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Gesetzgeber plant steuerliche Entlastungen und Kindergelderhöhung

Der Gesetzgeber plant steuerliche Entlastungen beim Steuertarif sowie beim Kindergeld als Entlastung für die zurzeit hohe Inflation. Mit dem sog. Inflationsausgleichsgesetz soll u.a. die sog. kalte Progression, die bei inflationsbedingt steigenden Einkommen eintritt, abgemildert werden.

Hintergrund: Je höher das Einkommen ist, desto höher ist auch der Steuersatz. Der sog. Spitzensteuersatz beträgt in Deutschland 42 %, der Höchstsatz liegt bei 45 % (sog. Reichensteuer). Steigt das Einkommen lediglich inflationsbedingt, erhöht sich zwar nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, wohl aber der Steuersatz, so dass der Steuerzahler im Ergebnis weniger Kaufkraft hat. Diesen Effekt, der seit Jahren kritisiert wird, nennt man „kalte Progression“.

Wesentlicher Inhalt des Entwurfs:

  • Der Grundfreibetrag, der nicht besteuert wird, soll für 2023 von 10.347 € auf 10.632 € und für 2024 auf 10.932 € angehoben werden.
  • Der prozentuale Anstieg des Steuersatzes soll etwas abgemildert werden, so dass die höheren Steuersätze erst bei geringfügig höheren Einkommen anfangen. So soll z.B. der Beginn des Einkommensbereichs, in dem steigende Steuersätze greifen, für 2023 von 14.927 € auf 15.787 € und für 2024 auf 16.180 € verschoben werden. Der sog. Spitzensteuersatz soll im Veranlagungszeitraum 2023 erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 61.972 € (bislang 58.597 €) beginnen und für den Veranlagungszeitraum 2024 ab 63.515 €.

    Hinweis: Bei der sog. Reichensteuer soll sich nichts ändern. Der Steuersatz von 45 % soll wie bisher ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.826 € beginnen.

  • Unterhaltsleistungen an eine unterhaltsberechtigte Person können unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Der entsprechende Unterhaltsabzugshöchstbetrag soll rückwirkend ab 2022 an den jeweils gültigen Grundfreibetrag, d.h. an den Betrag, der nicht besteuert wird, angepasst werden.
  • Der Kinderfreibetrag soll im Veranlagungszeitraum 2022 von 2.730 € auf 2.810 €, für 2023 auf 2.880 € und für 2024 auf 2.994 € angehoben werden.
  • Auch beim Kindergeld sind Erhöhungen geplant. Derzeit beträgt es 219 € für das 1. und 2. Kind, 225 € für das 3. Kind und für jedes weitere Kind 250 €. Ab 2023 soll das Kindergeld auf 237 € für das 1. bis 3. Kind erhöht werden.

    Hinweis: Eine Erhöhung des Kindergelds ab dem 4. Kind ist nicht vorgesehen. Hier soll es bei 250 € für jedes vierte und jedes weitere Kind bleiben.

Hinweise: Derzeit liegt lediglich ein Regierungsentwurf vor, Bundestag und Bundesrat müssen das Gesetz noch verabschieden. Zudem sind Änderungen an den o.g. Beträgen wahrscheinlich. Die Werte sollen sich am 14. Existenzminimumbericht und am 5. Progressionsbericht orientieren, die im Herbst vorgelegt werden. Über die endgültigen Regelungen informieren wir Sie, sobald das Gesetz final verabschiedet wurde.

Zu beachten ist, dass neben der einkommensteuerlichen Belastung in einigen Fällen auch noch der Solidaritätszuschlag hinzukommt, der 5,5 % der Einkommensteuer ausmacht. Soweit der Steuerpflichtige oder sein Ehegatte Mitglied in der Kirche ist, erhöht sich die steuerliche Belastung um die Kirchensteuer bzw. das Kirchgeld.

Quelle: Regierungsentwurf eines Inflationsausgleichsgesetzes, Stand: 15.9.2022; NWB

Ermäßigter Umsatzsteuersatz in der Gastronomie soll verlängert werden

Der Bundestag hat am 22.9.2022 eine Verlängerung der Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis Ende 2023 beschlossen. Der Bundesrat muss dem Vorhaben noch zustimmen.

Geregelt ist die geplante Änderung im „Achten Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen“ mit dem u.a. die EU-Alkoholstrukturrichtlinie in Deutsches Recht umgesetzt werden soll.

Die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eingefügte Verlängerung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme der Abgabe von Getränken) ist Teil des sog. Dritten Entlastungspaketes der Bundesregierung, welches am 4.9.2022 vorgestellt wurde.

Darüber hinaus ist mit dem Gesetz eine Anpassung des Durchschnittssatzes und der Vorsteuerpauschale für Landwirte ab 1.1.2023 auf 9,0 Prozent geplant.

Quelle: Bundestag online, Meldung v. 22.9.2022; NWB

Vorsicht Falle – Betrugs-SMS „Steuer-Guthaben“ im Namen des BMF

Derzeit versenden Betrüger SMS im Namen des Bundesfinanzministeriums (BMF). In den Nachrichten wird vorgegeben, den Empfänger erwarte ein Erstattungsbetrag. Hierauf macht das Thüringer Finanzministerium aufmerksam.

