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Ausstellung digitaler Corona-Impfzertifikate durch Ärzte ist nicht gewerblich

Das Bundesfinanzministerium (BMF) sieht die Ausstellung digitaler Corona-Impfzertifikate durch Ärzte nicht als gewerbliche Tätigkeit, sondern als freiberufliche Tätigkeit an. Bei ärztlichen Gemeinschaftspraxen kommt es daher durch die Ausstellung digitaler Corona-Impfzertifikate nicht zu einer sog. Infektion der ansonsten freiberuflichen Tätigkeit; die Gemeinschaftspraxis wird also nicht gewerbesteuerpflichtig.

Hintergrund: Erzielt eine freiberuflich tätige Personengesellschaft auch gewerbliche Einkünfte, kann es bei Überschreitung einer Bagatellgrenze zu einer sog. Infektion kommen, so dass die gesamten Einkünfte als gewerblich angesehen werden. Dies führt dann zur Gewerbesteuerpflicht. Derartige Risiken bestehen z.B. bei einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis, die Zahnpflegemittel verkauft, oder bei einer Musikband, die Merchandising-Artikel wie etwa T-Shirts oder Tassen verkauft.

Wesentliche Aussage des BMF: Das BMF nimmt in einem Fragen-Antwort-Katalog zu Einzelfragen bezüglich der steuerlichen Folgen der Corona-Krise Stellung, u.a. auch zur Ausstellung digitaler Impfzertifikate durch ärztliche Gemeinschaftspraxen:

  • Die Ausstellung eines digitalen Impfzertifikats durch einen Arzt stellt keine gewerbliche Tätigkeit dar. Vielmehr handelt es sich um eine freiberufliche Tätigkeit, da sie eng mit der Impfung, einer originären ärztlichen Tätigkeit, verbunden ist.
  • Dies gilt auch dann, wenn die Impfung nicht vom Arzt selbst ausgeführt worden ist, sondern von einem anderen Arzt oder einem Impfzentrum.

Hinweise: Würde die Ausstellung digitaler Impfzertifikate zu gewerblichen Einkünften führen, müssten ärztliche Gemeinschaftspraxen diese Tätigkeit durch eine gesonderte Gesellschaft ausführen, um eine sog. Infektion ihrer freiberuflichen Einkünfte zu vermeiden. Es wäre dann nur der Gewinn, der von der gesonderten Gesellschaft durch Ausstellung der Impfzertifikate erzielt worden ist, gewerbesteuerpflichtig.

Bei freiberuflich tätigen Einzelunternehmern gibt es nach dem Gesetz keine Infektion ihrer freiberuflichen Einkünfte, wenn sie zusätzlich auch gewerbliche Einkünfte erzielen und die freiberufliche Tätigkeit von der gewerblichen Tätigkeit trennen.

Zu erwähnen ist noch eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M., nach der auch die Durchführung von Corona-Tests durch Ärzte nicht zu gewerblichen Einkünften führt, auch wenn sich der Arzt der Mithilfe von Arzthelferinnen bedient, sofern der Arzt leitend und eigenverantwortlich tätig ist. Damit droht auch insoweit keine „Infektion“ der freiberuflichen Einkünfte und Gewerbesteuerpflicht.

BMF, FAQ „Corona“ Steuern, Stand 31.1.2022; OFD Frankfurt a.M. v, 26.10.2021 – S 2245 A – 018 – St 214; NWB

Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Beginn der Grundstücksverwaltung im Laufe des Erhebungszeitraums

Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer für Grundstücksverwaltungsgesellschaften ist nicht zu gewähren, wenn die Gesellschaft neu gegründet wird und mit der Grundstücksverwaltung erst Monate nach ihrer Eintragung im Handelsregister beginnt. Sie ist dann im Erhebungszeitraum nicht ausschließlich grundstücksverwaltend tätig.

Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Das Unternehmen darf dann aber grundsätzlich keine weiteren Tätigkeiten ausüben; ausgenommen ist u.a. die Verwaltung eigenen Kapitalvermögens, die neben der Grundstücksverwaltung erfolgt.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH, die Anfang 2014 im Handelsregister eingetragen wurde. Ihr Unternehmensgegenstand war die Grundstücksverwaltung. Sie erwarb im Laufe des Jahres 2014 mehrere Grundstücke und vermietete diese. Aus der Vermietung erzielte sie einen Gewinn von ca. 68.000 € und beantragte hierfür die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab, weil die Klägerin nicht im gesamten Erhebungszeitraum grundstücksverwaltend tätig gewesen sei.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer setzt voraus, dass das Unternehmen ausschließlich grundstücksverwaltend tätig ist. Ausgenommen ist u.a. nur die Verwaltung eigenen Kapitalvermögens, sofern sie neben der Grundstücksverwaltung erfolgt. Hingegen ist die Verwaltung eigenen Kapitalvermögens schädlich, wenn sie vor Beginn oder nach dem Ende der Grundstücksverwaltung erfolgt.
  • Die Klägerin musste also während des gesamten Erhebungszeitraums grundstücksverwaltend tätig sein. Ihr Erhebungszeitraum begann Anfang 2014 mit dem Beginn ihrer Eintragung im Handelsregister. Mit der Grundstücksverwaltung begann sie jedoch erst im Laufe des Jahres 2014, nachdem sie die Grundstücke erworben hatte. Folglich war sie im Zeitraum zwischen ihre Registereintragung und dem Erwerb der Grundstücke nicht grundstücksverwaltend tätig.
  • Zwar wird auch ohne Antrag statt der erweiterten Kürzung eine (einfache) Kürzung in Höhe von 1,2 % des Einheitswerts der zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke gewährt, wobei es auf den Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts vor dem Ende des Erhebungszeitraums ankommt. Auch diese (einfache) Kürzung war aber nicht zu gewähren; denn die Klägerin wurde erst im Jahr 2014 gegründet, so dass es noch keine Einheitswerte zum 1.1.2014 gab.

Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass die erweiterte Kürzung nicht zeitanteilig gewährt werden kann. Grundstücksverwaltungsgesellschaften müssen also darauf achten, dass sie von Beginn an grundstücksverwaltend tätig sind oder jedenfalls erst im folgenden Erhebungszeitraum Gewinne erzielen.

Entsprechendes gilt für den Verkauf des letzten Grundstücks. Erfolgt dieser im Laufe des Erhebungszeitraums und erzielt die Gesellschaft danach bis zum Ende des Erhebungszeitraums nur noch Einkünfte aus der Verwaltung des Verkaufserlöses, wird die erweiterte Kürzung für den gesamten Erhebungszeitraum nicht gewährt. Hier empfiehlt es sich, den Nutzen- und Lastenwechsel auf den 31.12. des Erhebungszeitraums, 24.00 Uhr, vorzunehmen; der BFH erkennt auch 23.59 Uhr statt 24 Uhr an.

BFH, Beschluss v. 27.10.2021 – III R 7/19 – nv, NWB

Corona-Wirtschaftshilfen bis Ende Juni 2022 verlängert

Der Bund und die Länder haben sich am 16.2.2022 darauf verständigt, die Corona-Wirtschaftshilfen als Absicherungsinstrument bis Ende Juni 2022 zu verlängern.

Danach werden die Programmbedingungen der Überbrückungshilfe IV fortgesetzt. Die ergänzenden Programme der Neustarthilfe für Soloselbständige und Härtefallhilfen werden parallel zur Überbrückungshilfe IV verlängert. Bund und Länder haben sich zudem dazu bekannt, dass sie alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den kriminellen Missbrauch der Wirtschaftshilfen zu verhindern, damit sichergestellt ist, dass die Hilfen dort ankommen, wo sie benötigt werden.

Die Förderbedingungen im Einzelnen:

  • Die verlängerte Überbrückungshilfe IV wird unverändert fortgesetzt bis Ende Juni 2022.

    Grundlegende Antragsvoraussetzung ist weiterhin ein Corona-bedingter Umsatzrückgang von 30 Prozent im Vergleich zum Referenzzeitraum 2019. Der maximale Fördersatz der förderfähigen Fixkosten beträgt 90 Prozent bei einem Umsatzrückgang von über 70 Prozent. Auch die umfassenden förderfähigen Fixkosten bleiben unverändert. So können weiterhin die Kosten für Miete, Pacht, Zinsaufwendungen für Kredite, Ausgaben für Instandhaltung, Versicherungen usw. geltend gemacht werden.

  • Für Soloselbständige steht auch weiterhin die Neustarthilfe zur Verfügung. Je nach Höhe des coronabedingten Umsatzausfalls stehen über die „Neustarthilfe 2022 Zweites Quartal“ bis zu 1.500 € pro Monat zur Verfügung, also bis zu 4.500 € für den verlängerten Förderzeitraum April bis Juni 2022.

    Die „Neustarthilfe 2022 Zweites Quartal“ richtet sich weiterhin an die Betroffenen, die coronabedingte Umsatzeinbußen verzeichnen, aber aufgrund geringer Fixkosten kaum von der Überbrückungshilfe IV profitieren. Wie bisher können neben Soloselbstständigen (mit oder ohne Personengesellschaften) auch kurz befristet Beschäftigte in den Darstellenden Künsten, unständig Beschäftigte aller Branchen sowie Kapitalgesellschaften und Genossenschaften antragsberechtigt sein. Auch die „Neustarthilfe 2022 Zweites Quartal“ wird als Vorschuss ausgezahlt und muss je nach Umsatzentwicklung im Förderzeitraum anteilig zurückgezahlt werden. Sie wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet.

Hinweis: Die FAQ zur Überbrückungshilfe IV und „Neustarthilfe 2022“ werden nach Angaben des Bundesfinanzministeriums zeitnah überarbeitet. Nach Anpassung des Programms kann die Antragstellung über die bekannte Plattform ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de erfolgen.

