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Bundesregierung beschließt Jahressteuergesetz 2024

Die Bundesregierung hat am 5.6.2024 das sog. Jahressteuergesetz 2024 beschlossen. Geplant ist u.a. die Einführung eines Mobilitätsbudgets sowie die steuerliche Entlastung von Vermietern, die dauerhaft vergünstigten Wohnraum zur Verfügung stellen.

Hintergrund: In verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts hat sich fachlicher Regelungsbedarf ergeben. Diesen will die Bundesregierung mit dem Jahressteuergesetz 2024 umsetzen. Das JStG 2024 enthält viele einzelne Regelungen, die thematisch nicht miteinander verbunden und überwiegend technisch sind. Aber auch einige steuerliche Verbesserungen für Bürger sind enthalten.

Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:

  • Künftig sollen Vermieter gemeinnützig und damit steuerlich entlastet werden, wenn sie dauerhaft vergünstigten Wohnraum zur Verfügung stellen.
  • Ebenfalls neu: Mobilitätsbudgets, also von Arbeitgebern zusätzlich zum Arbeitslohn zur Verfügung gestellte Guthaben, sollen künftig pauschal vom Arbeitgeber mit 25 Prozent versteuert werden können. Für die Beschäftigten fallen damit keine Steuern an. Sie können ein solches Budget privat für Mobilitätsleistungen nutzen. Die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung soll für einen Betrag von maximal 2.400 Euro pro Jahr gelten.
  • Außerdem sollen Bonuszahlungen, die gesetzliche Krankenkassen für gesundheitsbewusstes Verhalten leisten, nun dauerhaft bis zu 150 Euro steuerfrei bleiben.

Hinweis: Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.

Quelle: Bundesregierung, Pressemitteilung v. 5.6.2024; NWB

Steuerliche Maßnahmen für vom Hochwasser Betroffene

Die Finanzministerien der Länder Baden-Württemberg und des Saarlandes haben anlässlich der Hochwasserkatastrophe Mitte Mai/Anfang Juni umfangreiche steuerliche Erleichterungen für Betroffene beschlossen und entsprechende Katastrophenerlasse veröffentlicht. Es ist davon auszugehen, dass ein entsprechender Erlass aus Bayern in Kürze folgt.

Die Erlasse beinhalten ein Maßnahmenbündel von Steuerstundungen und Zahlungserleichterungen bis hin zu vereinfachten Spendennachweisen und der steuerlichen Absetzbarkeit von Ersatzbeschaffungen.

So wird die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung oder die Beseitigung von Schäden am Wohneigentum als steuerlich abzugsfähige außergewöhnliche Belastung anerkannt. Spenden über eingerichtete Sonderkonten, können unbürokratisch und verwaltungsvereinfachend per Einzahlungsbeleg dokumentiert werden. Stundungszinsen und steuerliche Vorauszahlungspflichten für Betroffene können reduziert werden. Zudem ergeben sich aus dem Verlust von Buchführungsunterlagen infolge des Hochwassers keine nachteiligen Folgen. Die vom Hochwasser betroffene Landwirtschaft wird ebenfalls durch Billigkeitsmaßnahmen berücksichtigt.

Hinweise: Betroffene können sich direkt an die jeweils zuständigen Finanzämter wenden.

Den Katastrophenerlass des Landes Baden-Württemberg können Sie hier abrufen, den des Saarlandes hier.

Quellen: FinMin Baden-Württemberg online, Saarländisches FinMin, Pressemitteilung v. 27.5.2024; NWB

Gläubigerbenachteiligung bei Nutzung eines geliehenen Kontos

Lässt sich der Arbeitnehmer, der Steuerschulden hat, seinen Lohn auf ein geliehenes Konto, das seinem Ehegatten gehört, auszahlen, liegt darin eine Gläubigerbenachteiligung, die das Finanzamt zu einer Anfechtung in Gestalt eines Duldungsbescheids gegenüber dem Ehegatten berechtigt. Die Gläubigerbenachteiligung besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer ein Pfändungsschutzkonto hätte einrichten können, dies aber unterlassen hat.

Hintergrund: Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen und mit entsprechendem Benachteiligungsvorsatz vorgenommen werden, können außerhalb des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Vertragspartner des Schuldners angefochten werden, wenn der Vertragspartner den Vorsatz des Schuldners kannte. Das Finanzamt als Gläubiger kann dann die Anfechtung durch einen Duldungsbescheid vornehmen.