Hierzu führt das Thüringer Finanzministerium weiter aus:

In den SMS behaupten die Betrüger, ein Erstattungsbetrag in Höhe von 254,33 Euro warte noch auf die Steuerpflichtigen. Um diesen zu erhalten, sollen sich die Bürgerinnen und Bürger unter einem in der SMS angegebenen Link verifizieren. Durch das Finanzamt Jena sind heute bereits mehrere Fälle geschildert worden.

Die Finanzverwaltung warnt eindringlich davor, die per SMS geforderte Verifizierung durchzuführen.

Quelle: Thüringer Finanzministerium, Pressemitteilung vom 21.9.2022; NWB

Ermäßigung einer Gebühr bei Rücknahme des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft

Bei Rücknahme eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft kann die Gebühr, die aufgrund des gestellten Antrags festzusetzen ist, zwar reduziert werden. Dies muss aber nicht in der Weise erfolgen, dass die Gebühr, die nach dem Gegenstandswert bemessen wird, durch eine Zeitgebühr, die auf dem Zeitaufwand des Finanzamts beruht, ersetzt wird. Es ist vielmehr ermessensfehlerfrei, wenn die Reduzierung auf der Grundlage des bereits angefallenen Bearbeitungsaufwands des Finanzamts erfolgt.

Hintergrund: Der Steuerpflichtige kann beim Finanzamt eine verbindliche Auskunft zur steuerlichen Beurteilung eines von ihm geplanten Sachverhalts stellen. Erteilt das Finanzamt die Auskunft in dem gewünschten Sinne, ist das Finanzamt an seine Auskunft gebunden, wenn der Sachverhalt verwirklicht wird. Für die Auskunft wird eine Gebühr festgesetzt, die sich grundsätzlich nach dem sog. Gegenstandswert, also dem steuerlichen Interesse, richtet. Ist der Gegenstandswert nicht bestimmbar, kann eine Zeitgebühr von 50 € für jede angefangene halbe Stunde festgesetzt werden. Die Gebühr kann ermäßigt werden, wenn der Antrag vor Erteilung der verbindlichen Auskunft zurückgenommen wird.

Streitfall: Eine KG beantragte im Dezember 2013 beim Finanzamt eine verbindliche Auskunft. Dabei ging es um die steuerlichen Folgen für den Fall der Begründung eines Zweitwohnsitzes ihrer Gesellschafter im Ausland. Aufgrund des Antrags kam es zu umfangreichen Prüfungen und auch zur Diskussion über alternative Sachverhaltsgestaltungen. Nachdem das Finanzamt im Frühjahr 2014 mündlich mitgeteilt hatte, dass es die beantragte verbindliche Auskunft nicht erteilen würde, nahm die KG ihren Antrag zurück. Das Finanzamt setzte auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 30 Mio. € eine Gebühr von 98.762 € fest. Diese Gebühr war um 10 % ermäßigt, da das Finanzamt davon ausgegangen war, dass durch die Rücknahme etwa 10 % des gesamten Bearbeitungsaufwands nicht mehr anfallen würden; bislang betrug der Bearbeitungsaufwand 156 Stunden – ohne Rücknahme wären insgesamt 171 Stunden angefallen. Die KG klagte gegen die Gebührenfestsetzung. In der ersten Instanz hatte die KG Erfolg, weil das Finanzgericht (FG) die Gebühr auf eine Zeitgebühr in Höhe von 15.600 € reduzierte (156 Stunden x 100 €).

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob die Entscheidung des FG auf und wies die Klage ab:

  • Aufgrund der Stellung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft war eine Gebühr festzusetzen. Diese Gebühr konnte infolge der Antragsrücknahme nach dem Gesetz ermäßigt werden.
  • Die Ermäßigung ist aber nicht in der Weise durchzuführen, dass die Gebühr nach dem Wert des Gegenstands durch eine Zeitgebühr zu ersetzen ist. Das Gesetz macht zum Umfang der Ermäßigung keine Vorgaben. Auch die Verwaltungsanweisung der Finanzverwaltung, die für die Finanzämter verbindlich ist, sieht lediglich eine anteilige Ermäßigung auf der Grundlage des bis zur Antragsrücknahme angefallenen Bearbeitungsaufwands vor.
  • Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Finanzamt die Gegenstandswertgebühr um 10 % ermäßigt hat, weil der Bearbeitungsaufwand bis zur Antragsrücknahme bereits zu 90 % angefallen war.

Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass ein grundsätzlicher Wechsel von der Gegenstandswertgebühr zur (niedrigeren) Zeitgebühr im Fall der Antragsrücknahme nicht vorgesehen ist. Dabei berücksichtigt das Gericht, dass das Antragsverfahren für die KG nicht völlig wertlos geblieben ist: Zwar hat die KG aufgrund ihrer Antragsrücknahme nicht die begehrte verbindliche Auskunft erhalten. Aber ihre Gesellschafter konnten aufgrund der mit dem Finanzamt geführten Gespräche von der Verwirklichung des geplanten Sachverhalts Abstand nehmen, und die KG hat mit dem Finanzamt auch über Sachverhaltsalternativen diskutiert.

