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Entstehung der Umsatzsteuer bei einnahmenabhängiger Ratenzahlung

Die Umsatzsteuer entsteht mit der Ausführung der Leistung, und zwar auch dann, wenn eine Ratenzahlung vereinbart wird und die Raten nur insoweit fällig sind, als der Schuldner Einnahmen erzielt. Eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten des leistenden Unternehmers wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts ist bei der Vereinbarung einnahmeabhängiger Raten nicht möglich, weil das ausstehende Entgelt noch nicht fällig ist.

Hintergrund: Nach dem Gesetz entsteht die Umsatzsteuer im Rahmen der sog. Soll-Versteuerung mit der Ausführung der Leistung. Werden Teilleistungen erbracht, indem für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung ein Entgelt gesondert vereinbart wird, entsteht die Umsatzsteuer mit der Ausführung der jeweiligen Teilleistung. Soweit ein Entgelt für eine ausgeführte Leistung bzw. Teilleistung uneinbringlich wird, kann der Unternehmer die Umsatzsteuer zu seinen Gunsten berichtigen.

Sachverhalt: Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze nach der Soll-Versteuerung. Sie verpflichtete sich im November 2011 vertraglich gegenüber der A-GmbH zur Errichtung einer Photovoltaikanlage. Das Gesamtentgelt betrug 1.258.000 € zzgl. Umsatzsteuer. Die Klägerin und die A-GmbH vereinbarten im Vertrag eine Ratenzahlung: So sollten 450.000 € nach der Montage aller Module fällig sein, ein weiterer Teilbetrag von 450.000 € nach der Installation der Wechselrichterstation und die restlichen 358.000 € nach Ablauf eines zehnmonatigen Probebetriebs. Allerdings sollten die Raten nur insoweit fällig werden, als die A-GmbH die Raten aus den laufenden Einnahmen der Stromeinspeisung begleichen konnte. Die A-GmbH zahlte im Jahr 2011 nach der Montage aller Module einen Betrag von 77.350 € brutto (netto 65.000 €). Im Jahr 2012 zahlte die A-GmbH einen weiteren Betrag von 61.880 € brutto (netto 52.000 €). Die Klägerin meldete für die Streitjahre 2011 und 2012 nur den jeweiligen Nettobetrag in ihren Umsatzsteuererklärungen an. Das Finanzamt setzte hingegen für 2011 einen Umsatz von 450.000 € und für 2012 einen Umsatz von 808.000 € (450.000 € + 358.000 €) an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Umsatzsteuer war mit der Ausführung der jeweiligen Teilleistungen entstanden, da die Klägerin und die A-GmbH Teilleistungen vereinbart hatten. Im Jahr 2011 hatte die Klägerin die Montageleistung ausgeführt, so dass für 2011 ein Entgelt von 450.000 € anzusetzen war. Im Jahr 2012 hatte die Klägerin die Installation durchgeführt und den Probebetrieb abgeschlossen. Zwar ist nicht zweifelsfrei, ob der Probebetrieb eine Teilleistung gewesen ist; sofern dies aber zu verneinen sein sollte, wäre das Entgelt für den Probebetrieb (358.000 €) als Zusatzentgelt für die Installation anzusehen.
  • Eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts war nicht möglich. Die Uneinbringlichkeit setzt zunächst voraus, dass ein fälliges Entgelt nicht bezahlt wird. Aufgrund der einnahmeabhängig ausgestalteten Ratenzahlung waren die ausstehenden Ratenzahlungen aber in den Streitjahren noch gar nicht fällig, so dass keine Uneinbringlichkeit anzunehmen war.

Hinweise: Der BFH hält an seiner aktuellen Rechtsprechung fest, nach der die Umsatzsteuer auch bei der Vereinbarung von Ratenzahlungen mit der Ausführung der Leistung entsteht. Dies gilt auch bei Teilleistungen und auch bei der Vereinbarung einnahmeabhängiger Raten.

Die Rechtsprechung führt dazu, dass der Unternehmer bei der Soll-Versteuerung die Umsatzsteuer faktisch vorfinanzieren muss, wenn der Vertragspartner nicht sogleich bezahlt. Der BFH sieht hierin keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des europäischen Umsatzsteuerrechts.

Bei der Ist-Versteuerung droht zwar keine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer, weil diese erst dann entsteht, wenn der Vertragspartner zahlt; allerdings ist die Ist-Versteuerung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, z.B. wenn der Umsatz im Vorjahr nicht höher als 600.000 € war oder wenn der Unternehmer Freiberufler ist.

