Mandant/Login

Keine Gemeinnützigkeit bei Verstoß gegen satzungsmäßige Vermögensbindung

Die Gemeinnützigkeit ist nicht anzuerkennen, wenn die Satzung keine Regelung für den Fall enthält, dass der bisherige Zweck wegfällt. Die Satzung genügt dann nicht dem Grundsatz der satzungsmäßigen Vermögensbindung.

Hintergrund: Gemeinnützige Vereine und gemeinnützige GmbH genießen steuerliche Vorteile wie z.B. eine Steuerfreiheit oder die Berechtigung, Spenden entgegenzunehmen, die die Spender steuerlich absetzen können. Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen wird vom Finanzamt durch einen Bescheid gesondert festgestellt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, deren Gegenstand die psychiatrische Versorgung eines Landkreises war. Ihr Gesellschaftsvertrag wurde im Jahr 2012 geschlossen. Im Jahr 2014 teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass der Gesellschaftsvertrag den Anforderungen an die Gemeinnützigkeit nicht entspreche, weil die gemeinnützigen Zwecke nicht wörtlich benannt waren. Im Jahr 2015 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin eine neue Satzung, die aber keine Regelung enthielt, was mit dem Vermögen der GmbH geschehen soll, falls der gemeinnützige Zweck der GmbH wegfällt. Nachdem die GmbH auf eine entsprechende Beanstandung des Finanzamts nicht reagiert hatte, stellte das Finanzamt mit Bescheid aus dem Dezember 2016 fest, dass die Klägerin die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht einhält. Hiergegen klagte die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Die Satzung der Klägerin erfüllte nicht die Anforderungen an die sog. Vermögensbindung. Danach muss der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der GmbH bzw. des Vereins oder bei Wegfall des bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist.
  • In der Satzung der Klägerin fehlte jegliche Angabe zu einer Verwendung des Vermögens im Fall eines Wegfalls des bisherigen Zwecks. Daher konnte die Satzung nicht ausgelegt werden, dass für den Wegfall des bisherigen Zwecks das Gleiche gelten soll wie bei einer Auflösung der GmbH. Es konnte auch nicht auf die frühere Satzung aus dem Jahr 2012 zurückgegriffen werden, weil sich aus der aktuellen Satzung die Verwendung des Vermögens im Fall des Wegfalls des bisherigen Zwecks ergeben muss.

Hinweise: Einen Vertrauensschutz lehnte der BFH ab, weil der streitige Bescheid der erste Bescheid über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen war und es keinen vorherigen Bescheid gegeben hatte, in dem die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen bejaht worden wäre.

Der Gesetzgeber hat eine Mustersatzung veröffentlicht, deren Inhalt in der Satzung eines gemeinnützigen Vereins bzw. einer gemeinnützigen GmbH übernommen werden muss. In der Praxis sollte diese Mustersatzung unbedingt beachtet werden. Der Verein bzw. die GmbH kann nach dem Beschluss über die Satzung beim Finanzamt den Antrag stellen, dass das Finanzamt feststellt, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen eingehalten werden. Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist dann z.B. für den steuerlichen Spendenabzug der Spender bindend.

BFH, Urteil v. 26.8.2021 – V R 11/20; NWB

Beteiligung eines minderjährigen Kindes an der Praxis des Vaters

Eine als „stille Beteiligung“ bezeichnete Beteiligung eines minderjährigen Kindes an der Zahnarztpraxis, die dem Kind im Wege der Schenkung eingeräumt worden ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen als Innengesellschaft steuerlich anerkannt werden. Die steuerliche Anerkennung hat zur Folge, dass die an das Kind gezahlten Gewinnanteile Betriebsausgaben des Vaters sind. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist, dass die Vereinbarungen zwischen dem Kind und seinem Vater zivilrechtlich wirksam und fremdüblich sind sowie tatsächlich vollzogen werden.

Hintergrund: An einem Handelsgewerbe kann man sich als stiller Gesellschafter mit einer Einlage beteiligen und ist dann in dem vereinbarten Umfang am Gewinn und Verlust beteiligt. Der an den stillen Gesellschafter gezahlte Gewinnanteil mindert den Gewinn des Inhabers des Handelsgeschäfts und muss im Gegenzug vom stillen Gesellschafter versteuert werden.

