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Verdeckte Gewinnausschüttung bei erspartem Aufwand des GmbH-Gesellschafters

Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann anzunehmen sein, wenn der Gesellschafter einen Aufwand, den er üblicherweise tragen müsste, nicht tragen muss, weil die GmbH die Aufwendungen trägt und gegenüber dem Gesellschafter keinen Ersatzanspruch geltend macht.

Hintergrund: Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt bei einer Vermögensminderung oder auch verhinderten Vermögensmehrung einer Kapitalgesellschaft vor, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und nicht zu einer offenen Gewinnausschüttung gehört. Die verdeckte Gewinnausschüttung erhöht das Einkommen der Kapitalgesellschaft. Ein typisches Beispiel für eine verdeckte Gewinnausschüttung ist ein überhöhtes Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer oder die Gewährung eines zinslosen Darlehens an den Gesellschafter.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und gehörte zu einem U.S.-amerikanischen Konzern; Konzernmutter war die X. Die Klägerin schloss in den Jahren 2004 und 2006 Verträge mit dem in Venezuela ansässigen Unternehmen Y. Im Jahr 2007 beschlossen die USA ein Wirtschaftsembargo gegenüber Venezuela. Die X forderte nun die Klägerin zur vorzeitigen Beendigung der mit Y geschlossenen Verträge auf. Daraufhin erhob Y eine Schadensersatzklage gegen die Klägerin; das Verfahren wurde ab 2009 als Schiedsverfahren fortgeführt. Die Klägerin musste im Streitjahr 2011 Verfahrenskosten für das Schiedsverfahren zahlen und bildete bereits ab 2009 eine Rückstellung in ihrem Jahresabschluss für die drohende Schadensersatzverpflichtung, die sie in den Folgejahren 2010 und 2011 erhöhte. Im Jahr 2012 kam es zu einem Vergleich. Das Finanzamt sah in der Zahlung der Verfahrenskosten sowie in der Zuführung zur Rückstellung im Jahr 2011 eine verdeckte Gewinnausschüttung und begründete dies damit, dass die Stornierung der Verträge allein im Interesse der X gelegen habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine verdeckte Gewinnausschüttung für denkbar und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Allein die Zahlung der Verfahrenskosten im Jahr 2011 oder die Zuführung zur Rückstellung wegen einer drohenden Schadensersatzverpflichtung führte nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Denn sowohl die Verfahrenskosten als auch die drohende Schadensersatzpflicht beruhten auf einer eigenen rechtlichen Verpflichtung der Klägerin gegenüber einem fremden Dritten (Justizkasse bzw. Y). Daher war eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu verneinen.
  • Denkbar ist jedoch der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung unter dem Gesichtspunkt einer Aufwandsersparnis der X. An sich hätte die Konzernmutter der Klägerin die Verfahrenskosten tragen und den Schadensersatz an die Y leisten müssen, weil die X die Klägerin zur Stornierung der Verträge veranlasst hat. Dadurch, dass die Klägerin die Kosten tragen musste und keinen Erstattungsanspruch gegen die X geltend gemacht hat, hat sich die X eigenen Aufwand erspart. Diese Ersparnis war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und hat bei der Klägerin eine Vermögensmehrung verhindert.
  • Die verdeckte Gewinnausschüttung ist in dem Jahr anzusetzen, in dem der Erstattungsanspruch hätte bilanziert werden müssen. Dies war hinsichtlich der im Jahr 2011 gezahlten Verfahrenskosten sowie der im Jahresabschluss 2011 vorgenommenen Zuführung zur Rückstellung das Streitjahr 2011.

Hinweis: Der BFH gab der Klage aber nicht statt, sondern verwies die Sache an das Finanzgericht zurück, weil die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis noch nicht abschließend feststand. Es ist nämlich denkbar, dass die Stornierung der Verträge nicht von der X ausging, sondern aus dem U.S.-amerikanischen Embargo folgte, da die Klägerin zu einem U.S.-amerikanischen Konzern gehörte. In diesem Fall wären die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung zu verneinen. Das Finanzgericht muss nun prüfen, ob sich die Verpflichtung zum Vertragsbruch aus dem Embargo ergab.

Quelle: BFH, Urteil vom 22.5.2024 – I R 2/21; NWB

Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Umstrukturierung

Geht ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag einer Personengesellschaft im Wege der sog. Anwachsung auf eine bereits als Gesellschafterin beteiligte Kapitalgesellschaft über und verkauft die Kapitalgesellschaft später den verlustverursachenden Geschäftsbereich, führt dies nicht zum Untergang des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags. Für einen Untergang gibt es nämlich keine Rechtsgrundlage.