Quelle: BFH, Beschluss v. 28.9.2022 – XI R 28/20; NWB

Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung als Schätzungsgrundlage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung, die bei einer formell ordnungswidrigen Buchführung häufig als Grundlage für die Schätzung des Gewinns dient. Er hat deshalb das Bundesfinanzministerium (BMF) zum sog. Beitritt in einem anhängigen Revisionsverfahren aufgefordert, damit es zur Richtsatzsammlung Stellung nehmen kann.

Hintergrund: Ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß, kann der Gewinn geschätzt werden. Eine der gängigen Schätzungsmethoden ist der sog. äußere Betriebsvergleich, bei dem die Gewinnaufschlagsätze anderer Unternehmer derselben Branche herangezogen werden. Diese Richtsätze werden in einer Richtsatzsammlung dokumentiert, die von der Finanzverwaltung herausgegeben wird.

Sachverhalt: Die Klägerin betreibt eine Diskothek, deren Buchführung in den Streitjahren 2013 und 2014 formell ordnungswidrig war. Der Außenprüfer nahm daher eine Nachkalkulation vor und verprobte die Getränkeumsätze; auf diese Weise ermittelte er einen Rohgewinnaufschlagsatz von 400 %. Die Klägerin klagte hiergegen. In der ersten Instanz zog das Finanzgericht die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung heran und legte einen Rohgewinnaufschlagsatz von 300 % zugrunde, so dass die Klage nur teilweise Erfolg hatte. Hiergegen legte die Klägerin Revision beim BFH ein.

Entscheidung: Der BFH hat nun das BMF zum sog. Beitritt zum anhängigen Revisionsverfahren aufgefordert, damit das BMF das Zustandekommen der Richtsatzsammlung erläutern kann:

Zwar kann das Finanzamt bei fehlender Ordnungsmäßigkeit der Buchführung eine Schätzung vornehmen, und zwar auch durch einen sog. äußeren Betriebsvergleich, bei dem der Betrieb des Steuerpflichtigen mit den Betrieben anderer Unternehmer und den dort üblichen Rohgewinnaufschlägen verglichen wird. Ein derartiger Betriebsvergleich aufgrund der amtlichen Richtsatzsammlung ist von der Rechtsprechung bislang grundsätzlich als Schätzungsmethode anerkannt worden.

Allerdings ist von der Rechtsprechung bislang noch nicht geklärt, auf welchen Grundlagen und Parametern die Richtsätze beruhen, wie sie zustande kommen und ob dies ggf. die Tauglichkeit eines äußeren Betriebsvergleichs beeinträchtigen könnte.

Das BMF soll daher Stellung zu den Fragen nehmen,

  • welche Einzeldaten mit welchem Gewicht in die Ermittlung der Richtsätze einfließen, wie die Repräsentativität der Daten sichergestellt wird und ob es Einzeldaten gibt, die von vornherein ausgeschlossen werden,
  • ob die regional zum Teil unterschiedlichen Fixkosten für z. B. Miete und Personal der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegenstehen,
  • weshalb die Ergebnisse von Außenprüfungen bei Verlustbetrieben unberücksichtigt bleiben, obwohl auch Verlustbetriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen und
  • ob erfolgreiche Einsprüche gegen Änderungsbescheide, die aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, in die Richtsatzsammlung eingehen.

Außerdem ist bislang unklar, wie dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden kann, dass er das Ergebnis eines äußeren Betriebsvergleichs auf der Grundlage der amtlichen Richtsatzsammlung, insbesondere auch die Daten, die in die Richtsatzsammlung einfließen, nachvollziehen und überprüfen kann.

Hinweise: Aufgrund des Beitrittsbeschlusses erhält das BMF jetzt eine beteiligtenähnliche Prozessstellung und ist gefordert, an der Aufklärung der vom BFH aufgeworfenen Fragen mitzuwirken. Ob der BFH die amtliche Richtsatzsammlung anerkennen wird oder ob er künftig höhere Anforderungen an die Datensammlung und Transparenz der Richtsatzsammlung stellen wird, ist derzeit offen.

Für die Steuerpflichtigen ist der Beitrittsbeschluss grundsätzlich positiv, weil die Anwendung der Richtsatzsammlung in der Praxis häufig zu hohen Hinzuschätzungen führt.

