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Fiktiver Zufluss einer nicht ausgezahlten Tantieme beim Gesellschafter-Geschäftsführer

Hat ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit seiner GmbH eine Tantiemevereinbarung getroffen, die zugesagte Tantieme aber nicht erhalten, kann ein fiktiver Zufluss der Tantieme und damit Arbeitslohn zu bejahen sein, wenn er einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf Auszahlung seiner Tantieme hat. Dies setzt allerdings voraus, dass die GmbH eine Tantiemeverpflichtung passiviert hat. Alternativ kommt ein fiktiver Zufluss in Betracht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer auf einen bereits entstandenen Tantiemeanspruch verzichtet.

Hintergrund: Außerhalb einer Bilanzierung müssen Einnahmen grundsätzlich erst dann versteuert werden, wenn sie dem Steuerpflichtigen zufließen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann aber ein Zufluss auch fiktiv angenommen werden, so dass dann eine Einnahme versteuert werden muss, obwohl sie gar nicht gezahlt worden ist.

Sachverhalt: Der Kläger war Alleingesellschafter der A-GmbH. Er hatte mit der A-GmbH eine Tantiemevereinbarung getroffen. In den Streitjahren 2015 bis 2017 zahlte die A-GmbH dem Kläger keine Tantieme aus, obwohl sie Gewinne erzielt hatte. Die A-GmbH wies in ihren Bilanzen der Streitjahre auch weder eine Tantiemerückstellung noch eine Tantiemeverbindlichkeit aus. Das Finanzamt nahm einen fiktiven Zufluss der Tantieme beim Kläger an und erfasste die Tantieme als Arbeitslohn.

Entscheidung: Der BFH hielt einen fiktiven Zufluss zwar nicht aufgrund der Alleingesellschafterstellung des Klägers für denkbar, wohl aber aufgrund eines möglichen Verzichts. Der BFH verwies die Sache daher an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:

  • Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern, die also mehr als 50 % der Stimmrechte haben, kann es zu einer Zuflussfiktion kommen, wenn der Tantiemeanspruch fällig und durchsetzbar ist, die GmbH mithin zahlungsfähig ist. Der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer kann dann nämlich die Auszahlung der Tantieme durchsetzen.
  • Im Streitfall waren die Tantiemeansprüche jedoch nicht fällig. Die Tantiemeansprüche sollten erst dann fällig sein, wenn der Jahresabschluss und damit auch der Tantiemeanspruch festgestellt wird. In den Jahresabschlüssen der A-GmbH für die Jahre 2015 bis 2017 waren aber keine Tantiemeverpflichtungen ausgewiesen, so dass ein fälliger Tantiemeanspruch nicht zustande gekommen ist.
  • Denkbar ist aber ein fiktiver Zufluss aufgrund eines Verzichts des Klägers auf einen bereits entstandenen Tantiemeanspruch. Dieser Verzicht hätte zu einer verdeckten Einlage des Klägers in die A-GmbH geführt; eine verdeckte Einlage setzt denklogisch den vorherigen Zufluss des eingelegten Wirtschaftsguts (Tantiemeforderung) voraus.
  • Das FG muss nun aufklären, ob der Kläger in den Streitjahren auf seine bereits entstandenen Tantiemeansprüche verzichtet und diese verdeckt in die A-GmbH eingelegt hat, so dass ihm die Tantiemen vorher (fiktiv) zugeflossen sein müssen. Die verdeckte Einlage setzt nicht voraus, dass die A-GmbH tatsächlich Tantiemeverpflichtungen gegenüber dem Kläger passiviert hat; vielmehr genügt es, wenn Tantiemeverpflichtungen hätten passiviert werden müssen.

Hinweise: Sollte ein Tantiemeanspruch des Klägers hingegen nicht entstanden sein, weil sich der Kläger und die A-GmbH vorab auf eine Aufhebung der Tantieme geeinigt bzw. stillschweigend verständigt haben, wäre ein fiktiver Zufluss zu verneinen, so dass der Kläger keine Tantieme versteuern müsste. Denn dann könnte der Kläger keine verdeckte Einlage erbracht haben, weil er keine Forderung gegen die A-GmbH gehabt hat, die er im Wege der verdeckten Einlage eingebracht hat. Zu einem fiktiven Zufluss kann es unter dem Gesichtspunkt des Verzichts also nur kommen, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer nach der Entstehung seines Tantiemeanspruchs auf die Tantieme verzichtet.

