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Verlustnutzung bei Ausscheiden der Komplementärin aus GmbH & Co. KG

Scheidet bei einer GmbH & Co. KG, die aus einer Komplementär-GmbH sowie aus einer Kommandit-GmbH besteht, die Komplementär-GmbH aus, wächst das Vermögen der GmbH & Co. KG auf die bisherige Kommandit-GmbH an. Diese kann den zum Ausscheidenszeitpunkt festgestellten verrechenbaren Verlust des Kommanditisten mit ihren künftigen Gewinnen verrechnen sowie den für die GmbH & Co. KG festgestellten gewerbesteuerlichen Verlustvortrag nutzen.

Hintergrund: Wird bei einem Kommanditisten das Kapitalkonto negativ, sind bei ihm künftige Verlustanteile nur noch verrechenbar und können nur mit künftigen Gewinnen aus der KG-Beteiligung verrechnet werden.

Kommt es bei einem Unternehmen zu gewerblichen Verlusten, können diese gewerbesteuerlich in Folgejahre vorgetragen werden und dort mit Gewinnen verrechnet werden. Dies setzt allerdings voraus, dass sowohl das Unternehmen als auch der Unternehmer, der die Gewinne erzielt, mit dem Unternehmen und dem Unternehmer identisch ist, der die Verluste erzielt hat.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und bis zum 30.12.2011 alleinige Kommanditistin der B-GmbH & Co. KG. Zum 30.12.2011 schied die Komplementärin aus der B-GmbH & Co. KG aus. Das Vermögen der B-GmbH & Co. KG wuchs daher auf die Klägerin an, gehörte also nunmehr ihr. Der Betrieb der B-GmbH & Co. KG war am 30.12.2011 noch nicht vollständig eingestellt. Das Finanzamt stellte auf den 31.12.2011 einen verrechenbaren Verlust der Klägerin in Höhe von 460.000 € sowie einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag der B-GmbH & Co. KG in Höhe von ca. 1,1 Mio. € fest. Die Klägerin zog im Streitjahr 2012 den für sie festgestellten verrechenbaren Verlust von ihrem körperschaftsteuerlichen Gewinn 2012 ab und verrechnete ihren gewerbesteuerlichen Gewinn mit dem gewerbesteuerlichen Verlust der B-GmbH & Co. KG. Das Finanzamt erkannte die jeweilige Verlustnutzung nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Klägerin konnte den festgestellten verrechenbaren Verlust im Streitjahr 2012 nutzen. Aufgrund des Ausscheidens der Komplementärin aus der B-GmbH & Co. KG ist das Vermögen der B-GmbH & Co. KG am 30.11.2011 auf die Klägerin übergegangen, so dass sie nun alleinige Vermögensinhaberin wurde und damit auch unbeschränkt mit ihrem GmbH-Vermögen haftete. Zuvor hatte sie als Kommanditistin nur beschränkt mit ihrer Kommanditeinlage gehaftet, so dass der Verlust lediglich verrechenbar war, also nur mit künftigen Gewinnen aus der KG-Beteiligung verrechnet werden konnte. Da die Klägerin ab dem 30.11.2012 nun unbeschränkt haftete, gibt es keinen Grund, ihr die Nutzung des verrechenbaren Verlustes vorzuenthalten.
  • Für den Übergang des verrechenbaren Verlustes auf die Klägerin ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin den Betrieb der KG fortführt. Hierfür gibt es keine gesetzliche Grundlage.
  • Die Klägerin konnte auch den zum 31.12.2011 festgestellten Gewerbeverlust der B-GmbH & Co. KG im Streitjahr 2012 nutzen, da die hierfür erforderliche Unternehmer- sowie Unternehmensidentität bestand. Die Unternehmeridentität war unstreitig; die Unternehmensidentität war ebenfalls zu bejahen, da sie bei einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich fortbesteht, weil ihre Tätigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Für die Auffassung des Finanzamts, dass die GmbH den Betrieb der B-GmbH & Co. KG identitätswahrend hätte fortführen müssen, gibt es keine Rechtsgrundlage.