Hintergrund: Entsteht ein gewerbesteuerlicher Verlust, wird dieser als Verlustvortrag festgestellt und kann mit künftigen Gewinnen verrechnet werden. Nach allgemeinen Grundsätzen setzt die Nutzung eines gewerbesteuerlichen Verlustvortrags aber die Unternehmeridentität sowie die Unternehmensidentität voraus. Das bedeutet, dass sowohl der Unternehmer als auch der Unternehmensgegenstand im Jahr der Verlustentstehung sowie im Zeitpunkt des Verlustabzugs identisch sein müssen.

Sachverhalt: Für die A-GmbH & Co. KG wurde zum 31.12.2010 ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag i. H. von ca. 35 Mio. € festgestellt. An der A-GmbH & Co. KG war eine mit 0 % am Vermögen beteiligte Komplementär-GmbH sowie die Klägerin, die ebenfalls eine GmbH war, als Kommanditistin zu 100 % am Vermögen beteiligt. Im Jahr 2011 wurde die Komplementär-GmbH auf die Klägerin verschmolzen, so dass es nur noch einen Gesellschafter der A-GmbH & Co. KG gab; deshalb ging das Vermögen der A-GmbH & Co. KG auf die Klägerin über (sog. Anwachsung). Auch der gewerbesteuerliche Fehlbetrag von 35 Mio. € ging auf die Klägerin über. Zum 31.12.2012 stieg der gewerbesteuerliche Verlustvortrag aufgrund der in den Jahren 2011 und 2012 erlittenen Verluste auf ca. 43 Mio. €. Im Jahr 2013 veräußerte die Klägerin das operative Geschäft, das von der A-GmbH & Co. KG auf sie übergegangen war, und war fortan nur noch als Holdinggesellschaft tätig. Das Finanzamt kürzte den gewerbesteuerlichen Fehlbetrag zum 31.12.2013 um 35 Mio. € mit der Begründung, dass aufgrund des Verkaufs keine Unternehmensidentität mehr bestehe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31.12.2013 beträgt 43 Mio. €, weil der Verlust nicht aufgrund des Verkaufs des operativen Geschäfts untergegangen ist. Für einen derartigen Untergang fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
  • Zwar kann es nach dem Gesetz zu einem Verlustuntergang kommen, wenn der Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht. Im Streitfall war diese Voraussetzung aber nicht erfüllt, weil die Klägerin lediglich ihr operatives Geschäft verkauft hat, nicht aber ihren gesamten Gewerbebetrieb im Jahr 2013 übertragen hat.
  • Auch die weitere Voraussetzung für den Erhalt eines gewerbesteuerlichen Verlustvortrags, nämlich die Unternehmer- und Unternehmensidentität, war erfüllt.
    • Die Unternehmeridentität der Klägerin als GmbH war zwischen den Beteiligten nicht streitig. An der Klägerin als GmbH hatte sich nichts geändert.
    • Die Unternehmensidentität bestand ebenfalls. Denn bei einer Kapitalgesellschaft ist die Unternehmensidentität grundsätzlich gegeben, weil ihre Tätigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, und zwar auch im Anschluss an eine Anwachsung.

Hinweis: Im Gegensatz zu einer Kapitalgesellschaft ist bei einer Personengesellschaft die Unternehmensidentität zu prüfen. Diese wäre im Streitfall wohl zu verneinen gewesen, weil die Personengesellschaft nach dem Verkauf des operativen Geschäfts nicht mehr selbst wirtschaftlich aktiv gewesen wäre, sondern nur noch als Holding tätig geworden wäre.

Quelle: BFH, Urteil vom 25.4.2024 – III R 30/21; NWB

Finanzverwaltung äußert sich zur Weiterbeschäftigung eines pensionierten Geschäftsführers

Das Bundesfinanzministerium (BMF) nimmt zur Weiterbeschäftigung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, der bereits die Altersgrenze erreicht hat und deshalb Pensionszahlungen von der GmbH erhält, Stellung. Dabei akzeptiert das BMF grundsätzlich die Zahlung sowohl einer Pension als auch eines Geschäftsführergehalts, sofern die Höhe der letzten Aktivbezüge vor dem Erreichen der Altersgrenze insgesamt nicht überschritten wird und es sich nicht um eine Teilzeitbeschäftigung handelt.

