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Keine Umsatzsteuerfreiheit für Schwimmschule

Eine Schwimmschule erzielt keine umsatzsteuerfreien Umsätze. Denn es handelt sich beim Schwimmunterricht nicht um umsatzsteuerbefreiten Schul- oder Hochschulunterricht.

Hintergrund: Sowohl nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht als auch nach dem europäischen Umsatzsteuerrecht werden Unterrichtsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die eine Schwimmschule betrieb. Sie behandelte ihre Leistungen in den Jahren 2007 bis 2009 als umsatzsteuerfrei, während das Finanzamt sie als umsatzsteuerpflichtig ansah. Der Fall kam zum Bundesfinanzhof (BFH), der ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) richtete. Der EuGH hat die Umsatzsteuerfreiheit für Schwimmunterricht verneint. Der BFH hat nun das Verfahren abgeschlossen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich der Auffassung des EuGH angeschlossen und die Klage abgewiesen:

  • Zwar gibt es eine Umsatzsteuerbefreiung nach deutschem Recht für Schul- und Bildungsleistungen von Privatschulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die Kultusbehörde bescheinigt, dass die Schule bzw. Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine bestimmte Prüfung vorbereitet. Diese Umsatzsteuerbefreiung war aber nicht anwendbar, weil die Klägerin in den Streitjahren 2007 bis 2009 keine Prüfungen durchführte, die für einen Beruf vorbereiteten. Außerdem hatte die Klägerin nicht die erforderliche Bescheinigung der Kultusbehörde.
  • Auch eine weitere Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht schied aus, die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Berufsverbänden oder Volkshochschulen gewährt wird. Denn die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und gehörte nicht zu den begünstigten Einrichtungen.
  • Schließlich ist auch eine Umsatzsteuerfreiheit für Schul- oder Hochschulunterricht nach europäischem Recht nicht zu gewähren. Denn nach dem EuGH-Urteil ist Schwimmunterricht kein Schul- bzw. Hochschulunterricht. Schwimmunterricht dient nämlich nicht der Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten bezüglich eines breiten und vielfältigen Stoffspektrums, wie dies beim Schul- und Hochschulunterricht typisch ist.
  • Vielmehr handelt es sich beim Schwimmunterricht um einen spezialisierten und punktuell erteilten Unterricht, der mit einer Schul- oder Hochschulausbildung nicht vergleichbar ist. Ob Schwimmunterricht dem Gemeinwohl dient, ist unbeachtlich.

Hinweise: Der BFH war an die Entscheidung des EuGH gebunden, so dass das aktuelle BFH-Urteil keine Überraschung mehr ist. Es wird nun aber deutlich, dass der BFH an seiner bisherigen Rechtsprechung, die eher zu einer Umsatzsteuerbefreiung gelangte, nicht mehr festhalten können wird. So hatte der BFH in der Vergangenheit etwa die Umsatzsteuerfreiheit für ein Ballett- und Tanzstudio bejaht, weil jedenfalls ein kleiner Teil der Ballettschüler die spätere Aufnahmeprüfung an der staatlichen Musikhochschule bestand und eine weitere Berufsausbildung anstrebte. Der BFH lässt zwar offen, ob er hieran noch festhalten kann. Angesichts der Entscheidung des EuGH, der die Umsatzsteuerfreiheit auf typischen Schul- bzw. Hochschulunterricht beschränkt, dürfte dies allerdings kaum der Fall sein.

BFH, Urteil v. 16.12.2021 – V R 31/21 (V R 32/18); NWB

Beteiligung eines minderjährigen Kindes an der Praxis des Vaters

Eine als „stille Beteiligung“ bezeichnete Beteiligung eines minderjährigen Kindes an der Zahnarztpraxis, die dem Kind im Wege der Schenkung eingeräumt worden ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen als Innengesellschaft steuerlich anerkannt werden. Die steuerliche Anerkennung hat zur Folge, dass die an das Kind gezahlten Gewinnanteile Betriebsausgaben des Vaters sind. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist, dass die Vereinbarungen zwischen dem Kind und seinem Vater zivilrechtlich wirksam und fremdüblich sind sowie tatsächlich vollzogen werden.

Hintergrund: An einem Handelsgewerbe kann man sich als stiller Gesellschafter mit einer Einlage beteiligen und ist dann in dem vereinbarten Umfang am Gewinn und Verlust beteiligt. Der an den stillen Gesellschafter gezahlte Gewinnanteil mindert den Gewinn des Inhabers des Handelsgeschäfts und muss im Gegenzug vom stillen Gesellschafter versteuert werden.