Sachverhalt: Die Klägerin war die Ehefrau des S, der Steuerschulden hatte. S war Arbeitnehmer im Großhandel und verdiente monatlich ca. 1.270 € netto. Seit 2009 hatte S kein eigenes Bankkonto mehr, sondern nutzte das Bankkonto der Klägerin, auf das die Lohnzahlungen des S vom Arbeitgeber überwiesen wurden. Das Finanzamt erließ im November 2016 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der Klägerin. Die Klägerin erkannte die gepfändeten Forderungen nicht an. Im April 2018 erließ das Finanzamt einen Duldungsbescheid gegenüber der Klägerin, mit dem es die Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung erklärte und die Klägerin verpflichtete, die Vollstreckung in ihr Konto so zu dulden, als gehörten die gutgeschriebenen Beträge noch zum Vermögen des S. Der Duldungsbescheid betraf Lohnzahlungen im Zeitraum vom November 2016 bis März 2018 in Höhe von ca. 12.000 €. Die Klägerin wehrte sich gegen den Duldungsbescheid.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Die Voraussetzungen der Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung waren gegeben. Die anfechtbare Rechtshandlung des S war seine Anweisung an seinen Arbeitgeber, den Lohn auf das Konto der Klägerin zu überweisen. Auf diese Weise entstanden Forderungen der Klägerin gegen ihre Bank, da die Löhne dem Konto der Klägerin gutgeschrieben wurden.
  • Eine Gläubigerbenachteiligung lag ebenfalls vor. Denn durch die Nutzung des Bankkontos der Klägerin konnte das Finanzamt nicht mehr ohne Weiteres gegen S aufgrund eines gegen ihn gerichteten Vollstreckungstitels pfänden. Im Außenverhältnis hatte S nämlich keine Forderungen gegen eine Bank, sondern nur die Klägerin gegen ihre Bank.
  • Unbeachtlich ist, dass die Lohnbeträge dem Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen unterfallen konnten. Denn der Pfändungsschutz gilt nur bis zur Auszahlung auf ein Konto; ab der Auszahlung greift der Pfändungsschutz nicht mehr. S hätte allerdings ein Pfändungsschutzkonto einrichten können, so dass er auch nach der Auszahlung vor einem Gläubigerzugriff geschützt gewesen wäre; dies hat S aber unterlassen, so dass dies nicht zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden kann.
  • S handelte mit dem Vorsatz einer Gläubigerbenachteiligung, und die Klägerin kannte diesen Vorsatz. S wusste, dass er Steuerschulden hatte, die er nicht begleichen konnte, und er hat mit der Überweisung seines Lohns auf das Konto der Klägerin billigend in Kauf genommen, dass die Beträge dem Zugriff des Finanzamts entzogen werden. Die Klägerin hatte von diesem Benachteiligungsvorsatz Kenntnis, weil sie aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung aus dem November 2016 von der Zahlungsunfähigkeit des S wusste; die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz wird dann vermutet.

Hinweise: Für die Anfechtung gilt eine Frist von zehn Jahren, die das Finanzamt eingehalten hat. Aufgrund der Klageabweisung ist die Klägerin nun verpflichtet, einen Wertersatz von ca. 12.000 € an das Finanzamt zu leisten.

Das Urteil macht deutlich, dass die Nutzung eines fremden Kontos als sog. geliehenem Konto nicht vor einer Vollstreckung schützt. Im Ergebnis kann die Vollstreckung nämlich im Wege eines Duldungsbescheids gegen den Kontoinhaber, der sein Konto verleiht, durchgesetzt werden.

Der S hätte sich ein Pfändungsschutzkonto einrichten lassen sollen. Seit dem 18.6.2016 hat jeder Verbraucher einen Anspruch auf Abschluss eines sog. Basiskontovertrags; das Basiskonto wird dann als Pfändungsschutzkonto geführt.

Quelle: BFH, Urteil vom 21.11.2023 – VII R 11/20; NWB

Energiepreispauschale ist einkommensteuerpflichtig

Die im Jahr 2022 an Arbeitnehmer ausgezahlte Energiepreispauschale gehört zu den steuerbaren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die einschlägige Vorschrift im Einkommensteuergesetz ist nicht verfassungswidrig. Dies hat das Finanzgericht Münster (FG) kürzlich entschieden.

Sachverhalt: Der Kläger erhielt im Jahr 2022 von seinem Arbeitgeber die Energiepreispauschale in Höhe von 300 € ausgezahlt. Das Finanzamt berücksichtigte diese im Einkommensteuerbescheid für 2022 als steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Der Kläger machte zunächst im Einspruchsverfahren und später im Klageverfahren geltend, dass die Energiepreispauschale keine steuerbare Einnahme sei. Es handele sich um eine Subvention des Staates, die in keinem Veranlassungszusammenhang zu seinem Arbeitsverhältnis stehe. Sein Arbeitgeber sei lediglich als Erfüllungsgehilfe für die Auszahlung der Subvention tätig geworden.