Hintergrund: Gewinnminderungen einer Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, werden als verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen der Kapitalgesellschaft wieder hinzugerechnet. Hierzu zählt z.B. ein überhöhtes Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer. Auch der gleichzeitige Bezug von Versorgungsleistungen und einer Geschäftsführervergütung durch einen GmbH-Gesellschafter kann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Der BFH hat im Jahr 2023 eine verdeckte Gewinnausschüttung jedoch verneint, wenn das Geschäftsführergehalt des weiterbeschäftigten Gesellschafters zusammen mit den Pensionsbezügen die Höhe der letzten Aktivbezüge vor dem Erreichen der Altersgrenze nicht überschreitet.

Wesentlicher Inhalt des aktuellen Schreibens des BMF:

  • Das BMF akzeptiert die neue BFH-Rechtsprechung, wonach die Weiterbeschäftigung eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt, wenn das Geschäftsführergehalt reduziert wird und zusammen mit den Versorgungsbezügen die Höhe der letzten Aktivbezüge vor dem Erreichen der Altersgrenze nicht überschreitet.

    Hinweis: Im Ergebnis darf der weiterbeschäftigte Gesellschafter-Geschäftsführer also nicht mehr von der GmbH erhalten, als er bis zum Erreichen der Altersgrenze bekommen hat. Das bis zum Erreichen der Altersgrenze bezogene Geschäftsführergehalt ist rechnerisch um die Pensionszahlungen zu kürzen und stellt die Obergrenze für das neue Geschäftsführergehalt nach der Weiterbeschäftigung dar.

  • Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn in der Pensionszusage ein Kapitalwahlrecht vereinbart worden ist, so dass der Gesellschafter-Geschäftsführer anstelle der Altersrente eine Abfindung in Höhe des Barwerts der Rentenverpflichtung fordern darf.
  • Das BMF akzeptiert jedoch keine Teilzeitbeschäftigung des pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführers, weil es eine Teilzeittätigkeit mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers für nicht vereinbar hält.

    Hinweis: Damit widerspricht das BMF dem BFH, der eine Teilzeitbeschäftigung des pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich hält. Dem BFH zufolge ist allerdings die steuerliche Obergrenze entsprechend zu kürzen. Hat der Gesellschafter-Geschäftsführer also vor dem Erreichen der Altersgrenze 200.000 € verdient, darf er bei einer Weiterbeschäftigung im Umfang von 50 % nun maximal 100.000 € als Summe aus Pensionszahlungen und Geschäftsführervergütung beziehen.

Hinweis: Im Regelfall ist nach dem aktuellen BMF-Schreiben eine Weiterbeschäftigung eines pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführers, der bereits Pensionszahlungen von seiner GmbH bezieht, möglich, wenn man die Obergrenze beachtet, also die Höhe der letzten Aktivbezüge vor dem Erreichen der Altersgrenze. Eine Teilzeitbeschäftigung eines pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführers ist hingegen problematisch, weil sie zum Streit mit dem Finanzamt führen dürfte, so dass der Rechtsweg zum Finanzgericht beschritten werden müsste.

Das aktuelle BMF-Schreiben ist in allen noch offenen Fällen anwendbar.

Quelle: BMF vom 30.8.2024 – IV C 2-S 2742/22/10003 :009; NWB

Ausbuchung einer wertlosen GmbH-Beteiligung bei der Einnahmen-Überschussrechnung

Ermittelt der Unternehmer seinen Gewinn nicht durch Bilanzierung, sondern durch Einnahmen-Überschussrechnung, kann er eine wertlos gewordene GmbH-Beteiligung, die zu seinem Betriebsvermögen gehört, in dem Jahr als Betriebsausgabe berücksichtigen, in dem die finanziellen Mittel, die er für den Erwerb der GmbH-Beteiligung aufgewendet hat, endgültig verloren gegangen sind.

Hintergrund: Eine GmbH-Beteiligung kann zum Betriebsvermögen oder aber auch zum Privatvermögen gehören. Wird die Beteiligung wertlos oder aufgegeben oder mit Verlust veräußert, wird der Verlust grundsätzlich steuerlich berücksichtigt, da auch Gewinne und Verluste aus GmbH-Beteiligungen, die zum Privatvermögen gehören, steuerlich zu Einkünften führen.