Sachverhalt: Der Kläger war selbständiger Zahnarzt. Er räumte seinen drei minderjährigen Kindern im Jahr 2007 jeweils eine „stille Beteiligung“ in Höhe von 50.000 € im Wege der Schenkung ein; dabei wurden seine Kinder durch einen Ergänzungspfleger vertreten. Jedes seiner Kinder sollte mit 10 % am Gewinn oder Verlust beteiligt sein, maximal aber mit 15 % der Einlage, d.h. 7.500 €. Der Kläger konnte die schenkweise Einräumung der stillen Beteiligung widerrufen, falls ein Kind ohne Zustimmung des Klägers die stille Beteiligung übertragen würde. Die stillen Gesellschaften sollten mindestens bis zum 31.12.2017 laufen. Der Kläger zahlte seinen Kindern ab 2008 die Gewinnanteile für das jeweils vorherige Jahr aus und behandelte diese Auszahlungen in den Streitjahren 2008 bis 2015 als Betriebsausgaben. Das Finanzamt erkannte die Betriebsausgaben nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt einen Betriebsausgabenabzug für möglich, verwies die Sache jedoch zur weiteren Aufklärung zurück:

  • Zwar handelte es sich bei den Beteiligungen nicht um stille Gesellschaften, da der Kläger als Zahnarzt kein Handelsgewerbe betrieb. Es waren aber Innengesellschaften bürgerlichen Rechts, für die die gleichen Grundsätze wie für eine stille Beteiligung gelten.
  • Der Betriebsausgabenabzug ist möglich, wenn die Begründung der Innengesellschaft betrieblich veranlasst war. Bei der Beteiligung naher Angehöriger kann eine betriebliche Veranlassung nur dann angenommen werden, wenn die Vereinbarung zivilrechtlich wirksam ist, fremdüblich ist und wie unter Dritten tatsächlich vollzogen wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass es sich nicht um verdeckte Unterhaltszahlungen handelt.
  • Nicht jede geringfügige Abweichung vom Fremdüblichen führt zur steuerlichen Nichtanerkennung. Vielmehr kommt es auf die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten an.
  • Steuerlich unschädlich ist es, wenn die Beteiligung oder die Mittel für die Einlage dem nahen Angehörigen geschenkt werden. Auch ist es nicht zwingend schädlich, dass der Kläger keine zusätzlichen Mittel erhalten hat; denn es genügt, wenn die Gewinnanteile zur Erfüllung der Einlageverpflichtung umgebucht werden und zur Verlustverrechnung zur Verfügung stehen.
  • Im Streitfall waren die Schenkungs- und die Beteiligungsverträge zivilrechtlich wirksam. Die fehlerhafte Bezeichnung als „stille Gesellschaft“ war ohne Bedeutung. Allerdings muss das Finanzgericht (FG) noch prüfen, ob die Kinder diejenigen Kontrollrechte hatten, die üblicherweise einem stillen Gesellschafter zustehen, und ob die vereinbarte Laufzeit und die Kündigungsmöglichkeit fremdüblich waren. Ferner muss das FG ermitteln, ob die Widerrufsmöglichkeit des Klägers für den Fall der Weiterveräußerung der Beteiligung durch ein Kind einem Fremdvergleich standhält.

Hinweise: Das FG muss auch noch die tatsächliche Ausführung der Verträge prüfen, z.B. die Pünktlichkeit der Zahlungen der Gewinnanteile oder die tatsächliche Ausübung der vertraglich vereinbarten Kontroll- und Informationsrechte sowie die tatsächliche Verwaltung der Konten der Kinder.

Es lässt sich noch nicht sagen, ob die Klage Erfolg haben wird. Allerdings deutet der „Prüfkatalog“ des BFH eher darauf hin, dass die steuerliche Anerkennung der Innengesellschaften scheitern könnte.

BFH, Urteil v. 23.11.2021 – VIII R 17/19; NWB

Absetzbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer setzt nicht dessen Erforderlichkeit voraus

Die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer setzt nicht voraus, dass das Arbeitszimmer für die berufliche Tätigkeit erforderlich ist. Es genügt, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit entweder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet.

