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Keine Steuerermäßigung für Anzahlungen auf Handwerkerleistungen

Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen wird nicht für freiwillig geleistete Vorauszahlungen des Steuerpflichtigen auf die noch nicht erbrachte Handwerkerarbeit gewährt. Denn zum einen muss eine Rechnung vorliegen, zum anderen müssen auch Handwerkerleistungen erbracht worden sein.

Hintergrund: Nimmt der Steuerpflichtige Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen in seinem Haushalt in Anspruch, wird eine Steuerermäßigung von 20 %, maximal 1.200 €, gewährt. Aufwendungen für das Material sind nicht begünstigt, sondern nur der Lohnanteil. Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen setzt voraus, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten und er auf das Konto des Handwerkers gezahlt hat. Barzahlungen sind nicht demnach nicht begünstigt.

Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute und planten, in ihrem selbstgenutzten Haus die Heizungsanlage auszutauschen sowie eine Sanitäranlage zu erwerben. Sie erhielten hierüber von zwei Fachfirmen Kostenvoranschläge im Jahr 2022 über ca. 15.000 € brutto (Lohnanteil ca. 1.600 €) sowie über ca. 28.000 € brutto (Lohnanteil ca. 6.200 €). Die Kläger nahmen die Angebote an und schlugen den beiden Firmen vor, einen Teil der Lohnkosten bereits im Jahr 2022 in Rechnung zu stellen; die eigentlichen Handwerkerarbeiten sollten erst 2023 durchgeführt werden. Die Firmen reagierten auf den Vorschlag nicht. Dennoch überwiesen die Kläger im Jahr 2022 an beide Firmen insgesamt ca. 5.200 € als Anzahlung auf den jeweiligen Lohnkostenanteil. Im Jahr 2023 wurden die Arbeiten durchgeführt und Rechnungen an die Kläger ausgestellt, in denen ihre Anzahlungen aus dem Jahr 2022 abgezogen wurden. Die Kläger machten für ihre Anzahlungen in der Einkommensteuererklärung 2022 eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 % geltend, die das Finanzamt nicht gewährte.

Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Steuerermäßigung ist nicht zu gewähren, da im Jahr 2022 keine Rechnungen vorlagen, sondern nur Kostenvoranschläge. Erst im Jahr 2023 erhielten die Kläger Rechnungen.
  • Außerdem haben die Kläger im Streitjahr 2022 keine Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen getragen. Denn Handwerkerleistungen wurden erst im Jahr 2023 erbracht. Zwar kommt es für die Steuerermäßigung auf die Zahlung an; damit ist aber die Zahlung nach Erbringung der Handwerkerleistungen gemeint.
  • Schließlich widerspricht es auch dem Gesetzeszweck, die Gewährung der Steuerermäßigung in das Belieben des Steuerpflichtigen zu stellen, der durch eine freiwillige Vorauszahlung die Steuerermäßigung zeitlich vorziehen könnte. Erst recht kann der Steuerpflichtige nicht bestimmen, dass seine Vorauszahlung nur die – steuerlich begünstigten – Arbeitskosten betrifft.

Hinweise: Das FG hält Konstellationen für möglich, in denen Vorauszahlungen bzw. Anzahlungen vor der Erbringung der Leistung marktüblich oder aus sonstigen Gründen sachlich begründet sind. Dies setzt allerdings voraus, dass die Anzahlung vom Handwerksbetrieb angefordert wird. Eine Anzahlung des Steuerpflichtigen „ins Blaue hinein“ ist – wie im Streitfall – nicht begünstigt.

Die Kläger hatten bei ihrem Anschreiben an die beiden Firmen im Jahr 2022 mitgeteilt, dass sie die anfallenden Lohnkosten steuerlich geltend machen wollten. Einen sachlichen, d.h. wirtschaftlichen Grund für die Anzahlungen gab es also nicht.