Hinweise: Bereits im letzten Jahr hat ein anderer Senat des BFH entschieden, dass im Fall einer Anwachsung des Vermögens einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft der gewerbesteuerliche Verlustvortrag von der verbleibenden Kapitalgesellschaft genutzt werden kann.

An sich hätte die Klägerin die Verluste schon im Jahr 2011 nutzen können, da die Anwachsung zum 30.11.2011, also einen Tag vor dem Jahresende 2011, erfolgt ist. Allerdings hat das Finanzamt die Verlustfeststellungsbescheide fehlerhafterweise zum 31.12.2011, also zum Jahresende, erlassen; da diese Verlustfeststellungsbescheide Bindungswirkung erzeugen, konnte die Klägerin die Verluste erst im Streitjahr 2012 nutzen.

Quelle: BFH, Urteil vom 19.3.2025 – XI R 2/23; NWB

Schenkungsteuerpflicht bei disquotalen Einlagen einzelner GmbH-Gesellschafter

Der BFH hat ernstliche Zweifel, ob disquotale Einlagen eines GmbH-Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft auch dann Schenkungsteuer auslösen, wenn die disquotale Einlage aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses dem Gesellschafter, der sie erbracht hat, personenbezogen zugeordnet wird und wenn dementsprechend im Jahresabschluss die in die Kapitalrücklage eingestellte Einlage diesem Gesellschafter individuell zugewiesen wird. Es könnte dann nämlich an einer Werterhöhung der Anteile der übrigen Gesellschafter fehlen.

Hintergrund: Nach dem Gesetz kann eine disquotale Einlage eines GmbH-Gesellschafters zur Schenkungsteuer führen, wenn sich durch die disquotale Einlage der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters erhöht. Eine disquotale Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter über seine Beteiligungsquote hinaus eine Einlage erbringt. Beispiel: Nur einer von fünf Gesellschaftern leistet eine Einlage.

Sachverhalt: An der X-GmbH waren fünf Gesellschafter (A, B, C, D und E) mit jeweils 20 % beteiligt. Sie vereinbarten in der Satzung, dass sich die Gewinnverteilung nicht nach der Beteiligungsquote, sondern nach der Höhe des jeweiligen Finanzierungsbeitrags (z.B. Darlehensgewährung) des einzelnen Gesellschafters richtet. Im Jahr 2013 leisteten bis auf E alle Gesellschafter Zahlungen in die X-GmbH, die aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses in die Kapitalrücklage der X-GmbH gebucht und im jeweiligen Jahresabschluss unter der Bilanzposition „Kapitalrücklage“ einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet wurden. Ab 2015 leistete nur A entsprechende Zahlungen in die X-GmbH. Die Gesellschafter beschlossen, dass A insoweit eine entsprechende Auszahlung im Fall der Ausschüttung oder der Liquidation der X-GmbH erhalten sollte; außerdem wurden in den Jahresabschlüssen zum 31.12.2018 und 31.12.2019 die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge sowie die in den Vorjahren erbrachten Einzahlungen einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Einzahlungen des A, B, C und D zu einer Werterhöhung der Anteile der E geführt hätten, und erließ gegenüber der E mehrere Schenkungsteuerbescheide. Diese legte gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die Aussetzung der Vollziehung, weil es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide gab:

