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Verfahrensrecht – Steuerliche Erleichterungen wegen gestiegener Energiekosten

Verfahrensrecht | Berücksichtigung der gestiegenen Energiekosten als Folge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine (BMF)

Das BMF hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ein Schreiben erlassen, nach dem die Finanzämter die ihnen gesetzlich zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume im Interesse der erheblich betroffenen Steuerpflichtigen nutzen sollen. Ohne strenge Nachweispflichten sollen im Einzelfall auf Antrag fällige Steuern gestundet, Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer angepasst werden sowie Vollstreckungsaufschub gewährt werden (BMF, Schreiben v. 5.10.2022 – IV A 3 – S 0336/22/10004 :001).

Danach gilt Folgendes:

  • In jedem Einzelfall ist unter Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, inwieweit ggf. die Voraussetzungen für eine steuerliche Billigkeitsmaßnahme vorliegen. Die Finanzämter schöpfen den ihnen hierbei zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum verantwortungsvoll aus.
  • Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind bei bis zum 31.3.2023 eingehenden Anträgenkeine strengen Anforderungen zu stellen.
  • Über Anträge auf Billigkeitsmaßnahmenoder Anpassung der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aktuellen Situation soll zeitnah entschieden werden. Auch eine rückwirkende Herabsetzung von Vorauszahlungen für das Jahr 2022 ist im Rahmen der Ermessensentscheidung möglich.
  • Auf die Erhebung von Stundungszinsenkann im Einzelfall aus Billigkeitsgründen verzichtet werden. Voraussetzung hierfür ist u.a., dass der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Pflichten, insbesondere seinen Zahlungspflichten, bisher pünktlich nachgekommen ist und er in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen und Vollstreckungsaufschübe in Anspruch genommen hat, wobei Billigkeitsmaßnahmen aufgrund der Corona-Krise nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. In diesen Fällen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen in der Regel in Betracht, wenn die Billigkeitsmaßnahme für einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gewährt wird.
  • Des Weiteren gelten die verlängerten Steuererklärungsfristen für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2024 (Artikel 97  36 Absatz 3 EGAO). Näheres hierzu ergibt sich aus dem BMF-Schreiben v. 23.6.2022,BStBl I S. 938, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 24.6.2022).

QuelleBMF, Schreiben v. 5.10.2022 – IV A 3 – S 0336/22/10004 :001, BMF online (il)

Fundstelle(n):
NWB LAAAJ-23430

Änderung eines Steuerbescheids wegen widerstreitender Steuerfestsetzung

Hat ein Einspruch des Steuerpflichtigen Erfolg, weil das Finanzamt einen Sachverhalt fehlerhaft beurteilt hat, kann das Finanzamt die steuerlich zutreffenden Folgen in einem anderen Bescheid, z.B. für ein anderes Jahr, ziehen und die Steuerfestsetzung zum Nachteil des Steuerpflichtigen ändern. Erfolgt diese nachteilige Änderung aber nicht nachträglich, sondern bereits vor der zugunsten vorgenommenen Änderung des fehlerhaften Bescheids, muss der fehlerhafte Bescheid bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung, die den nachteiligen Bescheid betrifft, geändert oder aufgehoben werden, und diese Einspruchsentscheidung muss innerhalb eines Jahres nach Aufhebung des fehlerhaften Bescheids ergehen, falls bereits die reguläre Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Hintergrund: Wird aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid erlassen, aber anschließend mit Erfolg angefochten, kann das Finanzamt aus dem Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt der widerstreitenden Steuerfestsetzung nachträglich die richtigen steuerlichen Folgen ziehen und einen entsprechenden Steuerbescheid zuungunsten des Steuerpflichtigen ändern oder erlassen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist für den zu ändernden Bescheid ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden.

Streitfall: Die Klägerin verkaufte im Jahr 2007 landwirtschaftlich genutzte Grundstücke und erklärte die Verkäufe nicht in ihrer Steuererklärung für 2007. Das Finanzamt erließ den Steuerbescheid für 2007 daher ohne Ansatz eines Veräußerungsgewinns. Die Steuererklärung für 2008 gab die Klägerin im Jahr 2009 ab. Nachdem das Finanzamt von den Grundstücksverkäufen erfahren hatte, änderte es den Steuerbescheid für 2007 und erfasste einen Veräußerungsgewinn. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und machte geltend, dass der Veräußerungsgewinn wegen eines abweichenden Wirtschaftsjahres je zur Hälfte im Jahr 2007 und im Jahr 2008 zu versteuern sei. Während des Einspruchsverfahrens gegen den Steuerbescheid 2007 änderte das Finanzamt zunächst den Steuerbescheid für 2008 am 15.9.2014 und setzte den Veräußerungsgewinn zur Hälfte an. Zwei Tage später, am 17.9.2014, änderte es den Steuerbescheid für 2007 zugunsten der Klägerin und setzte dort den Veräußerungsgewinn nur noch zur Hälfte an. Die Klägerin legte Einspruch auch gegen den Steuerbescheid für 2008 ein. Am 18.11.2016 wies das Finanzamt den Einspruch gegen den Steuerbescheid für 2007 und am 13.12.2016 den Einspruch gegen den Steuerbescheid für 2008 als unbegründet zurück.