Sachverhalt: Der Kläger war selbständiger Zahnarzt. Er räumte seinen drei minderjährigen Kindern im Jahr 2007 jeweils eine „stille Beteiligung“ in Höhe von 50.000 € im Wege der Schenkung ein; dabei wurden seine Kinder durch einen Ergänzungspfleger vertreten. Jedes seiner Kinder sollte mit 10 % am Gewinn oder Verlust beteiligt sein, maximal aber mit 15 % der Einlage, d.h. 7.500 €. Der Kläger konnte die schenkweise Einräumung der stillen Beteiligung widerrufen, falls ein Kind ohne Zustimmung des Klägers die stille Beteiligung übertragen würde. Die stillen Gesellschaften sollten mindestens bis zum 31.12.2017 laufen. Der Kläger zahlte seinen Kindern ab 2008 die Gewinnanteile für das jeweils vorherige Jahr aus und behandelte diese Auszahlungen in den Streitjahren 2008 bis 2015 als Betriebsausgaben. Das Finanzamt erkannte die Betriebsausgaben nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt einen Betriebsausgabenabzug für möglich, verwies die Sache jedoch zur weiteren Aufklärung zurück:

  • Zwar handelte es sich bei den Beteiligungen nicht um stille Gesellschaften, da der Kläger als Zahnarzt kein Handelsgewerbe betrieb. Es waren aber Innengesellschaften bürgerlichen Rechts, für die die gleichen Grundsätze wie für eine stille Beteiligung gelten.
  • Der Betriebsausgabenabzug ist möglich, wenn die Begründung der Innengesellschaft betrieblich veranlasst war. Bei der Beteiligung naher Angehöriger kann eine betriebliche Veranlassung nur dann angenommen werden, wenn die Vereinbarung zivilrechtlich wirksam ist, fremdüblich ist und wie unter Dritten tatsächlich vollzogen wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass es sich nicht um verdeckte Unterhaltszahlungen handelt.
  • Nicht jede geringfügige Abweichung vom Fremdüblichen führt zur steuerlichen Nichtanerkennung. Vielmehr kommt es auf die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten an.
  • Steuerlich unschädlich ist es, wenn die Beteiligung oder die Mittel für die Einlage dem nahen Angehörigen geschenkt werden. Auch ist es nicht zwingend schädlich, dass der Kläger keine zusätzlichen Mittel erhalten hat; denn es genügt, wenn die Gewinnanteile zur Erfüllung der Einlageverpflichtung umgebucht werden und zur Verlustverrechnung zur Verfügung stehen.
  • Im Streitfall waren die Schenkungs- und die Beteiligungsverträge zivilrechtlich wirksam. Die fehlerhafte Bezeichnung als „stille Gesellschaft“ war ohne Bedeutung. Allerdings muss das Finanzgericht (FG) noch prüfen, ob die Kinder diejenigen Kontrollrechte hatten, die üblicherweise einem stillen Gesellschafter zustehen, und ob die vereinbarte Laufzeit und die Kündigungsmöglichkeit fremdüblich waren. Ferner muss das FG ermitteln, ob die Widerrufsmöglichkeit des Klägers für den Fall der Weiterveräußerung der Beteiligung durch ein Kind einem Fremdvergleich standhält.

Hinweise: Das FG muss auch noch die tatsächliche Ausführung der Verträge prüfen, z.B. die Pünktlichkeit der Zahlungen der Gewinnanteile oder die tatsächliche Ausübung der vertraglich vereinbarten Kontroll- und Informationsrechte sowie die tatsächliche Verwaltung der Konten der Kinder.

Es lässt sich noch nicht sagen, ob die Klage Erfolg haben wird. Allerdings deutet der „Prüfkatalog“ des BFH eher darauf hin, dass die steuerliche Anerkennung der Innengesellschaften scheitern könnte.