  • Zwar unterliegt eine disquotale Einlage der Schenkungsteuer, wenn sich hierdurch der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters der GmbH erhöht. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Wert der Anteile der E durch die disquotalen Einlagen von A, B, C und D erhöht wurde.
  • Aus den Beschlüssen der Gesellschafter der X-GmbH der Jahre 2018 und 2019 sowie aus den Jahresabschlüssen für die Jahre 2013 bis 2019 ergibt sich, dass im Fall der Liquidation oder Auflösung der X-GmbH nur die einzahlenden Gesellschafter, also A, B, C und D, von ihren Einzahlungen profitieren sollten, nicht aber E. Denn die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge wurden dem jeweils einzahlenden Gesellschafter und damit gesellschafterbezogen zugeordnet. Die E profitierte daher von den Einzahlungen nicht.
  • Offenbleiben kann, ob sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide auch daraus ergeben, dass die Gesellschafter, die disquotale Einlagen erbrachten, im Verhältnis ihrer Finanzierungsleistungen an den Gewinnausschüttungen teilnahmen, so dass ihren disquotalen Einlagen eine Gegenleistung in Form entsprechend erhöhter Ausschüttungen gegenüberstanden.

Hinweise: Der BFH weist darauf hin, dass bislang noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Wirksamkeit einer gesellschafterbezogenen Zuordnung der Kapitalrücklage eine satzungsmäßige Grundlage erfordert. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelte, musste der BFH diese Frage nicht entscheiden; vielmehr genügte es für die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, dass nach der überwiegenden Auffassung des juristischen Schrifttums die Schenkungsteuerbarkeit jedenfalls dann entfällt, wenn die disquotale Einlage aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung dem einzahlenden Gesellschafter persönlich zugeordnet wird.

Auch die die Finanzverwaltung hält es nicht für erforderlich, dass in der Satzung eine Vereinbarung über die persönliche Zuordnung der Einzahlungen getroffen werden muss, sondern es genügt eine entsprechende „reguläre“ schuldrechtliche Vereinbarung unter den Gesellschaftern.

Quelle: BFH, Beschluss vom 6.6.2025 – II B 43/24 (AdV); NWB

Unentgeltlicher Erwerb eigener Anteile einer GmbH durch GmbH-Gesellschafter

Erhält ein GmbH-Gesellschafter unentgeltlich eigene Anteile der GmbH, führt dies dem Grunde nach zu einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter. Denn der Gesellschafter erlangt einen Vorteil in Gestalt der GmbH-Anteile, für den er nichts bezahlen muss, so dass eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis anzunehmen ist. Unbeachtlich ist, dass die Übertragung bei der GmbH keine bilanzielle Vermögensminderung auslöst.

Hintergrund: Kommt es bei einer Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und nicht zu einer offenen Gewinnausschüttung gehört, wird dies als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt und dem Einkommen der Kapitalgesellschaft wieder hinzugerechnet. Auch beim Gesellschafter wird eine verdeckte Gewinnausschüttung erfasst, und zwar als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Ein typisches Beispiel für eine verdeckte Gewinnausschüttung ist ein überhöhtes Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer oder die Gewährung eines zinslosen Darlehens an den Gesellschafter.

Sachverhalt: Der Kläger war einziger Gesellschafter der A-GmbH. Der Kläger hielt 2/3 der Anteile, während die A-GmbH im Umfang von 1/3 einen eigenen Anteil hielt. Die A-GmbH übertrug im Jahr 2016 ihren eigenen Anteil unentgeltlich auf den Kläger. Das Finanzamt setzte beim Kläger im Veranlagungszeitraum 2016 eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des gemeinen Wertes des Anteils an. Das Finanzgericht erließ ein sog. Zwischenurteil und bejahte eine verdeckte Gewinnausschüttung dem Grunde nach. Hiergegen legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

Entscheidung: Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück:

