch war nicht geeignet, einen tatsächlichen Zugang der Einspruchsentscheidung erst am 17.11.2021 darzulegen.
  • Die Eintragungen im elektronischen Posteingangsbuch sind nicht fortlaufend, lückenlos und zeitnah erfolgt. So sind die Posteingänge, die am 17.11.2021 eingegangen sein sollen, mit den Nummern 89, 90 und 206 erfasst worden. Die Nummern 91 bis 205 sind hingegen an anderen Daten eingetragen worden. Auch weitere Einträge sind nicht fortlaufend erfolgt.

Hinweise: Bei einem verspäteten Eingang des Bescheids bzw. der Einspruchsentscheidung nach Ablauf der drei Tage, die der Gesetzgeber als Postlaufzeit fingiert, kann der tatsächlich spätere Eingang durch ein ordnungsgemäß geführtes Fristenkontrollbuch sowie durch den Briefumschlag, aus dem sich ggf. ein Poststempel von einem späteren Tag ergibt, und einen Eingangsstempel oder -vermerk nachgewiesen werden. Um sicherzugehen, dass die Einspruchs- bzw. Klagefrist gewahrt wird, empfiehlt es sich allerdings, die Frist nicht vollständig auszuschöpfen, sondern die Einspruchs- bzw. Klagefrist auf der Grundlage der dreitägigen Bekanntgabefiktion zu errechnen und den Einspruch bzw. die Klage bis zum Ablauf dieser errechneten Frist einzulegen.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 2.8.2022 – 16 K 16191/21; NWB