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Spekulationsgewinn bei Grundstückskauf aufgrund eines Benennungsrechts

Die zehnjährige Spekulationsfrist für Grundstücke beginnt bei einem Grundstückskaufvertrag, der mit einem befristeten Erwerberbenennungsrecht ausgestattet ist und bei dem sich der Steuerpflichtige vor Ablauf der Benennungsfrist selbst als Käufer benennt, erst mit dem Zeitpunkt der Selbstbenennung und noch nicht mit dem Datum des Kaufvertrags.

Hintergrund: Ein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn entsteht, wenn innerhalb von zehn Jahren ein Grundstück gekauft und mit Gewinn verkauft wird.

Sachverhalt: Die Klägerin schloss am 21.9.2000 einen Grundstückskaufvertrag mit dem Bundesland X. An dem Kaufvertrag waren mehrere Personen als Erwerber beteiligt, da es um verschiedene Teilgrundstücke ging; die Klägerin war jedoch nicht als Erwerber bezeichnet, sondern nur als „Benenner“. Sie hatte das Recht, bis zum 30.6.2002 einen Erwerber zu benennen; nach Ablauf der Frist galt die Klägerin selbst als Erwerber. Am 20.8.2021, also vor Ablauf der Benennungsfrist, benannte die Klägerin sich selbst und ihren Ehemann als Erwerber und zahlte am 26.2.2002 den Kaufpreis in Höhe von ca. 63.000 €. Am 25.2.2011 verkaufte die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann das Grundstück für 190.000 €. Das Finanzamt setzte für beide einen Spekulationsgewinn an. Die Klägerin wehrte sich hiergegen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Verkauf des hälftigen Grundstücks durch die Klägerin ist innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt. Die Frist begann mit der Ausübung des Benennungsrechts am 20.8.2001, so dass der Verkauf am 25.2.2011 noch innerhalb der Spekulationsfrist lag.
  • Zwar richtet sich die Spekulationsfrist grundsätzlich nach den Daten der Kaufverträge, so dass die Spekulationsfrist bereits am 21.9.2000 begonnen haben könnte und damit bereits am 25.2.2011 abgelaufen gewesen wäre. Der Kaufvertrag vom 21.9.2000 war für die Klägerin jedoch nicht bindend, sondern nur für das Bundesland X als Verkäufer. Das Benennungsrecht stellte nämlich lediglich ein Angebot dar, das die Klägerin erst am 20.8.2001 angenommen hat; erst durch diesen Selbsteintritt war die Klägerin an den Vertrag gebunden, soweit sie sich selbst benannt hat. Bis zum 20.8.2001 hätte sie sich von dem Vertrag durch Benennung eines Dritten als Erwerber einseitig lösen können.
  • Unbeachtlich ist, dass die Klägerin mit Fristablauf ohnehin Erwerberin des Grundstücks geworden wäre. Denn dies ist ein hypothetischer Sachverhalt, der tatsächlich nicht verwirklicht worden ist und daher nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann.

Hinweise: Gegen einen Erwerb bereits im Jahr 2000 sprach auch der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung im Februar 2002. Dieser Zeitpunkt lag deutlich näher am Tag des Selbsteintritts (August 2001) als am Tag des Kaufvertrags (September 2000).

Der Ehemann der Klägerin hat ebenfalls einen Spekulationsgewinn erzielt, gegen den er aber nicht geklagt hat. Denn bei ihm war es unstreitig, dass er erst am 20.8.2001 einen Anteil an dem Grundstück erworben hat, so dass der Verkauf am 25.2.2011 innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt ist; im Gegensatz zur Klägerin war der Ehemann nicht als „Benenner“ im Kaufvertrag vom 21.9.2000 genannt.

BFH, Urteil v. 26.10.2021 – IX R 12/20; NWB

Kein Kindergeld für volljährige Kinder, die krankheitsbedingt ihre Ausbildung beenden

Hat ein Kind seine Ausbildung wegen einer Erkrankung nicht nur unterbrochen, sondern beendet, besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Handelt es sich um eine nur vorübergehende Erkrankung und ist das Kind nachweislich weiter ausbildungswillig, kann es als ausbildungsplatzsuchendes Kind berücksichtigt werden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil klargestellt.

Hintergrund: Für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kommt ein Kindergeldanspruch u.a. dann in Betracht, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden, sich vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemühen oder sich wegen einer Behinderung nicht selbst unterhalten können.

Sachverhalt: Die Klägerin ist die Mutter einer im Februar 1994 geborenen Tochter, die im Februar 2016 eine zweijährige schulische Ausbildung begann. Die Familienkasse gewährte daher zunächst Kindergeld. Im Herbst 2017 erfuhr die Familienkasse, dass die Tochter bereits im März 2017 von der Schule abgegangen war und ab September eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen hatte. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung daher ab April 2017 auf.

Die Klägerin legte verschiedene Atteste vor, mit denen sie nachzuweisen versuchte, dass ihre Tochter nur aufgrund einer Erkrankung die Schule nicht mehr weiter habe besuchen können. Der Familienkasse genügte dies nicht. Sie forderte eine alle sechs Monate zu erneuernde ärztliche Bescheinigung, aus der sich die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende ergeben. Außerdem ging sie davon aus, dass die Tochter schon im April 2017 gegenüber der Familienkasse hätte erklären müssen, dass sie sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Berufs- oder Schulausbildung bewerben werde. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage für die Monate April bis September 2017 statt und ging dabei davon aus, dass sich die Tochter weiter in Ausbildung befunden habe.

Entscheidung: Dagegen hielt der BFH die Revision der Familienkasse für begründet:

  • Eine Berücksichtigung eines in Ausbildung befindlichen Kindes beim Kindergeld setzt voraus, dass das Ausbildungsverhältnis weiter besteht. Hieran fehlt es, wenn das Kind, wie im Streitfall, während der Ausbildung erkrankt und das Ausbildungsverhältnis durch Abmeldung von der Schule, Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet wird.
  • In einem solchen Fall kommt eine Berücksichtigung als ausbildungsplatzsuchendes Kind in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass es sich um eine vorübergehende, d.h. ihrer Art nach voraussichtlich nicht länger als sechs Monate dauernde Krankheit handelt. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass das Kind trotz vorübergehender Ausbildungsunfähigkeit weiterhin ausbildungswillig ist.
  • Bei einer voraussichtlich länger als sechs Monate andauernden Erkrankung kommt eine Berücksichtigung als behindertes Kind in Betracht. Daher muss das Finanzgericht der ersten Instanz nun nähere Feststellungen dazu zu treffen, ob die Tochter als ausbildungsplatzsuchendes oder behindertes Kind berücksichtigt werden kann.

BFH, Pressemitteilung vom 10.2.2022 zum Urteil vom 21.8.2021 – III R 41/19; NWB