Der BFH widerspricht mit seinem aktuellen Urteil der Auffassung der Finanzverwaltung, die es für einen fiktiven Zufluss bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ausreichen lässt, dass der Tantiemeanspruch fällig und durchsetzbar ist; nach der Finanzverwaltung ist es für den fiktiven Zufluss nicht erforderlich, dass die GmbH eine entsprechende Verpflichtung in ihrem Jahresabschluss passiviert hat.

Quelle: BFH, Urteil vom 5.6.2024 – VI R 20/22; NWB

Bekanntgabe eines Grunderwerbsteuerbescheids bei Formwechsel von KG in GmbH

Wird eine KG durch einen Formwechsel in eine GmbH umgewandelt, so kann nach dem Formwechsel ein Grunderwerbsteuerbescheid noch wirksam gegenüber der KG bekanntgegeben werden. Denn der Formwechsel führt nur zu einer Änderung der Rechtsform, nicht aber zu einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft.

Hintergrund: Ein Steuerbescheid wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird.

Sachverhalt: Am 29.8.2012 wurde eine KG, die Grundstücke besaß, in eine GmbH umgewandelt. Zuvor hatte es eine Einbringung von Anteilen an der KG in eine andere KG gegeben. Das Finanzamt erfuhr von der Einbringung und ging von der Grunderwerbsteuerbarkeit der Einbringung aus, hielt diese aber unter dem Gesichtspunkt einer Übertragung zwischen Schwester-Personengesellschaften für steuerfrei. Es erließ am 8.4.2015 einen Grunderwerbsteuerbescheid, den es der KG bekanntgab und in dem es ausführte, dass die Einbringung steuerfrei sei, jedoch Nachhaltefristen zu beachten seien. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Am 2.2.2018 erließ das Finanzamt einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid, den es nun an die GmbH adressierte und in dem es Grunderwerbsteuer aufgrund der Einbringung festsetzte. Das Finanzamt verneinte die Steuerfreiheit für Schwester-Personengesellschaften wegen des im Jahr 2012 durchgeführten Formwechsels. Die GmbH wehrte sich gegen diesen Bescheid.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und hob den Bescheid vom 2.2.2018 auf:

  • Der Bescheid vom 2.2.2018 durfte nicht mehr ergehen, weil zuvor bereits der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 ergangen und wirksam geworden war. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 ging von einer Steuerfreiheit aus und stand daher der Steuerfestsetzung vom 2.2.2018 entgegen.
  • Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 war wirksam bekannt gegeben worden. Unschädlich ist, dass er der KG bekannt gegeben wurde und nicht der GmbH. Bei einem Formwechsel kann ein Bescheid auch noch an den formwechselnden Rechtsträger, d.h. an den bisherigen Rechtsträger (KG), bekannt gegeben werden und muss nicht dem Rechtsträger neuer Form, d.h. der GmbH, bekannt gegeben werden.
  • Bei einem Formwechsel ändert sich zwar die Rechtsform – im Streitfall wurde aus einer KG eine GmbH. Die rechtliche und wirtschaftliche Identität der Gesellschaft bleibt aber unverändert. Wenn das Finanzamt nach einem Formwechsel einen Steuerbescheid noch an die Gesellschaft unter dem Namen der alten Rechtsform bekannt gibt, ist dies nur eine unrichtige Bezeichnung, die unschädlich ist. Adressat ist die Gesellschaft, deren Identität sich nicht geändert hat.
  • Da der an die KG gerichtete Bescheid vom 8.4.2015 wirksam war und eine Steuerbefreiung feststellte, durfte das Finanzamt hiervon nicht mehr abweichen und nun Grunderwerbsteuer gegenüber der GmbH festsetzen. Der Bescheid vom 8.4.2015 war in materieller Bestandskraft erwachsen und hätte nur noch aufgrund einer Korrekturnorm geändert werden dürfen. Eine Korrekturnorm gab es jedoch nicht. Insbesondere war der Formwechsel keine neue Tatsache, sondern dem Finanzamt bereits bei Erlass des Bescheids am 8.4.2015 bekannt.

Hinweise: Es konnte auch keine Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses erfolgen. Denn wenn als Ereignis der Formwechsel vom 29.8.2012 angesehen werden sollte, so lag dieses Ereignis bereits bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids am 8.4.2015 vor und konnte daher nicht rückwirkend sein.

Bei einem Formwechsel wird nur das „Rechtskleid“ der Gesellschaft ausgetauscht. Die Identität der umgewandelten Gesellschaft ändert sich nicht. Daher löst ein Formwechsel grundsätzlich auch keine Grunderwerbsteuer aus, kann allerdings zu einer Verletzung sog. Vorhalte- oder Nachhaltefristen führen.