Quelle: BFH, Beschluss v. 14.12.2022 – X R 19/21; NWB

Übergang von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für Land- und Forstwirte

Zwar kann ein Forst- und Landwirt von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen wechseln. Hierbei ist jedoch ein Übergangsgewinn zu ermitteln, damit sichergestellt wird, dass zum einen kein Geschäftsvorfall doppelt erfasst und zum anderen jeder Geschäftsvorfall wenigstens einmal erfasst wird. Ein Übergangsgewinn braucht nur insoweit nicht ermittelt zu werden, als im Rahmen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen die Zufluss- und Abflussgrundsätze der Einnahmen-Überschussrechnung fortgelten.

Hintergrund: Für die Gewinnermittlung gibt es unterschiedliche Methoden wie z.B. die Bilanzierung, bei der der Gewinn periodengerecht ermittelt wird, oder die Einnahmen-Überschussrechnung, bei der es auf den Zufluss der Einnahmen bzw. auf den Abfluss der Ausgaben ankommt. Land- und Forstwirte, die nicht bilanzierungspflichtig sind und einen kleineren Betrieb unterhalten, haben zudem die Möglichkeit, ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen zu ermitteln. Dabei wird der Gewinn nach gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Werten bemessen, so dass nicht der tatsächlich erzielte Gewinn, sondern ein niedrigerer Betrag besteuert wird.

Sachverhalt: Der Kläger war Landwirt mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis 30.6. Er ermittelte seinen Gewinn für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 vom 1.7.2015 bis 30.6.2016 durch Einnahmen-Überschussrechnung. Für das folgende Wirtschaftsjahr 2016/2017 vom 1.7.2016 bis 30.6.2017 stellte er auf die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen um. Das Finanzamt ermittelte einen Übergangsgewinn in Höhe von ca. 16.000 € und setzte es zur Hälfte im Streitjahr 2016 an. Der Kläger wehrte sich gegen den Ansatz eines Übergangsgewinns.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Ein Übergangsgewinn ist zu ermitteln, wenn die Gewinnermittlung gewechselt wird. Denn durch den Übergangsgewinn wird sichergestellt, dass sich jeder Geschäftsvorfall zumindest einmal auswirkt, aber sich kein Geschäftsvorfall doppelt auswirkt.
  • Diese Gefahr einer Nichterfassung bzw. Doppelerfassung besteht beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen. Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gilt nämlich das Zufluss- und Abflussprinzip, während die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen einem typisierten Betriebsvermögensvergleich entspricht, also einer Bilanz ähnelt, bei der es nicht auf den Zufluss und Abfluss ankommt.
  • Ein Übergangsgewinn ist insoweit nicht zu ermitteln, als für Teilbereiche der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen die Zufluss- und Abflussgrundsätze der Einnahmen-Überschussrechnung fortgelten.

Hinweise: Der BFH folgt mit seinem Urteil der Auffassung der Finanzverwaltung. Kommt es beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zu einem Übergangsgewinn, kann dieser auf Antrag auf zwei oder drei Jahre verteilt werden.

Ein Übergangsgewinn ist auch beim umgekehrten Wechsel von der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zur Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln. Der Übergangsgewinn kann auch negativ sein, so dass ein Verlust berücksichtigt wird.

Beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung wird z.B. der Forderungsbestand im Übergangsgewinn erfasst. Denn aufgrund des Zuflussprinzips haben sich Forderungen bei der Einnahmen-Überschussrechnung bislang nicht gewinnerhöhend ausgewirkt, und bei der nachfolgenden Bilanzierung erfolgt die Bezahlung von Forderungen gewinnneutral. Durch den Übergangsgewinn wird also sichergestellt, dass die Forderungen wenigstens einmal gewinnwirksam erfasst werden. Umgekehrt mindern Verbindlichkeiten den Übergangsgewinn beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung.

Quelle: BFH, Urteil v. 23.11.2022 – VI R 31/20; NWB

Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil einer Vermietungs-Personengesellschaft

Ein Quotennießbrauch, der an einem Anteil an einer Vermietungs-Personengesellschaft bestellt wird, führt nur dann zu einer anteiligen Zurechnung der Vermietungseinkünfte beim Quotennießbraucher, wenn er nach dem Nießbrauchsvertrag sicherstellen kann, dass der Gesellschafter die maßgeblichen Entscheidungen nicht allein bzw. nicht gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.

Hintergrund: Durch einen Nießbrauch können die Erträge eines Gegenstands auf einen Dritten übertragen werden, der sie dann grundsätzlich versteuern muss. Bei einem Quotennießbrauch wird der Dritte nur anteilig an den Erträgen beteiligt.