Quelle: FG Düsseldorf, Urteil vom 18.7.2024 – 14 K 1966/23 E; NWB

Erbschaftsteuerliche Begünstigung nach Teilung des Nachlasses unter den Miterben

Teilen die Miterben den Nachlass dergestalt auf, dass einer der Miterben erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen erhält und der andere Miterbe nicht begünstigtes Vermögen bekommt, kann der Miterbe, der begünstigtes Vermögen erhält, die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen wie z.B. Freibeträge in Anspruch nehmen. Erforderlich ist, dass die Übertragung der begünstigten Vermögenswerte im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Dies setzt nicht zwingend eine Teilung des Nachlasses innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall voraus.

Hintergrund: Erbschaftsteuerlich sind bestimmte Arten des Vermögens begünstigt, so dass z.B. Freibeträge oder Steuerbefreiungen gewährt werden. So ist etwa das vererbte Familienheim steuerfrei, wenn der Erbe es unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt, oder das Betriebsvermögen zu 85 % steuerfrei.

Das Gesetz lässt bei mehreren Erben (Miterben) einen sog. Begünstigungstransfer zu. Mehrere Miterben können den Nachlass so teilen, dass einer der Miterben begünstigtes Vermögen erhält, während der andere Miterbe nicht begünstigtes Vermögen erhält. Dem zuerst genannten Miterben, der begünstigtes Vermögen erbt, stehen dann auch die steuerlichen Vergünstigungen zu.

Sachverhalt: Der Kläger und sein Bruder erbten im Dezember 2015 den Nachlass ihrer kurz hintereinander verstorbenen Eltern jeweils zur Hälfte. Zum Nachlass gehörten u.a. ein Familienheim, mehrere Mietimmobilien und verschiedene Beteiligungen an unternehmerisch tätigen Gesellschaften.

Im Februar 2018 übertrugen der Kläger und sein Bruder untereinander mehrere Grundstücke, so dass der Kläger fast alle Grundstücke erhielt. Der Kläger erhielt zudem die hälftige Beteiligung an einer KG sowie die weiteren Gesellschaftsbeteiligungen. Der Kläger beantragte beim Finanzamt, die bisherige Erbschaftsteuerfestsetzung zu seinen Gunsten zu ändern, indem die steuerlichen Vergünstigungen auf Grundlage der Nachlassteilung vom Februar 2018 berücksichtigt werden sollten. Das Finanzamt lehnte dies ab, weil die Teilung nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt war.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Dem Kläger standen die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für die Nachlassgegenstände zu, die er aufgrund der Teilung des Nachlasses im Februar 2018 erhalten hatte.
  • Die Übertragung der begünstigten Grundstücke und Gesellschaftsbeteiligungen auf den Kläger ist nämlich im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt, da der Bruder nicht begünstigtes Vermögen im Gegenzug erhalten hat.
  • Eine Frist für die Teilung des Nachlasses sieht das Gesetz nicht vor. Für die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, dass die Teilung innerhalb von sechs Monaten erfolgen müsse, gibt es keine Rechtsgrundlage. Vielmehr genügt ein innerer Zusammenhang zum Erbfall. Der zeitliche Abstand zum Erbfall bildet nur ein Indiz. Je nach Umfang des Nachlasses und nach den Schwierigkeiten bei der Bewertung des Nachlasses kann auch bei einem über sechs Monate hinausgehenden Zeitraum noch von einer Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses gesprochen werden.
  • Im Streitfall ließ sich die Dauer der Teilung damit erklären, dass beide Eltern plötzlich gestorben waren und daher eine Vielzahl steuerrechtlicher und bewertungsrechtlicher Fragen beantwortet werden mussten. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung des Vermögens auf den Kläger auf einem neuen Entschluss der beiden Brüder beruhte.

Hinweise: Der Kläger erhielt somit die Vergünstigungen für das Betriebsvermögen (85 % Steuerbefreiung), für die vermieteten Grundstücke (10 % Steuerbefreiung) sowie für das selbstgenutzte Familienheim (100 % Steuerbefreiung). Für die Steuerbefreiung für das Familienheim ist Voraussetzung, dass der Erbe beabsichtigt, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, und dass er diese Absicht auch tatsächlich umgehend umsetzt; dies muss nach der Rechtsprechung des BFH in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall geschehen. Bei einem Begünstigungstransfer wie im Streitfall ist außerdem erforderlich, dass die anderen Miterben (hier also der Bruder des Klägers) selbst keinen Selbstnutzungswillen haben und das Familienheim auch nicht selbst nutzen.