Auf die Frage, ob der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 rechtmäßig war, kam es nicht an, da dieser Bescheid wirksam geworden war und nicht mehr geändert werden konnte.

Quelle: BFH, Urteil vom 19.3.2024 – II R 33/22; NWB

Gewerbesteuer für Veräußerungsgewinn nach Formwechsel in Personengesellschaft

Zwar unterliegt die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils innerhalb von fünf Jahren nach dem Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft der Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuerpflicht gilt aber nicht für die stillen Reserven desjenigen Betriebsvermögens, das erst im Zuge der formwechselnden Umwandlung oder danach gebildet wird.

Hintergrund: Eine Kapitalgesellschaft kann in eine Personengesellschaft formwechselnd umgewandelt werden. Wird aber innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung der Betrieb der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert oder ein Anteil an der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert, unterliegt der Gewinn aus der Aufgabe bzw. Veräußerung der Gewerbesteuer.

Sachverhalt: Die Klägerin ist die B-GmbH & Co. KG, die aus einem Formwechsel von der A-GmbH zum 31.12.2009 hervorging. Alleingesellschafter der A-GmbH war der B, der der A-GmbH ein Grundstück verpachtet hatte; somit bestand bis zum Formwechsel eine sog. Betriebsaufspaltung, die dazu führte, dass das Grundstück zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens des B gehörte. Ab dem 1.1.2010 wurde das Grundstück der B-GmbH & Co. KG zur Nutzung überlassen, so dass es nunmehr sog. Sonderbetriebsvermögen des B bei der B-GmbH & Co. KG war. B veräußerte im April 2011 seinen Mitunternehmeranteil sowie sein Grundstück an den H. Das Finanzamt unterwarf nicht nur den Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils, sondern auch den Gewinn aus dem Verkauf des Grundstücks der Gewerbesteuer. Die B-GmbH & Co. KG wehrte sich gegen die gewerbesteuerliche Erfassung des Gewinns aus der Veräußerung des Grundstücks.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Zwar unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils an der B-GmbH & Co. KG der Gewerbesteuer. Denn nach der gesetzlichen Regelung wird im Fall eines vorherigen Formwechsels in eine Personengesellschaft der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils bei der Gewerbesteuer erfasst, wenn die Veräußerung – wie im Streitfall – innerhalb von fünf Jahren nach dem Formwechsel erfolgt.
  • Diese Regelung erfasst aber nicht den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks. Zwar gehörte das Grundstück seit dem 1.1.2010 zum Sonderbetriebsvermögen des B bei der B-GmbH & Co. KG. Es ist aber erst im Zuge der Umwandlung, nämlich zum 1.1.2010, Betriebsvermögen geworden. Die gesetzliche Regelung gilt nach ihrem Sinn und Zweck aber nicht für den Verkauf von Betriebsvermögen, das erst im Zuge der Umwandlung oder danach gebildet worden ist.
  • Erfasst werden nur die stillen Reserven von Betriebsvermögen, das bereits vor der Umwandlung vorhanden war. Die gesetzliche Regelung soll nämlich verhindern, dass die Gewerbesteuerpflicht der umgewandelten GmbH dadurch unterlaufen wird, dass die GmbH in eine Personengesellschaft umgewandelt wird, bei der der Verkauf bzw. die Aufgabe des Betriebes oder eines Mitunternehmeranteils grundsätzlich nicht gewerbesteuerpflichtig ist, und der Betrieb bzw. Mitunternehmeranteil erst nach der vollzogenen Umwandlung veräußert oder aufgegeben wird.
  • Diese Gefahr besteht bei neugebildetem Betriebsvermögen, das erst im Zuge der Umwandlung oder sogar erst nach erfolgter Umwandlung von der Personengesellschaft gebildet wird, nicht. Denn das neu gebildete Betriebsvermögen (Grundstück) war nie Teil des übergegangenen Vermögens der Kapitalgesellschaft (sog. statisches Vermögen). Da das Grundstück vor der Umwandlung weder zum Betriebsvermögen der umgewandelten A-GmbH noch zum Betriebsvermögen der übernehmenden B-GmbH & Co. KG gehörte, werden die stillen Reserven des Grundstücks gewerbesteuerlich nicht erfasst.