BFH, Urteil v. 23.11.2021 – VIII R 17/19; NWB

Verzicht auf Umsatzsteuerbefreiung bei Übertragung des hälftigen Miteigentums

Erwerben Ehegatten beim Kauf einer Immobilie jeweils das hälftige Miteigentum und verzichtet der Verkäufer auf die gesetzliche Steuerfreiheit für Grundstücksübertragungen, schuldet jeder der Miteigentümer-Ehegatten die aufgrund des Verzichts für seinen Miteigentumsanteil entstehende Umsatzsteuer. Ein Umsatzsteuerbescheid, der sich an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die sich aus den Ehegatten zusammensetzt, richtet, wäre hingegen rechtswidrig, weil die GbR nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer ist.

Hintergrund: Grundstücksübertragungen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, sind zwar umsatzsteuerfrei. Der Verkäufer kann aber im Grundstückskaufvertrag auf die Steuerfreiheit verzichten, so dass Umsatzsteuer entsteht; diese Umsatzsteuer schuldet dann der Leistungsempfänger nach dem sog. Reverse-Charge-Verfahren. Danach entsteht bei bestimmten Umsätzen die Umsatzsteuer aufseiten des Leistungsempfängers.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GbR, die aus den Eheleuten G bestand. Mit notariellen Kaufverträgen vom 20.8.2012 erwarben die Eheleute jeweils zu hälftigem Miteigentum zwei noch zu errichtende Wohnungen, die sie vermieten wollten. Nach den Kaufverträgen verzichtete der Verkäufer auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Umsatzsteuerschuld auf die GbR übergegangen sei und erließ im Jahr 2015 einen Umsatzsteuerbescheid gegenüber der GbR (Klägerin). Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Die GbR war nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer. Verzichtet der Verkäufer im notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit, wird der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer.
  • Wer Steuerschuldner ist, richtet sich nach dem Kaufvertrag. Denn zum einen beruht die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit auf einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang, der im Streitfall der Kaufvertrag war. Zum anderen ergibt sich auch der Verzicht auf die gesetzliche Steuerfreiheit aus dem Kaufvertrag.
  • Nach dem Kaufvertrag erwarb jeder der beiden Ehegatten einen einzelnen Miteigentumsanteil. Daher war jeder Ehegatte Schuldner der auf ihn entfallenden Umsatzsteuer, nicht aber die GbR. Das Finanzamt hat den Umsatzsteuerbescheid daher zu Unrecht gegenüber der GbR erlassen.

Hinweise: Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, wenn die GbR das vollständige Eigentum an den beiden Wohnungen erworben hätte. In diesem Fall hätte der Umsatzsteuerbescheid an die GbR gerichtet werden müssen.

Ob tatsächlich eine GbR bestand, brauchte der BFH nicht zu entscheiden. Denn in jedem Fall war nur der jeweilige Ehegatte Schuldner der Umsatzsteuer. Gleichwohl konnte die GbR klagen, und zwar auch dann, wenn es sie gar nicht gegeben haben sollte; denn wenn sich ein Steuerbescheid gegen eine Personengesellschaft richtet, darf die angebliche Personengesellschaft gegen diesen Bescheid klagen, um den Rechtsschein, den der Bescheid erzeugt, zu beseitigen.

Grunderwerbsteuerlich ist jeder Ehegatte einzeln zur Grunderwerbsteuer heranzuziehen, wenn die Ehegatten gemeinsam ein Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum erwerben. Jeder Ehegatte ist dann Schuldner der auf ihn entfallenden Grunderwerbsteuer; eine Gesamtschuldnerschaft besteht nicht. Diese Grundsätze werden umsatzsteuerlich übernommen, weil das Umsatzsteuerrecht beim Erwerb von Immobilien an das Grunderwerbsteuerrecht anknüpft.

Der Verzicht auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit löst zwar Umsatzsteuer aus. Will der Erwerber die Immobilie aber umsatzsteuerpflichtig vermieten, kann er die aufgrund des Erwerbs entstehende Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

BFH, Urteil v. 25.11.2021 – V R 44/20; NWB

Steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage bei Gehaltsumwandlung

Eine Pensionszusage, die eine GmbH ihrem beherrschenden Gesellschafter erteilt, kann trotz fehlender Probezeit und Erdienbarkeit steuerlich anerkannt werden, wenn sie durch eine Entgeltumwandlung finanziert wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Gehalt angemessen ist.