Im Ergebnis wird der Kläger aufgrund des Begünstigungstransfers so gestellt, als habe er von Anfang an begünstigtes Vermögen erhalten.

Quelle: BFH, Urteil vom 15.4.2024 – II R 12/21; NWB

Finanzverwaltung veröffentlicht Kurzinfo zu Influencern

Die Finanzverwaltung des Landes Schleswig-Holsteins hat in einer sog. Kurzinformation zu Einzelfragen der ertragsteuerlichen Behandlung von Influencern, die auf soziale Plattformen (wie z.B. YouTube, Instagram, TikTok oder twitch) tätig sind, Stellung genommen.

Hintergrund: Unter „Influencern“ versteht man Personen, die im Internet Produkte oder Dienstleistungen vorstellen und hierdurch Einnahmen erzielen. Diese Einnahmen können durch sog. Affiliate-Links erzielt werden, auf die die Interessenten klicken, um derartige oder vergleichbare Produkte oder Dienstleistungen zu bestellen. Ferner können sich Einnahmen aus der Werbung, die während der Beiträge geschaltet wird, ergeben. Und schließlich erhalten die „Influencer“ häufig auch Produkte oder Dienstleistungen kostenlos zur Verfügung gestellt.

Wesentlicher Inhalt der Kurzinformation:

  • Grundsätzlich erzielt ein sog. Influencer gewerbliche Einkünfte.

    Hinweis: Anders ist dies, wenn ein Freiberufler wie z.B. ein Anwalt in einem Internetbeitrag über Verbraucher- oder Mieterrechte informiert. Eine selbständige Tätigkeit, die keine Gewerbesteuer auslöst, kann bei einer objektiven Berichterstattung, z.B. über eine Reise, zu bejahen sein; allerdings dürfen dann vom Auftraggeber keine Reise- oder Übernachtungskosten übernommen worden sein.

  • Zu den Einnahmen gehören die kostenlos zur Verfügung gestellten Produkte, z.B. Kosmetik, soweit der sog. Influencer das Produkt behalten darf; hier ist der gemeine Wert (Verkehrswert) anzusetzen. Soweit er das Produkt aufbraucht, steht der Einnahme ein gleich hoher Aufwand gegenüber, so dass sich insoweit kein Gewinn ergibt.

    Hinweis: Betriebseinnahmen liegen auch dann vor, wenn der Influencer die ihm überlassenen Produkte an seine Follower im Rahmen eines Preisausschreibens weitergibt.

  • Aufwendungen für Ernährung, Kleidung und Gesunderhaltung sind grundsätzlich nicht absetzbar, weil sie zur privaten Lebensführung gehören. Ein anteiliger Abzug ist wegen des Fehlens eines sachgerechten Aufteilungsmaßstabs in der Regel ebenfalls nicht möglich.

    Hinweis: Anders ist dies bei Aufwendungen für typische Berufskleidung, die nicht privat getragen werden kann.

  • Reisekosten sind absetzbar, wenn sie betrieblich veranlasst sind, z.B. der Besuch eines Kunden oder einer Messe.

    Hinweis: Bei einer gemischt veranlassten Reise, die also sowohl betrieblich als auch privat veranlasst ist, kann der betrieblich veranlasste Teil der Reisekosten als Betriebsausgaben abgesetzt werden, soweit dieser Anteil anhand objektiver Kriterien wie z.B. anhand des Zeitanteils ermittelt werden kann.

  • Ein sog. Influencer-Profil stellt grundsätzlich kein Wirtschaftsgut dar, das in den Betrieb eingelegt werden könnte.