Die Gebühr dient zum einen der Deckung der beim Finanzamt entstehenden Bearbeitungskosten und zum anderen der Abschöpfung des vom Steuerpflichtigen erlangten Vorteils. Dieser Vorteil liegt darin, dass der Steuerpflichtige auf die verbindliche Auskunft vertrauen darf und seinen geplanten Sachverhalt entsprechend umsetzen darf, ohne befürchten zu müssen, dass das Finanzamt seine Meinung ändert oder dass sich weitere steuerliche Folgen ergeben. Nur unter bestimmten Voraussetzungen darf das Finanzamt eine erteilte verbindliche Auskunft vor der Sachverhaltsverwirklichung zurücknehmen.

Quelle: BFH, Urteil v. 4.5.2022 – I R 46/18; NWB

Durchführung der Jägerprüfung durch gemeinnützigen Verein ist steuerlich unschädlicher Zweckbetrieb

Führt ein gemeinnütziger Verein, der auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege aktiv ist, die Jägerprüfung durch und erhebt er hierfür Gebühren, gehört der hieraus erzielte Gewinn zu einem steuerlich unschädlichen Zweckbetrieb, der die Gemeinnützigkeit des Vereins nicht berührt. Der Gewinn ist somit steuerfrei.

Hintergrund: Gemeinnützige Vereine sind von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit. Die Steuerfreiheit gilt aber nicht für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, den der gemeinnützige Verein unterhält; der Gewinn aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist also grundsätzlich steuerpflichtig. Eine Ausnahme besteht aber für Zweckbetriebe. Bei einem Zweckbetrieb handelt es sich um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins zu verwirklichen.

Streitfall: Der Kläger war ein gemeinnütziger Verein, der insbesondere in den Bereichen Naturschutz, Landschaftspflege, Tierschutz und der entsprechenden Aus- und Weiterbildung tätig war. Diese Zwecke sollten u.a. durch die Sicherung der Lebensgrundlagen der heimischen Tier- und Pflanzenwelt sowie durch die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Jagdpraxis erreicht werden. Im Jahr 2008 wurde der Kläger vom zuständigen Ministerium mit der Organisation und Durchführung der Jägerprüfung beauftragt (sog. Beleihung). Hierfür erhob der Kläger von den Teilnehmern Gebühren und erzielte 2008 einen Gewinn und 2009 einen Verlust. Das Finanzamt sah in dem Bereich der Jägerprüfung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und erließ entsprechende Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte einen Zweckbetrieb und gab der Klage statt:

Der Kläger war gemeinnützig, da er Zwecke wie den Naturschutz oder Tierschutz verfolgte.

Die Gemeinnützigkeit umfasste auch die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung. Hierbei handelte es sich zwar um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb; dieser erfüllte aber die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs.

  • Der Bereich der Jägerprüfung war ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, da es sich um eine selbständige und nachhaltige Tätigkeit handelte, die über eine reine Vermögensverwaltung hinausging. Der Kläger wollte damit auch Einnahmen erzielen, nämlich Gebühren. Nicht erforderlich war insoweit, dass der Kläger am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnahm. Auch eine Gewinnerzielungsabsicht wird für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht verlangt.
  • Die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs waren jedoch erfüllt. Der Bereich der Jägerprüfung diente nämlich der Verwirklichung des gemeinnützigen Zwecks. Die Jagd dient der Pflege und Sicherung der Lebensräume der Gesamtheit der wildlebenden Arten. Für die Jagd ist ein Jagdschein erforderlich, und die Jägerprüfung muss organisiert und durchgeführt werden. Die Prüfung künftiger Jäger war zur Erreichung des Vereinszwecks notwendig und unentbehrlich. Auch die weitere Voraussetzung eines Zweckbetriebs, nämlich die fehlende Wettbewerbsverzerrung, war zu bejahen; denn im Bereich der Jägerprüfung gibt es keinen Konkurrenten.

Hinweise: Aus Sicht des BFH war es unschädlich, dass der Kläger vom Ministerium beliehen worden war, also mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beauftragt worden ist. Für einen Zweckbetrieb ist es nämlich nicht erforderlich, dass er allein aufgrund der Satzung betrieben wird. Oft liegen einem Zweckbetrieb vertragliche Verpflichtungen zugrunde, z.B. bei dem entgeltlichen Musikunterricht einer gemeinnützigen Jugendmusikschule.

In der Steuerfreiheit für den Bereich der Jägerprüfung sieht der BFH keine europarechtswidrige Subvention (sog. Beihilfe). Denn die Steuerfreiheit beeinträchtigt weder den Handel zwischen den EU-Staaten, noch verfälscht sie den Wettbewerb. Im Land Brandenburg, in dem der Kläger ansässig war, gab es außer dem Kläger keinen Anbieter für die Organisation und Abnahme der Jägerprüfungen.

Quelle: BFH, Urteil v. 21.4.2022 – V R 26/20; NWB