Hinweise: Zwar gehörte das Grundstück vor der Umwandlung zum Besitzunternehmen des B, da es im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an die A-GmbH überlassen wurde. Dies war aber ein anderer Betrieb als die beiden Betriebe der an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger, der A-GmbH und der B-GmbH & Co. KG.

Mit seinem aktuellen Urteil widerspricht der BFH der Finanzverwaltung.

Die stillen Reserven aus dem Verkauf des Mitunternehmeranteils an der B-GmbH & Co. KG werden hingegen gewerbesteuerlich erfasst, weil der Verkauf des Anteils innerhalb von fünf Jahren nach dem Formwechsel erfolgt ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 14.3.2024 – IV R 20/21; NWB

Rückwirkende Verschmelzung zweier Personengesellschaften

Bei einer rückwirkenden Verschmelzung einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft kann nur das im Rückwirkungszeitraum erzielte Einkommen der übertragenden Personengesellschaft mit dem Einkommen der übernehmenden Personengesellschaft verrechnet werden. Es kann aber nicht der Verlust der übertragenden Gesellschaft, der bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag erzielt worden ist, mit dem Gewinn der übernehmenden Gesellschaft, den sie bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag erzielt hat, verrechnet werden.

Hintergrund: Umwandlungen können steuerlich mit Rückwirkung vorgenommen werden. Es wird dann ein Übertragungsstichtag in der Vergangenheit gewählt, der höchstens acht Monate zurückliegen darf.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG. Neben der Klägerin gab es noch die H-GmbH & Co. KG, an der dieselben Gesellschafter beteiligt waren wie an der Klägerin. Mit notariellem Vertrag vom 3.7.2015 wurde das Vermögen der H-GmbH & Co. KG auf die Klägerin rückwirkend zum 31.12.2014 verschmolzen; die Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erfolgte am 30.7.2015. Die Klägerin gab für 2014 eine Erklärung über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften ab; in dieser verrechnete sie ihren Gewinn, den sie im Jahr 2014 erzielt hatte, mit dem Verlust der H-GmbH & Co. KG, den diese im Jahr 2014 erzielt hatte. Das Finanzamt stellte hingegen nur den Gewinn der Klägerin fest, ohne diesen mit dem Verlust der H-GmbH & Co. KG des Jahres 2014 zu verrechnen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Es fehlt eine Rechtsgrundlage für die Verrechnung des Gewinns der Klägerin mit dem Verlust der H-GmbH & Co. KG im Jahr 2014.
  • Zwar ist die Verschmelzung rückwirkend zum 31.12.2014 erfolgt. Die Rückwirkung führt aber lediglich dazu, dass das von der H-GmbH & Co. KG im Rückwirkungszeitraum erzielte Einkommen vom 1.1.2015 bis 29.7.2015 – dies war der Tag vor der Eintragung im Handelsregister, an dem die Verschmelzung zivilrechtlich wirksam wurde – bereits der Klägerin zuzurechnen ist.
  • Die Rückwirkung führt nicht dazu, dass das Einkommen vor Ablauf des Übertragungsstichtags (31.12.2014, 24.00 Uhr) der übernehmenden Personengesellschaft (Klägerin) zugerechnet wird. Der bis zum Ablauf des Übertragungsstichtags erzielte Verlust der H-GmbH & Co. KG ist daher noch der H-GmbH & Co. KG zuzurechnen.

Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass es erst mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags, d.h. mit Ablauf des 31.12.2014, und damit ab dem handelsrechtlichen Übertragungsstichtag (1.1.2015), der dem steuerlichen Übertragungsstichtag folgt, zu einer Ergebniszurechnung kommt.

Bedeutung hat der steuerliche Übertragungsstichtag aber für die Entstehung des Einbringungsgewinns und ggf. eines Einbringungsfolgegewinns. Diese Gewinne muss die übernehmende Personengesellschaft im Jahr des steuerlichen Übertragungsstichtags, also 2014, versteuern.

Quelle: BFH, Urteil vom 14.3.2024 – IV R 6/21; NWB

Veräußerung unentgeltlich erworbener GmbH-Anteile

Zwar kann auch die Veräußerung unentgeltlich erworbener GmbH-Anteile, die sich im Privatvermögen befinden, zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Dies setzt jedoch voraus, dass entweder der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt war oder aber der vorherige Anteilsinhaber, der die Anteile unentgeltlich übertragen hatte, innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt war. Die Prüfung, ob eine wesentliche Beteiligung des vorherigen Anteilsinhabers bestand, ist veranlagungszeitraumbezogen durchzuführen, so dass es auf die Wesentlichkeitsgrenze in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum ankommt.