Entscheidung: Der BFH verwies die Sache, die den Einkommensteuerbescheid 2008 betraf, an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:

  • Zwar kann das Finanzamt nachträglich aus der zugunsten des Steuerpflichtigen erfolgten Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgen in einem anderen Steuerbescheid ziehen und diesen zu Lasten des Steuerpflichtigen ändern. Im Streitfall ist aber keine nachträgliche Änderung des Bescheids für 2008 erfolgt, sondern der Bescheid für 2008 wurde bereits am 15.9.2014 und damit vor der zugunsten des Steuerpflichtigen erfolgten Änderung des Bescheids für 2007 (am 17.9.2014) geändert. Am 15.9.2014 lag somit noch kein Widerstreit vor, der zu einer Änderung berechtigt hätte.
  • Diese vorab erfolgte nachteilige Änderung des Bescheids für 2008 ist aber unschädlich, wenn der rechtswidrige Bescheid für 2007 zugunsten des Steuerpflichtigen geändert wird, bevor die Einspruchsentscheidung gegen den nachteiligen Bescheid für 2008 ergeht. Denn durch die Einspruchsentscheidung wird der angefochtene Bescheid für 2008 quasi aktualisiert. Im Streitfall war diese Voraussetzung gegeben; denn der Bescheid für 2007 wurde am 17.9.2014 und damit vor der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung für 2008 geändert, die am 13.12.2016 erfolgt ist.
  • Allerdings war die vierjährige Festsetzungsfrist für 2008 am 15.9.2014 bereits abgelaufen, da sie am 31.12.2013 geendet war (Abgabe der Steuererklärung für 2008 im Jahr 2009, so dass die vierjährige Frist am 1.1.2010 begann und am 31.12.2013 endete).
  • Deshalb greift die spezielle gesetzliche einjährige Ablaufhemmung in einem Fall der vorab erfolgten nachteiligen Änderung nur dann, wenn die Einspruchsentscheidung für den Bescheid der nachteiligen Steuerfestsetzung 2008 innerhalb der Jahresfrist erlassen wird, d. h. innerhalb eines Jahres nach Änderung des Steuerbescheids für 2007 am 17.9.2014. Dies war im Streitfall nicht zu bejahen, da die Einspruchsentscheidung erst am 13.12.2016 erlassen wurde und nicht bis zum 17.9.2015.
  • Denkbar ist aber, dass die Klägerin eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen hat, da sie den Veräußerungsgewinn gar nicht erklärt hat. In diesem Fall würde eine fünfjährige Festsetzungsfrist statt der vierjährigen Festsetzungsfrist gelten. Die Festsetzungsfrist für 2008 würde dann bis zum 31.12.2014 laufen, so dass die Änderung am 15.9.2014 rechtzeitig erfolgt wäre. Auf die Änderungsmöglichkeit wegen einer widerstreitenden Steuerfestsetzung käme es dann nicht an.

Hinweise: Der Fall betrifft die sog. widerstreitende Steuerfestsetzung. Das Verfahrensrecht will widersprüchliche (widerstreitende) Steuerfestsetzungen verhindern. Hat z.B. der Einspruch des Steuerpflichtigen gegen den Steuerbescheid 2020 mit der Begründung, die Einnahmen seien ihm bereits 2019 zugeflossen, Erfolg gehabt, soll das Finanzamt anschließend den Bescheid für 2019 zuungunsten des Steuerpflichtigen ändern können und die Einnahmen im Bescheid für 2019 erfassen; hierzu hat es selbst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung für 2019 noch ein Jahr Zeit. Der Steuerpflichtige soll auf diese Weise an seinem Vorbringen festgehalten werden können.

Quelle: BFH, Beschluss v. 12.5.2022 – VI R 20/19; NWB

Umsatzsteuersenkung auf Gas und Fernwärme sowie steuerfreie Inflationsausgleichsprämie beschlossen

Der Bundestag hat am 30.9.2022 eine Umsatzsteuersenkung auf Gas und Fernwärme sowie eine (lohn-)steuerfreie Inflationsausgleichsprämie beschlossen.

Das „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ sieht vor, die Umsatzsteuer auf die Lieferung von Gas zeitlich befristet von derzeit 19 Prozent auf sieben Prozent zu senken. Die Senkung betrifft den Zeitraum vom 1.10.2022 bis zum 31.3.2024 und soll auch für Fernwärme gelten. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Fernwärme wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ergänzt.

Ebenfalls im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt wurde eine Regelung zur Steuerfreiheit für Arbeitgeber-Zahlungen zum Ausgleich der Belastungen durch die Inflation in Höhe von 3.000 € bis Ende 2024 (sog. Inflationsausgleichsprämie).