Bundesfinanzministerium, Pressemitteilung v. 16.2.2022; NWB

Verkauf einer niederländischen Beteiligung nach Umzug nach Deutschland

Zieht der Gesellschafter einer niederländischen Kapitalgesellschaft von den Niederlanden nach Deutschland um und verkauft er hier seine Beteiligung, so wird der Veräußerungsgewinn nur dann um die in den Niederlanden bis zum Umzug entstandene Wertsteigerung gekürzt, wenn die Niederlande die bis zum Umzug entstandene Wertsteigerung auch tatsächlich besteuern. Wird in den Niederlanden die dortige Besteuerung versäumt, ist der gesamte Veräußerungsgewinn in Deutschland zu besteuern.

Hintergrund: Der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist in Deutschland steuerpflichtig und wird, wenn die Beteiligung mindestens 1 % betrug, als gewerbliche Einkünfte behandelt, die zu einem Anteil von 60 % steuerpflichtig sind (sog. Teileinkünfteverfahren). Ist der Veräußerer während des Bestehens seiner Beteiligung nach Deutschland gezogen und dadurch unbeschränkt steuerpflichtig geworden, kann er nachweisen, dass die vor seinem Umzug im Ausland entstandene Wertsteigerung im Ausland einer sog. Wegzugsbesteuerung unterlegen hat. In diesem Fall wird die im Ausland entstandene Wertsteigerung in Deutschland als Anschaffungskosten behandelt und damit nicht besteuert; in Deutschland zu versteuern ist dann nur noch die in Deutschland entstandene Wertsteigerung.

Sachverhalt: Der Kläger lebte bis Anfang 2006 in den Niederlanden und war dort auch steuerpflichtig. Er war seit 1998 alleiniger Gesellschafter einer niederländischen Kapitalgesellschaft (B.V.). Nach seinem Umzug nach Deutschland Anfang 2006 verkaufte er die Beteiligung am 4.5.2016 für einen Preis von ca. 1,4 Mio. €; bei seinem Umzug nach Deutschland belief sich der Wert der Beteiligung auf 1,1 Mio. €. Zwar gibt es in den Niederlanden eine sog. Wegzugsbesteuerung, die bei einem Wegzug aus der dortigen Steuerpflicht greift; im Streitfall hatte das niederländische Finanzamt aber die Wegzugbesteuerung versäumt, bestätigte dem Kläger dies sogar und teilte ihm mit, dass der Wert der Beteiligung im Zeitpunkt des Wegzugs 1,1 Mio. € betragen habe. Das deutsche Finanzamt besteuerte den gesamten Gewinn von 1,3 Mio. € (1,4 Mio. € Erlös abzüglich Anschaffungskosten von 100.000 €) nach dem Teileinkünfteverfahren mit einem Anteil von 60 %. Der Kläger war der Auffassung, dass die in den Niederlanden entstandene Wertsteigerung von 1,1 Mio. € in Deutschland nicht besteuert werden dürfe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Kläger hat in Deutschland aus dem Verkauf seiner Beteiligung an der B.V. einen Gewinn von 1,3 Mio. € erzielt, der mit einem Anteil von 60 % in Deutschland steuerpflichtig ist.
  • Zwar könnte der Gewinn um die in den Niederlanden entstandene Wertsteigerung gemindert werden, indem der Wert der Beteiligung im Zeitpunkt des Umzugs in Höhe von 1,1 Mio. als Anschaffungskosten berücksichtigt wird. Die Niederlande haben eine entsprechende Wegzugsbesteuerung, die zur Minderung des Veräußerungsgewinns in Deutschland führen könnte.
  • Jedoch hat die in den Niederlanden entstandene Wertsteigerung in den Niederlanden nicht einer Steuer „unterlegen“, wie es das Gesetz verlangt. Denn die Niederlande haben weder eine Steuer berechnet noch festgesetzt. Es genügt nicht, dass sie den Wert der Beteiligung in einem Schreiben lediglich informatorisch festgehalten haben.

Hinweise: Der BFH weist darauf hin, dass seine Entscheidung mit dem Doppelbesteuerungsabkommen, das zwischen Deutschland und den Niederlanden geschlossen worden ist, im Einklang steht. Denn nach dem Doppelbesteuerungsabkommen steht Deutschland das Recht zur Besteuerung des Veräußerungsgewinns zu, wenn die Niederlande als bisheriger Ansässigkeitsstaat von ihrem Recht zur Besteuerung des dort entstandenen Wertzuwachses keinen Gebrauch gemacht haben.

Hätte der Kläger Erfolg gehabt, wäre der ganz überwiegende Teil des Veräußerungsgewinns weder in Deutschland noch in den Niederlanden besteuert worden.

BFH, Urteil vom 26.10.2021 – IX R 13/20; NWB