Sachverhalt: Der Kläger war Einzelunternehmer und zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Im Rahmen seines gewerblichen Einzelunternehmens erbrachte er Leistungen an die GmbH. Die GmbH geriet im Jahr 2000 in Zahlungsschwierigkeiten und stellte im Jahr 2007 ihren Geschäftsbetrieb ein. Im Jahr 2008 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet; nach den Angaben des Insolvenzverwalters war für die Gläubiger eine Quote von lediglich 0,1 % zu erwarten. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn bis einschließlich 2008 durch Bilanzierung und stellte ab 2009 seine Gewinnermittlung auf eine Einnahmen-Überschussrechnung nach Zufluss- und Abflussgesichtspunkten um. Der Kläger machte für das Jahr 2012 und hilfsweise für das Jahr 2013 einen Verlust aus der Wertlosigkeit der GmbH-Beteiligung geltend.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage dem Grunde nach ab:

  • Eine Berücksichtigung des Verlustes der GmbH-Beteiligung nach den Vorschriften für wesentliche GmbH-Beteiligungen des Privatvermögens schied aus, weil die Beteiligung an der GmbH zum Betriebsvermögen gehörte. Bei der GmbH handelte es sich nämlich um einen Großkunden des Klägers, so dass er die Beteiligung im Zeitpunkt ihres Erwerbs zu Recht seinem Betriebsvermögen zugeordnet hatte. Eine spätere Entnahme war nicht erfolgt. Auch der Wechsel der Gewinnermittlung von der Bilanzierung zur Einnahmen-Überschussrechnung führte nicht zu einer Entnahme.
  • Eine Berücksichtigung als laufende Betriebsausgabe im Rahmen der gewerblichen Einkünfte ist grundsätzlich möglich, auch wenn der Kläger in den Streitjahren 2012 und 2013 seinen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte. Auch bei einer Einnahmen-Überschussrechnung kann der Verlust einer zum Betriebsvermögen gehörenden GmbH-Beteiligung berücksichtigt werden. Der Zeitpunkt hierfür ist das Jahr, in dem die Mittel, die für den Erwerb der GmbH-Beteiligung aufgewendet wurden, endgültig verlorengegangen sind.
  • Dieser Zeitpunkt war allerdings das Jahr 2008 und nicht das Streitjahr 2012 oder Streitjahr 2013. Die GmbH war nämlich bereits seit dem Jahr 2000 in finanziellen Schwierigkeiten, hatte im Jahr 2007 ihren Geschäftsbetrieb eingestellt und befand sich im Jahr 2008 im Insolvenzverfahren; nach einer Auskunft des Insolvenzverwalters aus dem Jahr 2008 war eine Insolvenzquote von lediglich 0,1 % zu erwarten.
  • Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, weil es nach dem bisherigen Klägervortrag im Verfahren möglich ist, dass der Kläger noch im Jahr 2013 Zahlungen in das Vermögen der GmbH geleistet hat. Dies muss das FG noch aufklären, da diese Zahlungen als Betriebsausgaben des Jahres 2013 berücksichtigt werden könnten.

Hinweis: Der BFH macht deutlich, dass auch im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung ein Verlust, der sich aus dem Wertverfall einer zum Betriebsvermögen gehörenden GmbH-Beteiligung ergibt, gewinnmindernd berücksichtigt werden kann. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine sog. Teilwertabschreibung, die aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung in Anspruch genommen werden kann und die nur bei der Bilanzierung zulässig ist, nicht aber bei der Einnahmen-Überschussrechnung. Vielmehr geht es um den vollständigen Verlust der Beteiligung.

Der Kläger hätte den Verlust bereits früher geltend machen sollen, nämlich spätestens im Jahr 2008. Da er bis einschließlich 2008 bilanziert hatte, hätte er bis 2008 auch Teilwertabschreibungen vornehmen können und müssen, weil es nach der bis einschließlich 2008 geltenden Rechtslage die Pflicht bei der Bilanzierung gab, Teilwertabschreibungen im Fall der dauernden Wertminderung vorzunehmen. Seit 2009 ist die Vornahme einer Teilwertabschreibung bei der Steuerbilanz ein Wahlrecht.

Quelle: BFH, Urteil vom 31.1.2024 – X R 11/22; NWB

Darlehensverlust eines GmbH-Gesellschafters

Der Ausfall einer bis zum 27.9.2017 begründeten Darlehensforderung eines wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafters kann nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden, wenn der Darlehensausfall nach dem vom Bundesfinanzhof (BFH) gewährten Vertrauensschutz den nachträglichen Anschaffungskosten im Rahmen gewerblicher Einkünfte zuzuordnen ist. Der GmbH-Gesellschafter kann auf diesen Vertrauensschutz nicht verzichten.