  • Es lag eine verdeckte Gewinnausschüttung dem Grunde nach vor. Die A-GmbH hat dem Kläger einen Vermögenvorteil zugewendet, indem sie ihm ihren eigenen Anteil unentgeltlich übertragen hat.
  • Der eigene Anteil der A-GmbH stellte für den Kläger einen Vermögensvorteil dar, weil er bei ihm zu einem vollwertigen Anteil wiederauflebte, den der Kläger z.B. veräußern und dessen Gewinnbezugs- und Stimmrechte er ausüben konnte. Unbeachtlich ist, dass der eigene Anteil für die GmbH keinen Wert hatte, weil die Gewinnbezugs- und Stimmrechte, die mit dem Anteil verbunden sind, ruhten. Ebenso war irrelevant, dass es bei der GmbH nicht zu einer Vermögensminderung kam, weil die eigenen Anteile bilanzrechtlich auf der Passivseite auszuweisen waren. Denn im Streitfall ging es nicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der GmbH, für die eine Vermögensminderung erforderlich wäre, sondern es ging um den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter als Einnahme aus Kapitalvermögen; hierfür ist keine Vermögensminderung auf der Ebene der GmbH erforderlich. Der Vorteil, den der Gesellschafter erhält, muss also nicht einer Vermögensminderung bei der GmbH entsprechen.
  • Die für den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis war zu bejahen, da die Übertragung unentgeltlich erfolgt war.

Hinweise: Mit seiner aktuellen Entscheidung hat der BFH die verdeckte Gewinnausschüttung nur dem Grunde nach bejaht, da es in dem angefochtenen Zwischenurteil allein um die Frage ging, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag. Über die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung muss nun das Finanzgericht im weiteren Verlauf des Verfahrens entscheiden. Der BFH deutet in seinem aktuellen Beschluss an, dass der Wert niedrig sein könnte und möglicherweise sogar lediglich mit Null anzusetzen ist. Denn der Kläger hat durch den eigenen Anteil nichts Substantielles hinzugewonnen; da er bereits vor der Übertragung des Anteils (faktisch) Alleingesellschafter war.

Dem BFH zufolge darf es aber nicht zu einer Mehrfachbesteuerung kommen; diese könnte entstehen, wenn das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung ansetzt und bei anschließender Veräußerung des vom Gesellschafter erlangten Anteils einen Veräußerungsgewinn besteuert, der dadurch entsteht, dass das Finanzamt Anschaffungskosten in Höhe von 0 € abzieht.

Quelle: BFH, Beschluss vom 13.5.2025 – VIII B 33/24; NWB

Gewerblicher Grundstückshandel bei Grundstücksveräußerung nach Ablauf des sog. Fünfjahreszeitraums

Ein gewerblicher Grundstückshandel kann nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu verneinen sein, wenn eine Vermietungs-GmbH 15 Grundstücke mit mehr als 145 Wohn- und Geschäftseinheiten kauft und diese erst sechs bzw. acht Jahre danach verkauft, weil einer der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer überraschend verstorben ist. Der Vermietungs-GmbH steht dann die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu, so dass ihr Gewinn aus der Vermietungstätigkeit sowie aus dem Verkauf der Grundstücke nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Die erweiterte Kürzung wird nicht gewährt, wenn die Immobiliengesellschaft einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die im Jahr 2007 von B und C gegründet wurde, die auch Geschäftsführer der Klägerin waren. Unternehmensgegenstand der Klägerin war die Vermietung von Immobilien. Die Klägerin erwarb im Jahr 2007 15 Immobilien mit insgesamt mehr als 145 Wohn- und Geschäftseinheiten. Der Gesellschafter-Geschäftsführer C verstarb im Jahr 2012 überraschend im Alter von 55 Jahren, so dass B nun alleiniger Geschäftsführer war. Die Klägerin veräußerte daraufhin im Jahr 2013 dreizehn Immobilien und im Jahr 2015 zwei Immobilien. Sie beantragte für die Streitjahre 2011 und 2013 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, die das Finanzamt unter Hinweis auf einen gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin ablehnte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Klägerin betrieb keinen gewerblichen Grundstückshandel, sondern war nur vermögensverwaltend tätig.
  • Ein gewerblicher Grundstückshandel wird nach der Rechtsprechung auf der Grundlage der sog. Drei-Objekt-Grenze typisierend angenommen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb der Grundstücke mehr als drei Immobilien veräußert. Die Klägerin hat die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten, da sie erst im sechsten Jahr nach dem Erwerb der Immobilien Grundstücke veräußert hat.
  • Allerdings kann ein gewerblicher Grundstückshandel auch dann vorliegen, wenn erst nach Ablauf der fünf Jahre in relativ kurzer Zeit planmäßig weitere Immobilien veräußert werden oder wenn viele Immobilien nach Ablauf der fünf Jahre veräußert werden oder wenn der Steuerpflichtige im Baubereich hauptberuflich tätig ist, also eine Nähe zum Grundstückshandel aufweist.
  • Im Streitfall lag keiner dieser Fälle vor. Dies hat das Finanzgericht (FG) als Vorinstanz aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls angenommen; an diese Würdigung des FG ist der BFH gebunden, da sie möglich ist und da das FG bei seiner Würdigung keine Verfahrens- oder Denkfehler begangen hat. So hat das FG zugunsten der Klägerin den Umstand berücksichtigt, dass die Klägerin innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums keine Immobilie veräußert hat und auch keine Grundstücksveräußerung für die Zeit nach Ablauf des Fünf-Jahreszeitraums vorbereitet hat. Indizien für eine – von Anfang an bestehende – bedingte Veräußerungsabsicht gab es nicht. Wesentlicher Grund für die Veräußerung der Immobilien in den Jahren 2013 und 2015 war nach der Sachverhaltswürdigung durch das FG der überraschende Tod des Geschäftsführers C im Jahr 2012.