    Hinweis: Sollte es doch einen kommerzialisierbaren Teil eines Namensrechts geben, können für die Bewertung die Reichweite (Anzahl der sog. Follower) und die Zusammensetzung des Gewinns (Einnahmen durch sog. Affiliate-Links, Werbung, eigene Produkte) herangezogen werden. Als Nutzungsdauer wird ein Zeitraum von 10 Jahren akzeptiert.

Quelle: Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein, Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2024/9 vom 2.7.2024 – VI 3010 – S 2240 – 190

Verspätungszuschlag bei Steuerbescheid mit Steuererstattung

Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung ist grundsätzlich die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vorgesehen. Ergibt sich aus dem Steuerbescheid aber eine Erstattung, so steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts. Bei der Ermessensausübung sind neben dem Verschulden des Steuerpflichtigen auch weitere Kriterien wie z.B. die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung zu berücksichtigen.

Hintergrund: Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung droht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags. Der Gesetzgeber sieht in bestimmten Fällen zwingend die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vor, in anderen Fällen steht die Festsetzung im Ermessen des Finanzamts, z.B. im Fall einer Steuererstattung.

Sachverhalt: Die durch einen Steuerberater vertretenen Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärung für 2020 erst am 29.3.2023 ab, obwohl die Abgabefrist am 31.8.2022 geendet hatte. Der Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 24.5.2023 führte zu einer Erstattung in Höhe von ca. 9.000 €. Das Finanzamt setzte einen Verspätungszuschlag in Höhe von 175 € fest und begründete dies damit, dass für jeden der sieben Monate Verspätung der Mindestzuschlag von 25 € pro Monat zugrunde gelegt worden sei, also insgesamt 175 €. Die Kläger hätten die Abgabe der Steuererklärung verschuldet. Die Kläger wandten sich gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags.

Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Zwar lagen die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vor. Die Kläger hatten die Steuererklärung für 2020, zu deren Abgabe sie verpflichtet waren, sieben Monate verspätet abgegeben.
  • Die Verspätung war nicht entschuldbar. Die Kläger haben ihren Steuerberater erstmals zum 9.3.2023 beauftragt; zu diesem Zeitpunkt war die Abgabefrist, die am 31.8.2022 geendet hatte, längst abgelaufen. Eine etwaige Arbeitsüberlastung des Steuerberaters im Zeitraum bis zum 9.3.2023 kann damit nicht ursächlich für die Verspätung gewesen sein, da er bis zu diesem Zeitpunkt nicht beauftragt worden war.
  • Das Finanzamt hat jedoch sein Ermessen, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen), fehlerhaft ausgeübt. Da sich aus dem Steuerbescheid für 2020 eine Erstattung ergab, stand die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts. Bei seiner Ermessensausübung muss das Finanzamt die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung, den Umstand einer Erstattung sowie das Verschulden berücksichtigen. Im Streitfall hat sich das Finanzamt allein auf die Verspätung und auf das Verschulden der Kläger gestützt. Es hat aber weder berücksichtigt, dass die Steuerfestsetzung zu einer Erstattung geführt hat, noch hat es die Dauer und Häufigkeit der aktuellen Fristüberschreitung sowie der bisherigen Fristüberschreitungen in seine Erwägungen einbezogen.

Hinweis: Ein Verspätungszuschlag wird vermieden, wenn eine Fristverlängerung beantragt und gewährt wird. Die Fristverlängerung wird allerdings nicht gewährt, wenn den Steuerpflichtigen oder seinen Steuerberater ein Verschulden an der Verspätung trifft. So gilt Arbeitsüberlastung nach Auffassung der Finanzverwaltung als Verschulden.

Fristen können auch rückwirkend verlängert werden. Allerdings setzt dies ebenfalls fehlendes Verschulden voraus.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 14.6.2024 – 4 K 2351/23; Revision zugelassen, jedoch nicht eingelegt; NWB

Verzicht auf Darlehensforderung bei Abschluss des Darlehensvertrags vor 2009

Der sich aus einem Verzicht auf eine zum Privatvermögen gehörende Darlehensforderung ergebende Verlust ist steuerlich nicht absetzbar, wenn der Darlehensvertrag vor dem 1.1.2009 zustande gekommen ist. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens an.