Entscheidung: Das FG Münster hat die Klage abgewiesen:

  • Der Gesetzgeber hat die Energiepreispauschale im Einkommensteuergesetz konstitutiv den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet. Auf einen Veranlassungszusammenhang mit der eigenen Arbeitsleistung kommt es daher nicht an.
  • Die einschlägige Vorschrift im Einkommensteuergesetz ist auch verfassungsgemäß: Für die dort geregelte Besteuerung der Energiepreispauschale ist der Bundesgesetzgeber nach dem Grundgesetz zuständig gewesen, da ihm die Einkommensteuer (teilweise) zufließt.
  • Aus der Verfassung ergibt sich nicht, dass der Staat nur das sog. Markteinkommen besteuern darf.

Hinweis: Die Richter des FG Münster haben die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, die inzwischen eingelegt wurde (Aktenzeichen beim BFH: VI R 15/24). Das Verfahren wurde sowohl von Steuerpflichtigen als auch von der Finanzverwaltung als Musterverfahren an-gesehen. Bundesweit sind zu der Besteuerung der Ener-giepreispauschale noch tausende Einspruchsverfahren in den Finanzämtern anhängig. Wir halten Sie über den Ausgang des Verfahrens auf dem Laufenden.

Quelle: FG Münster, Urteil v. 17.4.2024 – 14 K 1425/23 E; Revision zugelassen, NWB

Streit über die Auszahlung der Energiepreispauschale

Die Energiepreispauschale wird grundsätzlich vom Arbeitgeber ausgezahlt. Soweit der Arbeitgeber die Auszahlung nicht vornimmt, ist die Energiepreispauschale mit der Einkommensteuerveranlagung 2022 festzusetzen. Weigert sich das Finanzamt, kann die Energiepreispauschale nach der Durchführung eines Vorverfahrens beim Finanzgericht eingeklagt werden.

Hintergrund: Unter bestimmten Voraussetzungen haben Steuerpflichtige für das Kalenderjahr 2022 eine einmalige Energiepreispauschale von 300 € erhalten. Damit sollte ein Ausgleich für die hohen Energiekosten geschaffen werden. Anspruchsberechtigt waren Unternehmer, Arbeitnehmer, Rentner und Pensionäre.

Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitnehmer der A-GmbH, deren Sitz sich in A-Stadt befand; nach dem Arbeitsvertrag war Arbeitgeberin aber die Niederlassung der A-GmbH in C-Stadt. Der Kläger wohnte in B-Stadt. Die A-GmbH zahlte dem Kläger für 2022 keine Energiepreispauschale aus. Der Kläger erhob daher beim Arbeitsgericht in C-Stadt Klage gegen die A-GmbH. Das Arbeitsgericht verwies die Sache an das Finanzgericht (FG). Das FG rief den Bundesfinanzhof (BFH) an, damit dieser klärt, welches Finanzgericht zuständig ist.

Entscheidung: Der BFH entschied, dass das für C-Stadt zuständige Finanzgericht zuständig ist:

  • Die Verweisung des Rechtsstreits durch das Arbeitsgericht an das FG war nicht offensichtlich unhaltbar, sondern für das FG bindend. Denn ein Streit über die Auszahlung der Energiepreispauschale ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die der Finanzrechtsweg gegeben ist.
  • Da der Kläger nicht gegen das Finanzamt klagt, sondern gegen die A-GmbH, kommt es auf den Sitz der A-GmbH an. Dieser befand sich zwar in A-Stadt; nach dem Arbeitsvertrag war der Kläger aber bei der Niederlassung der A-GmbH in C-Stadt angestellt, so dass das für C-Stadt zuständige Finanzgericht zuständig ist.
  • Auf den Wohnsitz des Klägers kommt es nicht an. Zwar wird die Energiepreispauschale mit der Einkommensteuerveranlagung 2022 festgesetzt, falls der Arbeitgeber sie nicht auszahlt. Der Kläger begehrt aber nicht die Festsetzung der Energiepreispauschale durch das Finanzamt, sondern die Auszahlung durch die A-GmbH. Der Kläger hat die Energiepreispauschale nämlich nicht in seiner Einkommensteuererklärung für 2022 geltend gemacht.

Hinweise: Der Kläger hätte statt seines Auszahlungsanspruchs gegen die A-GmbH auch eine Einkommensteuererklärung für 2022 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt abgeben können und hierin die Energiepreispauschale geltend machen können. Es wäre dann für die Zuständigkeit des Finanzamts auf den Wohnsitz des Klägers angekommen.

Weigert sich das Finanzamt, die Energiepreispauschale auszuzahlen, muss zunächst ein Vorverfahren (Einspruch) durchgeführt werden. Bleibt dieses ebenfalls erfolglos und wird es mit einer Einspruchsentscheidung abgeschlossen, ist der Weg zum Finanzgericht frei: Beklagter ist dann jedoch das Finanzamt und nicht der eigene Arbeitgeber.

Quelle: BFH, Beschluss vom 29.2.2024 – VI S 24/23; NWB