Sachverhalt: Der Kläger war mit 1/6 an einer vermietenden Personengesellschaft, der ABC-GbR, beteiligt. Die ABC-GbR erzielte Vermietungseinkünfte. Am 27.9.2012 räumte der Kläger seinem volljährigen Sohn einen Quotennießbrauch im Umfang von 50 % an seiner Beteiligung an der ABC-GbR ein. Nach dem Nießbrauchsvertrag waren der Sohn und der Kläger verpflichtet, alle gesellschaftlichen Mitwirkungsrechte gemeinschaftlich auszuüben. Sofern sie keine Einigung erzielen würden, sollte bei laufenden Angelegenheiten eine Stimmenthaltung erfolgen; bei Entscheidungen, die die Grundlage der ABC-GbR oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte wie z.B. das Verbot der Änderung der Gewinnbeteiligung oder der Beschneidung des Auseinandersetzungsguthabens betreffen würden, sollte jedoch der Kläger als Gesellschafter bei Beschlüssen mitwirken. Das Finanzamt rechnete die auf den Anteil des Klägers entfallenden Vermietungseinkünfte allein dem Kläger zu und lehnte eine 50%ige Zurechnung beim Sohn ab.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab, so dass die Vermietungseinkünfte, soweit sie auf den Anteil entfielen (1/6), nur dem Kläger zugerechnet wurden, nicht aber zur Hälfte auf den Sohn und auf den Kläger:

  • Grundsätzlich werden Vermietungseinkünfte demjenigen zugerechnet, der vermietet. Bei einer vermietenden Personengesellschaft werden die Einkünfte anteilig den Gesellschaftern zugewiesen, da die Vermietung durch die Personengesellschaft den Gesellschaftern zugerechnet wird.
  • Bei einem – vollumfänglichen – Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil werden dem Nießbraucher die auf den Gesellschafter entfallenden Einkünfte zugerechnet, wenn die Stellung des Nießbrauchers der Stellung des Gesellschafters entspricht. Dies erfordert, dass der Nießbraucher auch die Stimmrechte ausüben kann.
  • Bei einem anteiligen Nießbrauch an einer Beteiligung, also dem Quotennießbrauch, behält der Gesellschafter einen Teil der Beteiligung. Die anteilige Zurechnung der Einkünfte auf den Quotenießbraucher erfordert, dass der Quotenießbraucher verhindern kann, dass der Gesellschafter die maßgeblichen Entscheidungen allein trifft.
  • Daher muss der Quotennießbraucher auch bei Entscheidungen mitwirken, die die Grundlagen der Gesellschaft oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte betreffen, z.B. bei einer Entscheidung über die Änderung der Gewinnbeteiligung oder des Auseinandersetzungsguthabens. Im Streitfall hatte der Sohn diese Möglichkeit nicht, weil allein der Kläger das Stimmrecht bei Grundlagenentscheidungen ausüben sollte, falls es zuvor nicht zu einer Einigung zwischen beiden gekommen sein sollte.

Hinweise: Es handelt sich um die erste Entscheidung des BFH zu der Frage, welche Voraussetzungen beim Quotennießbrauch an einem Anteil eines Gesellschafters an einer vermögensverwaltenden (d.h. vermietenden) Personengesellschaft erfüllt sein müssen. Im Ergebnis verlangt der BFH, dass der Quotennießbraucher nach den vertraglichen Regelungen in der Lage sein muss, den Gesellschafter bei den maßgeblichen Entscheidungen zu blockieren.

Erhält ein Steuerpflichtiger den Nießbrauch an einer Immobilie, ohne dass es also um einen Nießbrauch an einer Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft geht, werden ihm die Vermietungseinkünfte nur dann zugerechnet, wenn er die nach der Bestellung des Nießbrauchs zustande gekommenen Mietverträge im eigenen Namen abschließt. Dies gilt vergleichbar für den Quotennießbraucher einer Immobilie: Er muss die nach der Bestellung des Nießbrauchs zustande gekommenen Mietverträge zusammen mit dem Eigentümer abschließen.

Quelle: BFH, Beschluss v. 15.11.2022 – IX R 4/20; NWB

Umsatzsteuer eines Vereins für Verkehrserziehung

Die Umsätze eines gemeinnützigen Vereins für Verkehrserziehung aus einem Fahrsicherheitstraining sind umsatzsteuerfrei, wenn das Fahrsicherheitstraining von den Teilnehmern beruflich genutzt wird. Die Umsätze aus der Vermietung eines Rettungssimulators unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, wenn es sich insoweit um einen sog. Zweckbetrieb handelt und der Zweckbetrieb nicht im Wettbewerb mit nicht gemeinnützigen Unternehmen steht.

Hintergrund: Umsätze aus Schulungsmaßnahmen sind unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei.