Hintergrund: Verkauft ein GmbH-Gesellschafter, der mit mindestens 1 % in den letzten fünf Jahren an der GmbH beteiligt war und die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält, GmbH-Anteile mit Gewinn oder Verlust, führt dies nach dem Gesetz zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Der Verlust oder Gewinn wird nach dem sog. Teileinkünfteverfahren nur zu 60 % berücksichtigt. Auch ein Verlust aus einem Darlehensausfall wird nach der aktuellen Rechtslage sowie nach der bis zum Jahr 2017 geltenden Rechtsprechung hierbei berücksichtigt, und zwar als nachträgliche Anschaffungskosten. Allerdings gilt das Gesetz nur für Veräußerungen oder Aufgaben (einer GmbH-Beteiligung) nach dem 31.7.2019. Für Veräußerungen oder Aufgaben vor diesem Zeitpunkt kann die aktuelle Rechtslage auf Antrag angewendet werden. Wird kein Antrag gestellt, kann der Darlehensausfall aufgrund eines vom BFH im Jahr 2017 gewährten Vertrauensschutzes steuerlich gleichwohl bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb berücksichtigt werden, wenn das Darlehen bis zum 27.9.2017 gewährt worden ist oder bis zum 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden ist, d.h. von einem Dritten nicht gewährt oder nicht stehengelassen worden wäre; der BFH gewährte diesen Vertrauensschutz, weil er in seinem Urteil aus dem Jahr 2017 seine bisherige Rechtsprechung geändert und Darlehensausfälle eines GmbH-Gesellschafters grundsätzlich nicht mehr steuerlich anerkannt hatte.

Sachverhalt: Der Kläger der GmbH war zu 80 % an einer GmbH beteiligt. Er gewährte der GmbH im Jahr 2015 zwei Darlehen in Höhe von 150.000 €. Im Jahr 2016 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet; der Insolvenzverwalter bestätigte, dass der Kläger kein Geld von der GmbH zurückbekommen wird. Der Kläger machte in der Einkommensteuererklärung für 2016 den Darlehensausfall in Höhe von 150.000 € bei der Ermittlung seines Verlustes aus der Aufgabe seiner GmbH-Beteiligung geltend. Das Finanzgericht (FG) erkannte den Darlehensausfall bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an und berücksichtigte ihn damit vollständig und nicht nur nach dem Teileinkünfteverfahren zu 60 %. Hiergegen legte das Finanzamt Revision ein.

Entscheidung: Der BFH gab der Revision des Finanzamts statt und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück:

  • Der Darlehensausfall führt grundsätzlich zu nachträglichen Anschaffungskosten, die bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu 60 % zu berücksichtigen sind.
  • Der Darlehensausfall kann entgegen der Auffassung des FG nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden, weil die Einkünfte aus Kapitalvermögen nachrangig gegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb sind.
  • Zwar gilt die Neuregelung, die einen Darlehensausfall eines wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafters den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuordnet, nur für Veräußerungen oder Aufgaben von GmbH-Beteiligungen nach dem 31.7.2019, während die Aufgabe im Streitfall bereits im Jahr 2016 erfolgt ist. Der Kläger hat auch keinen Antrag auf vorzeitige Anwendung der Neuregelung für GmbH-Aufgaben vor dem 1.1.2019 gestellt.
  • Jedoch greift im Streitfall der vom BFH ausgesprochene Vertrauensschutz, da das Darlehen bis zum 31.7.2019 gewährt worden ist. Der Vertrauensschutz führt zu einer Zuordnung des Darlehensausfalls zu den gewerblichen Einkünften, so dass die Zuordnung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen verdrängt wird. Auf den Vertrauensschutz kann der GmbH-Gesellschafter nicht verzichten.

Hinweise: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, welches nun die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten ermitteln muss. Der Darlehensausfall wird nämlich nur dann mit dem Nennwert bewertet, wenn das Darlehen in der Krise gewährt wurde oder krisenbestimmt war, also auch in der Krise nicht zurückgefordert werden sollte. Sollte das Darlehen hingegen vor dem Kriseneintritt gewährt worden und nicht krisenbestimmt gewesen sein, sondern lediglich in der Krise stehengelassen worden sein, wäre lediglich der gemeine Wert des Darlehens im Zeitpunkt des Kriseneintritts anzusetzen; dies ist häufig ein Wert von unter 10 % des Nennwertes.

Quelle: BFH, Urteil vom 20.2.2024 – IX R 12/23; NWB