Hintergrund: Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind nach dem Gesetz nur absetzbar, wenn entweder für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht – der Abzug ist dann auf 1.250 € beschränkt – oder wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet; in dem zuletzt genannten Fall ist der Abzug unbeschränkt möglich.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Stewardess, die zusammen mit ihrem Ehemann im gemeinsamen Einfamilienhaus wohnte. Im Streitjahr 2013 war sie insgesamt an 134 Tagen auf Flügen im In- und Ausland tätig. Sie machte 1.250 € für die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers in dem gemeinsamen Einfamilienhaus geltend. Finanzamt und Finanzgericht der ersten Instanz erkannten die Kosten nicht an, da das Vorhalten des Arbeitszimmers wegen des geringen Anteils der Heimarbeit nicht erforderlich sei.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hält einen steuerlichen Abzug der Kosten grundsätzlich für möglich und hat die Sache zur weiteren Prüfung an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen:

  • Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer ist, dass für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit entweder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet. Das Gesetz verlangt hingegen nicht, dass das Arbeitszimmer für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit erforderlich oder notwendig ist.
  • Der Gesetzgeber unterstellt typisierend, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (nahezu) ausschließlich beruflich bzw. betrieblich veranlasst sind, wenn die o. g. Voraussetzungen vorliegen, also kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit darstellt. Der Gesetzgeber wollte Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers gerade vermeiden.
  • Das FG hat daher zu Unrecht die Abziehbarkeit der geltend gemachten Kosten mit der Begründung verneint, das häusliche Arbeitszimmer sei für die berufliche Tätigkeit als Stewardess nicht notwendig.

Hinweise: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG muss nun prüfen, ob das Arbeitszimmer tatsächlich (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wurde. Ist dies der Fall, kann die Klägerin die Kosten in Höhe von 1.250 € abziehen. Der Abzug kann dann also nicht mit der Begründung versagt werden, dass sie ihre berufliche Tätigkeit zu Hause auch an einem PC am Esstisch erledigen könnte.

Ein Abzug ist hingegen nicht möglich, wenn die Klägerin das Arbeitszimmer auch privat genutzt hat und diese private Mitnutzung nicht ganz untergeordnete Bedeutung hatte. Bislang steht nicht fest, welche beruflichen Tätigkeiten die Klägerin überhaupt zu Hause verrichtet hat.

BFH, Urteil v. 3.4.2019 – VI R 46/17; NWB

Umsatzsteuer auf Zuschüsse einer Gemeinde für einen Verein

Zuschüsse einer Gemeinde an einen Verein für die Bewirtschaftung der ihm dauerhaft überlassenen Sportanlage unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn der Verein nicht zu Gegenleistungen verpflichtet ist und der Verein auch keine Aufgaben der Gemeinde übernimmt.

Hintergrund: Der Umsatzsteuer unterliegt ein Entgelt für eine Leistung. Hingegen sind sog. echte Zuschüsse kein Entgelt.

Sachverhalt: Der Kläger war ein Sportverein, der aufgrund eines langfristigen Nutzungsvertrags mit der Gemeinde die gemeindliche Sportanlage unentgeltlich nutzen durfte. Nach diesem Nutzungsvertrag musste der Kläger die Anlage instandhalten und pflegen. Hierfür erhielt er von der Gemeinde jährliche Zuschüsse in den Jahren 2011 bis 2014 von jährlich ca. 13.000 €. Außerdem erhielt der Kläger im Jahr 2014 noch einen gesonderten Zuschuss von ca. 35.000 € für bestimmte Modernisierungsmaßnahmen. Der Kläger behandelte die Zuschüsse als nicht umsatzsteuerbar, zog aber die Vorsteuer aus den Instandhaltungs- und Baumaßnahmen zu ca. 70 % ab. Das Finanzamt unterwarf die Zuschüsse der Umsatzsteuer.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht der ersten Instanz zurück:

  • Die Zuschüsse waren nicht umsatzsteuerbar, da es sich um sog. echte Zuschüsse handelte, die ohne Gegenleistung, d.h. ohne Leistungsaustausch gezahlt wurden. Eine Umsatzsteuerbarkeit ist nur dann zu bejahen, wenn es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Leistung und einem Entgelt gibt.
  • Ob es sich um ein Entgelt oder um einen echten Zuschuss handelt, hängt von dem Zahlungsempfänger und dem Förderungsziel ab. Im Streitfall ging es der Gemeinde nicht darum, konkrete Betreiberleistungen vom Verein (Kläger) für sich zu beziehen. Denn die Nutzungsüberlassung der Sportanlage war langfristig und unentgeltlich erfolgt, und der Kläger war nicht verpflichtet, bestimmte Sportangebote vorzuhalten. Vielmehr sollten es die Zuschüsse dem Kläger ermöglichen, die Sportanlage zu nutzen. Zudem gehörten auch weder das Bereithalten der Sportanlage noch ein gewisses Sportangebot zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde, so dass der Kläger auch keine Aufgaben der Gemeinde übernahm.
  • Die Sache ist an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen worden, damit dieses die Berechtigung zum Vorsteuerabzug überprüfen kann.