Hintergrund: Verkauft ein GmbH-Gesellschafter, der mit mindestens 1 % in den letzten fünf Jahren an der GmbH beteiligt war und die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält, GmbH-Anteile mit Gewinn, führt dies zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Hat der Gesellschafter die Anteile unentgeltlich erworben, führt der Verkauf der Anteile mit Gewinn ebenfalls zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der vorherige Anteilsinhaber, der die Anteile unentgeltlich übertragen hat, wesentlich beteiligt war. Die Wesentlichkeitsgrenze liegt seit 2001 bei 1 % und lag bis einschließlich 2000 bei 10 %.

Sachverhalt: Ursprünglich war M bis Dezember 2000 an der AG mit 1,04 % beteiligt. Sie übertrug im Dezember 2000 die Hälfte ihrer Beteiligung, d.h. 0,52 %, zu einem Preis von 650.000 DM an ihre Tochter T. Der Kaufpreis entsprach zu 60 % dem tatsächlichen Wert, so dass die Übertragung zu 40 % unentgeltlich erfolgte. T verkaufte ihre Beteiligung (0,52 %) im Jahr 2002 zum Preis von 2,75 Mio. €. Das Finanzamt besteuerte den Gewinn im Umfang von 40 % als gewerbliche Einkünfte, soweit T die Aktien also unentgeltlich erworben hatte. Hieraus ergab sich ein Gewinn von ca. 447.000 €. T begehrte eine Minderung des Gewinns auf ca. 425.000 €, weil sie den vom Finanzamt angesetzten gemeinen Wert für überhöht hielt.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt, weil er den Verkauf für überhaupt nicht steuerpflichtig hielt:

  • Der Verkauf durch T im Jahr 2002 war nicht steuerpflichtig. Denn T selbst war in den letzten fünf Jahren nicht wesentlich beteiligt gewesen. Sie hatte die Beteiligung erst im Jahr 2000 erlangt und war seitdem durchgängig mit lediglich 0,52 % beteiligt, nicht aber mit mindestens 1 % (in den Jahren 2001 und 2002) bzw. 10 % (im Jahr 2000).
  • Da T die Anteile im Umfang von 40 % unentgeltlich erlangt hatte, wäre die Steuerbarkeit auch dann zu bejahen, wenn M innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt gewesen wäre. Die Prüfung einer wesentlichen Beteiligung der M innerhalb des Fünfjahreszeitraums muss aber veranlagungszeitraumbezogen erfolgen. Das heißt, es ist anhand der in den fünf Jahren jeweils geltenden Wesentlichkeitsgrenze zu prüfen, ob M in einem der Jahre wesentlich beteiligt war. Bis einschließlich 2000 galt eine Wesentlichkeitsgrenze von 10 %, die M nicht erreicht hat, da sie bis einschließlich 2000 nur mit 1,04 % beteiligt war. Seit 2001 galt eine Wesentlichkeitsgrenze von 1 %, die M ebenfalls nicht erreicht hat, da sie nur mit 0,52 % beteiligt war.

Hinweise: Obwohl der Verkauf nicht steuerpflichtig war, muss die T einen Gewinn von ca. 427.000 € versteuern. Denn sie hatte nur einen Klageantrag auf Minderung des Gewinns auf 427.000 € gestellt. Der BFH durfte über diesen Antrag aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht hinausgehen. Hätte T beantragt, dass kein Gewinn zu berücksichtigen ist, hätte sie in vollem Umfang gewonnen und müsste ihren Gewinn nicht versteuern.

Zu beachten ist aber, dass seit 2009 auch ein Gewinn aus Anteilsverkäufen im Fall einer nicht wesentlichen Beteiligung versteuert werden muss, und zwar als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Streitfall betraf jedoch das Jahr 2002. Der Fall hatte beim BFH lange geruht, weil der BFH eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze abgewartet hat.

Befindet sich die Beteiligung an einer GmbH im Betriebsvermögen, ist ein Gewinn aus dem Verkauf in jedem Fall steuerpflichtig, weil es dann nicht auf die Beteiligungshöhe ankommt. Der Gewinn ist dann entweder zu 40 % steuerfrei, wenn der Verkäufer ein Einzelunternehmer oder eine Personengesellschaft ist, oder aber zu 95 % steuerfrei, wenn der Verkäufer eine Kapitalgesellschaft ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 12.3.2024 – IX R 9/23; NWB