Gemeinnützige Vereine unterliegen mit ihren Umsätzen aus einem sog. Zweckbetrieb dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Ein Zweckbetrieb ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, mit dem die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins verwirklicht werden, wenn diese Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können. Allerdings ist für die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes erforderlich, dass mit dem Zweckbetrieb nicht in erster Linie zusätzliche Umsätze erzielt werden, die zu einem unmittelbaren Wettbewerb mit nicht gemeinnützigen Unternehmern führen.

Sachverhalt: Der Kläger war ein gemeinnütziger Verein, der auf den Gebieten der Verkehrssicherheit und Verkehrserziehung tätig war. Er führte in den Jahren 2013 und 2014 Sicherheitstrainings für die Nutzung von Pkw und Motorrädern, aber auch für Senioren durch. Außerdem kaufte der Kläger einen Rettungssimulator, den er an verschiedene Veranstalter für Veranstaltungen wie z.B. die Eröffnung eines Autohauses oder Firmenjubiläen vermietete. Mit einem Rettungssimulator konnte geübt werden, wie man sich aus einem umgestürzten Auto befreit. Der Kläger behandelte die Umsätze aus dem Sicherheitstraining sowie aus der Vermietung des Rettungssimulators als umsatzsteuerfrei. Das Finanzamt ging von einer Umsatzsteuerpflicht des Klägers aus und wandte den regulären Steuersatz von 19 % an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

Die Umsätze aus der Vermietung des Rettungssimulators sind mangels Befreiungsvorschrift nicht umsatzsteuerfrei. Es kann aber der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % anwendbar sein, wenn es sich bei dem Vermietungsbereich um einen Zweckbetrieb handelt, mit dem die Satzungszwecke des Klägers verwirklicht werden. Ob dies der Fall gewesen ist, muss das FG nun im zweiten Rechtsgang prüfen. Dabei muss das FG insbesondere prüfen, ob der Kläger in unmittelbaren Wettbewerb zu nicht gemeinnützigen Unternehmern getreten ist.

Für die Umsätze aus dem Sicherheitstraining kommt die Umsatzsteuerfreiheit für Schulungsmaßnahmen in Betracht. Nach dem europäischen Mehrwertsteuerrecht erfordert dies aber einen beruflichen Bezug.

  • Verwenden alle Teilnehmer des Sicherheitstrainings die erworbenen Kenntnisse beruflich, ist die Umsatzsteuerfreiheit zu bejahen.
  • Verwenden jedoch nur einige Teilnehmer die erworbenen Kenntnisse für berufliche Zwecke, wird die Umsatzsteuerfreiheit nicht nur für die Umsätze, die mit diesen Teilnehmern erzielt werden, gewährt, sondern entweder ganz oder gar nicht. Eine vollständige Umsatzsteuerfreiheit ist zu bejahen, wenn die Schulung konkret geeignet ist, berufliche Kenntnisse zu erwerben oder zu erhalten; dies muss sich leistungsbezogen aus der Schulungsmaßnahme selbst ergeben, wenn z.B. die Kosten für das Sicherheitstraining von der Bundeswehr oder der Berufsgenossenschaft übernommen werden. Bei einem Sicherheitstraining für Motorräder sowie bei dem Sicherheitstraining für Senioren erscheint ein leistungsbezogener, beruflicher Zweck hingegen zweifelhaft.

Hinweise: Sollte die Umsatzsteuerfreiheit für das Fahrsicherheitstraining zu verneinen sein, könnte die Steuerfreiheit jedenfalls für Kurse gelten, an denen Jugendliche teilnahmen. Es müsste dann bei den Kursen um die Erziehung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Verkehrssicherheit gegangen sein. Dies setzt über die bloße Wissensermittlung hinaus voraus, dass soziale Kompetenzen und Werte vermittelt werden.

Die allgemeine Umsatzsteuerbefreiung für Unterricht greift im Streitfall nicht, weil beim umsatzsteuerfreien Unterricht ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen vermittelt werden muss. Weder ein Sicherheitsunterricht noch der allgemeine Fahrunterricht erfüllen diese Voraussetzungen, sondern stellen einen spezialisierten Unterricht dar. Der BFH hat bereits entschieden, dass auch der Schwimmunterricht, der Surf- und Segelunterricht für Universitäten oder der Fahrunterricht kein allgemeiner, umsatzsteuerfreier Unterricht sind, sondern Spezialunterricht und damit umsatzsteuerpflichtig sind.

Quelle: BFH, Urteil v. 17.11.2022 – V R 33/21 (V R 26/18); NWB