Hintergrund: Verluste aus dem Verkauf oder aus dem Ausfall einer Darlehensforderung, die zum Privatvermögen gehört, sind steuerlich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen absetzbar. Hierzu gehört auch der Verlust, der sich aus einem Verzicht auf die Darlehensforderung ergibt. Nach dem Gesetz setzt die Berücksichtigung entsprechender Verluste aber voraus, dass die Forderung nach dem angeschafft oder begründet worden ist.

Streitfall: Die Klägerin als Darlehensgeberin schloss mit der Q-Limited am 1.1.2008 einen Darlehensvertrag über einen Höchstbetrag von 150.000 € ab. Die Q-Limited sollte das Darlehen jederzeit abrufen können. Die einzelnen Zahlungsbewegungen und -zeitpunkte zwischen der Klägerin und der Q-Limited stehen nicht fest. Die Darlehensforderung belief sich am 31.12.2018 auf ca. 112.000 € und gehörte zum Privatvermögen der Klägerin. Am 31.12.2018 verzichtete die Klägerin auf die Darlehensforderung und machte den sich hieraus ergebenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust steuerlich nicht an, weil es davon ausging, dass die Darlehensforderung bereits am 1.1.2008 und damit vor dem 1.1.2009 begründet worden sei.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die steuerliche Berücksichtigung von Darlehensverlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen setzt nach dem Gesetz voraus, dass die Darlehensforderung nach dem 31.12.2008 angeschafft oder begründet worden ist.
  • Eine Darlehensforderung wird begründet, wenn der Darlehensvertrag wirksam zustande kommt. Bei einer Darlehensforderung handelt es sich nämlich um einen vertraglich begründeten Anspruch, so dass es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags ankommt. Mit dem Abschluss des Darlehensvertrags erwirbt der Darlehensgeber auch den Rückzahlungsanspruch.
  • Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens an. Denn dann wäre eine einfache und rechtssichere Anwendung des Gesetzes nicht möglich, weil in jedem Einzelfall ermittelt werden müsste, wann die vereinbarte Darlehenssumme ausgezahlt worden ist.
  • Im Streitfall ist der Darlehensvertrag am 1.1.2008 und damit vor dem 1.1.2009 zustande gekommen, so dass ein Darlehensverlust steuerlich nicht berücksichtigt werden kann. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Q-Limited das Darlehen zwischenzeitlich vollständig getilgt habe und die Klägerin anschließend erneut Geld an die Q-Limited ausgezahlt habe, so dass ein neuer Darlehensvertrag zustande gekommen sei – und zwar nach dem 31.12.2008 – ist dem nicht zu folgen, weil der Darlehensvertrag durch eine vollständige Rückzahlung nicht erloschen wäre; vielmehr hätte die Q-Limited dasselbe Darlehen nach zwischenzeitlicher Tilgung erneut in Anspruch genommen.

Hinweis: Der Darlehensverlust wäre hingegen steuerlich absetzbar gewesen, wenn die Darlehensforderung zum Betriebsvermögen der Klägerin gehört hätte.

Der BFH hat die Annahme eines Kontokorrentkontos, bei dem die einzelnen Ein- und Auszahlungen miteinander verrechnet werden und am Ende des vereinbarten Zeitraums (z.B. Quartals) ein Saldo festgestellt wird, abgelehnt. Es fehlte nämlich bereits im Darlehensvertrag vom 1.1.2008 eine entsprechende Vereinbarung; außerdem war nicht feststellbar, dass die Vertragspartner den Saldo des Kontos tatsächlich festgestellt haben. Hätte es sich bei der Darlehensvereinbarung um ein Kontokorrent gehandelt, wäre der Streitfall wegen der zwischenzeitlichen Tilgung des Darlehens möglicherweise anders entschieden worden.

Quelle: BFH, Urteil vom 18.6.2024 – VIII R 25/23; NWB