Hinweise: Der Kläger leitete seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug daraus ab, dass er Sportveranstaltungen mit zahlenden Zuschauern durchführte und das Sportheim auch für seinen Gaststättenbetrieb nutzte und insoweit jeweils umsatzsteuerbare und -pflichtige Umsätze ausführte. Dies muss das FG nun überprüfen.

Die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerbarem Entgelt und nicht umsatzsteuerbaren Zuschüssen wird etwa bei Forschungszuschüssen relevant. Für die Umsatzsteuerbarkeit spricht es, wenn der Zuschussempfänger dem Zuschussgeber die Forschungsleistung zuwenden soll. Hier prüft man u.a., welchen Zweck der Zuschussgeber verfolgt.

BFH, Urteil v. 18.11.2021 – V R 17/20; NWB

Verzicht auf Umsatzsteuerbefreiung bei Übertragung des hälftigen Miteigentums

Erwerben Ehegatten beim Kauf einer Immobilie jeweils das hälftige Miteigentum und verzichtet der Verkäufer auf die gesetzliche Steuerfreiheit für Grundstücksübertragungen, schuldet jeder der Miteigentümer-Ehegatten die aufgrund des Verzichts für seinen Miteigentumsanteil entstehende Umsatzsteuer. Ein Umsatzsteuerbescheid, der sich an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die sich aus den Ehegatten zusammensetzt, richtet, wäre hingegen rechtswidrig, weil die GbR nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer ist.

Hintergrund: Grundstücksübertragungen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, sind zwar umsatzsteuerfrei. Der Verkäufer kann aber im Grundstückskaufvertrag auf die Steuerfreiheit verzichten, so dass Umsatzsteuer entsteht; diese Umsatzsteuer schuldet dann der Leistungsempfänger nach dem sog. Reverse-Charge-Verfahren. Danach entsteht bei bestimmten Umsätzen die Umsatzsteuer aufseiten des Leistungsempfängers.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GbR, die aus den Eheleuten G bestand. Mit notariellen Kaufverträgen vom 20.8.2012 erwarben die Eheleute jeweils zu hälftigem Miteigentum zwei noch zu errichtende Wohnungen, die sie vermieten wollten. Nach den Kaufverträgen verzichtete der Verkäufer auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Umsatzsteuerschuld auf die GbR übergegangen sei und erließ im Jahr 2015 einen Umsatzsteuerbescheid gegenüber der GbR (Klägerin). Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Die GbR war nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer. Verzichtet der Verkäufer im notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit, wird der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer.
  • Wer Steuerschuldner ist, richtet sich nach dem Kaufvertrag. Denn zum einen beruht die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit auf einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang, der im Streitfall der Kaufvertrag war. Zum anderen ergibt sich auch der Verzicht auf die gesetzliche Steuerfreiheit aus dem Kaufvertrag.
  • Nach dem Kaufvertrag erwarb jeder der beiden Ehegatten einen einzelnen Miteigentumsanteil. Daher war jeder Ehegatte Schuldner der auf ihn entfallenden Umsatzsteuer, nicht aber die GbR. Das Finanzamt hat den Umsatzsteuerbescheid daher zu Unrecht gegenüber der GbR erlassen.

Hinweise: Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, wenn die GbR das vollständige Eigentum an den beiden Wohnungen erworben hätte. In diesem Fall hätte der Umsatzsteuerbescheid an die GbR gerichtet werden müssen.

Ob tatsächlich eine GbR bestand, brauchte der BFH nicht zu entscheiden. Denn in jedem Fall war nur der jeweilige Ehegatte Schuldner der Umsatzsteuer. Gleichwohl konnte die GbR klagen, und zwar auch dann, wenn es sie gar nicht gegeben haben sollte; denn wenn sich ein Steuerbescheid gegen eine Personengesellschaft richtet, darf die angebliche Personengesellschaft gegen diesen Bescheid klagen, um den Rechtsschein, den der Bescheid erzeugt, zu beseitigen.

Grunderwerbsteuerlich ist jeder Ehegatte einzeln zur Grunderwerbsteuer heranzuziehen, wenn die Ehegatten gemeinsam ein Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum erwerben. Jeder Ehegatte ist dann Schuldner der auf ihn entfallenden Grunderwerbsteuer; eine Gesamtschuldnerschaft besteht nicht. Diese Grundsätze werden umsatzsteuerlich übernommen, weil das Umsatzsteuerrecht beim Erwerb von Immobilien an das Grunderwerbsteuerrecht anknüpft.

Der Verzicht auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit löst zwar Umsatzsteuer aus. Will der Erwerber die Immobilie aber umsatzsteuerpflichtig vermieten, kann er die aufgrund des Erwerbs entstehende Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

BFH, Urteil v. 25.11.2021 – V R 44/20; NWB