Hinweise: Wird die Drei-Objekt-Grenze überschritten, spielt es grundsätzlich keine Rolle, weshalb die Immobilien innerhalb des Fünfjahreszeitraums verkauft wurden. Daher gehen auch Verkäufe aufgrund einer persönlichen oder finanziellen Notlage, z.B. wegen Überschuldungsgefahr oder Scheidung, in die Ermittlung der im Fünfjahreszeitraum veräußerten Objekte ein. Im Streitfall ging es jedoch nicht um Verkäufe innerhalb des Fünfjahreszeitraums, sondern um Grundstücksveräußerungen nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums. Der BFH hat es nicht beanstandet, dass das FG hier die besonderen Beweggründe für den Verkauf berücksichtigt hat, nämlich den überraschenden Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers C.

Zu beachten ist, dass sich der BFH auf die Sachverhaltswürdigung durch das FG stützt. Es ist denkbar, dass ein anderes FG den Sachverhalt anders würdigen und zu einer Klageabweisung gelangen würde. Solange die Sachverhaltswürdigung durch das FG nicht fehlerhaft und möglich ist, kann der BFH die Sachverhaltswürdigung des FG nicht durch eine eigene Würdigung ersetzen.

Quelle: BFH, Beschluss vom 20.3.2025 – III R 14/23; NWB

Grunderwerbsteuer: Rechtliche Zweifel an der Verlängerung der Nachbehaltensfrist bei Steuerbefreiungen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Rahmen eines Eilverfahrens rechtliche Zweifel geäußert, ob die gesetzliche Verlängerung der sog. Nachbehaltensfrist von fünf auf zehn Jahre bei der Übertragung eines Grundstücks von einer Personengesellschaft auf eine (teilweise) beteiligungsidentische Personengesellschaft rechtmäßig ist, wenn die Grundstücksübertragung vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Verlängerung am 1.7.2021 erfolgt ist.

Hintergrund: Die Grundstücksübertragung von einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft ist grunderwerbsteuerfrei, soweit an den Personengesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Allerdings müssen dann die Gesellschafter an der übernehmenden Personengesellschaft noch zehn Jahre beteiligt bleiben, sog. Nachbehaltensfrist. Vor dem 1.7.2021 belief sich die Nachbehaltensfrist lediglich auf fünf Jahre.