Eckpunkte der Regelung sind u.a.:

  • Der Begünstigungszeitraum ist zeitlich befristet – vom Tag nach der Verkündung des Gesetzes bis zum 31.12.2024.
  • In diesem Zeitraum sind Zahlungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bis zu einem Betrag von 3.000 € steuer- und sozialversicherungsfrei möglich.
  • Gezahlt werden kann auch in mehreren Teilbeträgen.
  • An den Zusammenhang zwischen Prämie und Preissteigerung werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (z.B. durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.
  • Die Inflationsausgleichsprämie muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Jeder Arbeitgeber kann die Steuer- und Abgabenfreiheit für solche zusätzlichen Zahlungen nutzen.
  • Bei einkommensabhängigen Sozialleistungen soll die Inflationsausgleichsprämie nicht als Einkommen angerechnet werden.

Hinweis: Das Gesetz bedarf nun noch der Zustimmung des Bundesrates, von der nach derzeitigem Stand auszugehen ist.

Quelle: Bundestag sowie Bundesregierung online, NWB

Keine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bei Belastung des Gesellschafterverrechnungskontos

Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen setzt eine Zahlung auf das Bankkonto des Handwerkers voraus. Es genügt nicht, wenn die Handwerkerleistung von einer Gesellschaft erbracht worden ist, an der der Steuerpflichtige beteiligt ist, und das Gesellschafterverrechnungskonto des Steuerpflichtigen bei der Gesellschaft mit dem Rechnungsbetrag belastet wird.

Hintergrund: Für Handwerkerleistungen im Haushalt des Steuerpflichtigen gewährt der Gesetzgeber eine Steuerermäßigung von 20 %, maximal 1.200 €. Nach dem Gesetz ist allerdings erforderlich, dass der Steuerpflichtige eine Rechnung erhalten und dass er den Rechnungsbetrag auf das Konto des Handwerkers gezahlt hat.

Streitfall: Der Kläger war Dachdeckermeister und Gesellschafter der XY-GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb einer Dachdeckerei war. Die XY-GmbH führte am privaten Wohnhaus des Klägers eine Reparatur durch und stellte dem Kläger die Reparatur in Rechnung. Der Kläger beglich die Rechnung der XY-GmbH in der Weise, dass sein Gesellschafterverrechnungskonto bei der XY-GmbH belastet wurde. Das Finanzamt gewährte die Steuerermäßigung nicht.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen konnte nicht gewährt werden, weil der Kläger den Rechnungsbetrag nicht auf ein Bankkonto der XY-GmbH geleistet hat, sondern weil lediglich sein Gesellschafterverrechnungskonto bei der XY-GmbH belastet wurde.
  • Der Gesetzgeber verlangt eine Zahlung auf das Konto des Handwerkers, der die Handwerkerleistung erbracht hat. Damit ist ein Bankkonto der XY-GmbH gemeint.
  • Bei dem Gesellschafterverrechnungskonto handelt es sich jedoch um ein buchhalterisches Konto des Klägers bei der XY-GmbH, nicht aber um ein Bankkonto der XY-GmbH.

Hinweise: Der BFH folgt der Auffassung des Bundesfinanzministeriums, das ebenfalls verlangt, dass auf einem Bankkonto des Handwerkerbetriebs ein Zahlungseingang erfolgt, z.B. durch Überweisung oder durch einen Lastschrifteinzug.

Hinsichtlich der Rechnung genügte es, dass der Kläger diese auf Verlangen des Finanzamts vorlegen konnte. Es war nicht erforderlich, dass er die Rechnung unaufgefordert seiner Einkommensteuererklärung beifügte.

Die Steuerermäßigung von 20 % auf Handwerkerleistungen führt zu einer unmittelbaren Reduzierung der Einkommensteuer, wird also direkt von der Einkommensteuer abgezogen und mindert nicht nur die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer.

Quelle: BFH, Beschluss v. 9.6.2022 – VI R 23/20; NWB

Grundsteuererklärung für Privateigentum

Grundsteuererklärung für Privateigentum schnell, unkompliziert und kostenlos erstellen!

Mit einer vom Bundesfinanzministerium und der DigitalService GmbH des Bundes entwickelten App können Privateigentümer und Privateigentümerinnen von Ein- und Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen und unbebauten Grundstücken in einem vereinfachten elektronischen Verfahren mit meistens nur wenigen Angaben ihre Grundsteuererklärung bei der Finanzverwaltung einreichen. Ein Elster-Zertifikat wird für diesen Einreichungsweg nicht benötigt!

Die Internetseite des Bundesfinanzministeriums mit entsprechenden Hinweisen ist hier erreichbar: Abgabe der Grundsteuererklärung mit „Grundsteuererklärung für Privateigentum“.

Direkt zur App geht es mit folgendem Link: Grundsteuererklärung für Privateigentum.

27.09.2022 – Dipl.-Kfm. Frank Schnell – Steuerberater, Ahaus.