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Erbschaftsteuer bei Erwerb durch Nachvermächtnisnehmer

Vermacht der Erblasser sein Grundstück seinem Neffen mit der Maßgabe, dass der Neffe das Grundstück erst nach dem Tod der Ehefrau des Erblassers verlangen kann und dass im Fall des vorherigen Todes des Neffen dessen Kinder als sog. zweitberufene Vermächtnisnehmer das Vermächtnis erhalten sollen, erwerben die Kinder des Neffen im Fall des Todes des Neffen (ihres Vaters) und des anschließenden Todes der Ehefrau des Erblassers das Vermächtnis von der Ehefrau des Erblassers, d.h. von der beschwerten Erbin, nicht aber von ihrem Vater. Damit kommt es im Hinblick auf die anzuwendende Steuerklasse auf das Verwandtschaftsverhältnis der Kinder des Neffen zur Ehefrau des Erblassers an und nicht auf das Verwandtschaftsverhältnis zu ihrem Vater.

Hintergrund: Die Höhe der Erbschaftsteuer richtet sich u.a. auch nach der Steuerklasse, für die das Verwandtschaftsverhältnis maßgeblich ist. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen war, desto günstiger ist die Steuerklasse.

Sachverhalt: Der Erblasser E war 1957 verstorben und hinterließ eine Ehefrau (F), die ihn beerbte. E hatte jedoch in einem Vermächtnis sein Grundstück seinem Neffen (N) vermacht, der es erst nach dem Tod der F erhalten sollte. Für den Fall, dass N vor der F versterben sollte, sollten die Kinder des N das Grundstück als sog. Nachvermächtnisnehmer erhalten. Tatsächlich verstarb zunächst N, und zwar im Jahr 2011, und wurde durch seine Kinder (K1 und K2) beerbt. Im Jahr 2012 verstarb die F, so dass das Grundstück auf K1 und K2 zu je ½ übertragen wurde. Das Finanzamt setzte gegen K1 und K2 Erbschaftsteuer fest und wandte die ungünstige Steuerklasse III an, weil es das Verwandtschaftsverhältnis zwischen K1 und K2 einerseits und F andererseits zugrunde legte und nicht das Verwandtschaftsverhältnis zwischen K1 und K2 und ihrem Vater N. Hiergegen klagte K1.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • K1 hat ebenso wie sein Bruder K2 das Vermächtnis von F erworben. Denn er erwarb das Vermächtnis infolge des Todes der F.
  • Nach dem Gesetz steht ein Vermächtnis, das erst beim Tod des Vermächtnisbeschwerten fällig ist (hier: beim Tod der F), einer sog. Nacherbschaft gleich. Damit werden K1 und K2 wie Nacherben behandelt und F wie eine Vorerbin. Erbschaftsteuerlich hat dies zur Folge, dass der Nacherbe vom Vorerben erbt, also K1 (und K2) von F.
  • N hatte hingegen nie ein Vermächtnis erworben und konnte es daher auch nicht an seine Kinder K1 und K2 vererben. Denn als E starb, war das Vermächtnis noch nicht fällig, weil es an das Ableben der F geknüpft war. Und als N starb, lebte F noch, so dass das Vermächtnis immer noch nicht fällig war. Das Vermächtnis wurde erst mit dem Tod der F fällig, und zu diesem Zeitpunkt lebte N nicht mehr.

Hinweise: Zwar kann der Nacherbe den Antrag stellen, dass nicht sein Verwandtschaftsverhältnis zum Vorerben zugrunde gelegt wird, sondern sein Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser. Dies wirkte sich im Streitfall jedoch nicht aus, da sowohl das Verwandtschaftsverhältnis zu E (Großonkel) als auch das zu F (Großtante) von der Steuerklasse III erfasst wird. Eine Antragsmöglichkeit, dass das Verwandtschaftsverhältnis des K1 zu seinem Vater N zugrunde gelegt wird, so dass die Steuerklasse I greift, sieht das Gesetz nicht vor.

BFH, Urteil v. 31.8.2021 – II R 2/20; NWB

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