Hintergrund: Zahlungen einer GmbH an ihren Gesellschafter, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, also insbesondere überhöht oder aus sonstigen Gründen nicht fremdüblich sind, werden dem Einkommen der GmbH als sog. verdeckte Gewinnausschüttung wieder hinzugerechnet.

Sachverhalt: Z betrieb eine Hausarztpraxis. Er gründete als Alleingesellschafter im Januar 2012 eine GmbH (Klägerin) und wurde auch deren Geschäftsführer. Z hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Monaten das 60. Lebensjahr vollendet. Für seine Tätigkeit für die Klägerin sollte Z ein monatliches Bruttogehalt von 6.250 € erhalten. Die Klägerin sollte sämtliche Verwaltungsaufgaben der Hausarztpraxis des Z in einem zeitlichen Umfang von 15 Wochenstunden für ein monatliches Pauschalhonorar von 10.000 € übernehmen und zusätzlich eine einprozentige Beteiligung am Honorarvolumen der Praxis erhalten. Bereits im Februar 2012 erteilte die Klägerin dem Z eine Pensionszusage, die durch Gehaltsumwandlung von monatlich 4.200 € finanziert werden sollte. Z sollte den umgewandelten Betrag nach Vollendung seines 71. Lebensjahres mit einer Verzinsung von 3 % als Einmalbetrag erhalten. Die GmbH bildete für die Pensionszusage Pensionsrückstellungen zum 31.12.2012 bis 31.12.2016. Im Jahr 2019 beendete Z seine berufliche Tätigkeit. Das Finanzamt setzte in Höhe der Rückstellungsbeträge verdeckte Gewinnausschüttungen für 2012 bis 2016 an.

Entscheidung: Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Zwar setzt die steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH erteilt wird, voraus, dass mehrere Kriterien erfüllt werden, z.B. die Erdienbarkeit, so dass der Geschäftsführer grundsätzlich noch mindestens zehn Jahre für die GmbH tätig sein muss, oder die Probezeit, so dass eine Pensionszusage erst nach erfolgreicher Probezeit erteilt werden darf.
  • Im Streitfall kann jedoch dahingestellt bleiben, ob diese Kriterien erfüllt sind. Denn die Voraussetzung für den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung ist eine Vermögensminderung, die im Fall einer Entgeltumwandlung nicht vorliegt. Die Finanzierung der Pensionszusage erfolgte nämlich durch eine Gehaltsumwandlung in Höhe von 4.200 € monatlich. Der Z verfügte also über sein eigenes Vermögen, nämlich über seinen eigenen Gehaltsanspruch.
  • Belastet wurde das Vermögen der GmbH lediglich durch die vereinbarte 3 %ige Verzinsung. Insoweit hatte das FG aber in den Streitjahren 2012 bis 2016 keine Bedenken gegen die Höhe der Verzinsung.
  • Unschädlich war auch, dass Z bei Erteilung der Pensionszusage bereits über 60 Jahre alt war. Denn Z sollte bis zur Vollendung des 71. Lebensjahres arbeiten und damit den Erdienbarkeitszeitraum von zehn Jahren einhalten. Dass er aus gesundheitlichen Gründen nur bis zum Jahr 2019 tätig war, ist unschädlich.

Hinweise: Das FG hielt das monatliche Gehalt des Z von 6.250 €, das er von der Klägerin erhielt, für angemessen. Nähere Ausführungen hierzu machte das FG nicht.

An der Angemessenheit kann man aber durchaus Zweifel haben, da sich der zeitliche Aufwand der Klägerin auf 15 Stunden pro Woche beschränkte und die Verwaltung einer Hausarztpraxis auch keine besonders hochbezahlte Tätigkeit darstellt. Auch die weiteren Umstände des Falls könnten gegen eine fremdübliche Vereinbarung und damit für eine verdeckte Gewinnausschüttung sprechen, etwa das hohe Lebensalter des Z im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage oder die hohe Vergütung für die Klägerin, insbesondere die einprozentige Beteiligung an den Honoraren der Arztpraxis.

Das Finanzamt hat gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt.