Sachverhalt: Im Jahr 2015 wurde eine OHG gegründet, an der A, B und C beteiligt waren. A, B und C waren außerdem an einer KG beteiligt, die zwei Grundstücke besaß. Im Jahr 2018 brachte die KG die beiden Grundstücke in die OHG ein. Das Finanzamt behandelte diesen Vorgang als grunderwerbsteuerfrei, weil an beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter mit der jeweils selben Quote beteiligt waren. Das Finanzamt wies die OHG auf die – damalige – fünfjährige Nachbehaltensfrist hin. Im Jahr 2023, etwas mehr als fünf Jahre nach der Einbringung, wurde die OHG in eine GmbH umgewandelt, so dass A, B und C nicht mehr an einer Personengesellschaft beteiligt waren. Nachdem der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.7.2021 die fünfjährige Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre verlängert hatte, besteuerte das Finanzamt im Jahr 2023 die im Jahr 2018 erfolgte Einbringung der beiden Grundstücke mit der Begründung, durch den Formwechsel sei die nunmehr geltende zehnjährige Nachbehaltensfrist verletzt worden; das Finanzamt erließ daher gegenüber der GmbH einen Grunderwerbsteuerbescheid. Hiergegen legte die GmbH Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzgericht gab dem Antrag statt, ließ aber die Beschwerde zum BFH zu, so dass nun der BFH entscheiden musste.

Entscheidung: Der BFH folgte dem Finanzgericht und gewährte die Aussetzung der Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids:

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids. Denn es ist unklar, ob im Streitfall bereits die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist gilt, so dass der Grunderwerbsteuerbescheid rechtmäßig wäre, oder ob noch die fünfjährige Nachbehaltensfrist galt, so dass der Grunderwerbsteuer rechtswidrig wäre.

Im Gesetz finden sich zwei unterschiedliche Übergangsregelungen zum Inkrafttreten der neuen zehnjährigen Nachbehaltensfrist, die widersprüchlich formuliert sind:

  • Nach der einen Übergangsregelung soll die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist erstmals für Erwerbsvorgänge gelten, die nach dem 30.6.2021 verwirklicht wurden. Die zehnjährige Nachbehaltensfrist wäre danach im Streitfall nicht anwendbar, weil der Erwerbsvorgang, die Einbringung der beiden Grundstücke, bereits im Jahr 2018 erfolgt war.
  • Nach der anderen Übergangsregelung soll die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist nicht gelten, wenn die fünfjährige Nachbehaltensfrist am 1.7.2021 bereits abgelaufen war. War sie noch nicht abgelaufen – wie im Streitfall – würde die Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre verlängert werden. Diese Zehnjahresfrist wäre damit anwendbar, und sie wäre durch den Formwechsel im Jahr 2023 verletzt worden; aufgrund des Formwechsels von der OHG in die GmbH waren A, B und C nämlich nicht mehr an einer Personengesellschaft beteiligt.

Aus dem Gesetz ergeben sich keine Anhaltspunkte, wie sich die beiden einander widersprechenden Übergangsregelungen zueinander verhalten. Daher ist die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids auszusetzen.

Hinweise: Die Aussetzung der Vollziehung hat zur Folge, dass die GmbH, die aus der OHG hervorgegangen ist, die Grunderwerbsteuer erst einmal nicht zu bezahlen braucht, bis das Hauptsacheverfahren (Einspruchsverfahren und ggf. anschließend das Klageverfahren) abgeschlossen ist.

Der aktuelle Beschluss zeigt, wie ungenau der Gesetzgeber gearbeitet hat; denn nur eine der beiden Übergangsregelungen kann richtig sein. Für die Praxis ist es wichtig, dass etwaige Grunderwerbsteuerbescheide durch Einspruch angefochten werden und ggf. auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird, wenn die Zahlung der Grunderwerbsteuer erst einmal vermieden werden soll. Sollte der BFH in einem späteren Hauptsacheverfahren der GmbH Recht geben, wären entsprechende Grunderwerbsteuerbescheide aufzuheben, bei denen der Erwerbsvorgang vor dem 1.7.2021 erfolgt ist und die Beteiligung an der übernehmenden Personengesellschaft erst nach Ablauf von fünf Jahren aufgegeben oder vermindert worden ist.

Quelle: BFH, Beschluss vom 10.4.2025 – II B 54/24 (AdV); NWB