FG Düsseldorf, Urteil v. 16.11.2021 – 6 K 2196/17 K, G, F, NZB beim BFH: I B 89/21; NWB

Betriebsaufspaltung bei zwischengeschalteter GmbH

Die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung kann auch dadurch begründet werden, dass dieselbe Person bzw. Personengruppe sowohl an der Besitz-Personengesellschaft als auch an der Betriebs-Personengesellschaft jeweils über eine Kapitalgesellschaft mehrheitlich beteiligt ist. Die zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft aufseiten der Besitz-Personengesellschaft begründet ebenso wie eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft aufseiten der Betriebs-Personengesellschaft kein Durchgriffsverbot; der Bundesfinanzhof (BFH) ändert insoweit seine Rechtsprechung.

Hintergrund: Von einer Betriebsaufspaltung spricht man, wenn ein Besitzunternehmen und ein Betriebsunternehmen personell und sachlich miteinander verflochten sind. Die sachliche Verflechtung erfolgt typischerweise durch die Vermietung eines Grundstücks durch das Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen. Die personelle Verflechtung ist zu bejahen, wenn dieselbe Person oder Personengruppe ihren Willen sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen durchsetzen kann. Eine Betriebsaufspaltung führt dazu, dass das vermietende Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte erzielt und damit gewerbesteuerpflichtig ist. Außerdem kann das Besitzunternehmen bei der Gewerbesteuer keine erweiterte Kürzung mehr beantragen, da diese nur vermögensverwaltenden Gesellschaften offensteht.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, an der der A mit 50,7 %, weitere Kommanditisten (B, C, D und Y) mit 49,3 % und die BV-GmbH als Komplementärin mit 0 % beteiligt waren. Alleiniger Gesellschafter der BV-GmbH war der A. Die Klägerin verpachtete ein Grundstück an die M-KG. An der M-KG war die H-GmbH als alleinige Kommanditistin beteiligt; der A war mit 90 % an der H-GmbH beteiligt. Komplementärin der M-KG war die V-GmbH, deren Alleingesellschafterin wiederum die H-GmbH war. Die Klägerin war aufgrund ihrer sog. gewerblichen Prägung gewerbesteuerpflichtig und machte für ihren Gewinn die erweiterte Kürzung geltend. Das Finanzamt erkannte diese nicht an, weil es von einer Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der M-KG ausging, bei der durch A eine personelle Verflechtung begründet worden sei.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer war zu verneinen, da die Klägerin aufgrund einer Betriebsaufspaltung originär gewerblich tätig war und deshalb keine vermögensverwaltende Personengesellschaft war, die nur aufgrund ihrer gewerblichen Prägung gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.
  • Die sachliche Verflechtung ergab sich aus der Vermietung des Geschäftsgrundstücks durch die Klägerin an die M-KG.
  • Die personelle Verflechtung lag ebenfalls vor, da der A seinen Willen bei der Klägerin als Besitzunternehmerin sowie bei der M-KG als Betriebsgesellschaft durchsetzen konnte. Unbeachtlich ist, dass der A auf die Klägerin teilweise nur über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft, nämlich über die BV-GmbH, zugreifen konnte. Denn auch dies ermöglichte ihm eine Beherrschung der Klägerin, da er Alleingesellschafter der BV-GmbH war und alle wesentlichen Gesellschafterbeschlüsse, für die nach der Satzung der BV-GmbH eine Mehrheit von 75 % der Stimmen erforderlich war, treffen konnte.
  • Auch auf die M-KG konnte A zwar nur über die V-GmbH und über die H-GmbH zugreifen. Dies genügte aber, weil er 90 % an der H-GmbH hielt, die ihrerseits alleinige Kommanditistin der M-KG sowie Alleingesellschafterin der Komplementärin (V-GmbH) war.

Hinweise: Der BFH ändert seine Rechtsprechung, indem er nun auch bei einer Besitz-Personengesellschaft eine Beherrschung über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft für möglich hält. Bisher hatte er dies abgelehnt und nur aufseiten einer Betriebs-Personengesellschaft eine Beherrschung über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft für denkbar gehalten. Der BFH erkennt jetzt aber, dass es keine sachlichen Gründe für eine Unterscheidung zwischen einer Beherrschung einer Besitz-Personengesellschaft über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft und der Beherrschung einer Betriebs-Personengesellschaft über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft gibt.

BFH, Urteil v. 16.9.2021 – IV R 7/18; NWB