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Mieterabfindungen sofort abziehbar

Zahlt ein Vermieter nach der Anschaffung der vermieteten Immobilie Abfindungen an die Mieter, damit diese ausziehen, so dass die Renovierung des Gebäudes problemlos durchgeführt werden kann, sind die Mieterabfindungen sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Es handelt sich nicht um zu aktivierende anschaffungsnahe Aufwendungen, da hierzu nur bauliche Maßnahmen gerechnet werden.

Hintergrund: Laufende Instandhaltungskosten, Modernisierungs- oder Sanierungskosten sind bei den Vermietungseinkünften grundsätzlich sofort abziehbar. Allerdings gilt nach dem Gesetz eine Ausnahme für sog. anschaffungsnahe Aufwendungen: Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung der Immobilie durchgeführt werden, können nur über die Nutzungsdauer des Gebäudes abgeschrieben werden, wenn die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb im März 2016 ein vermietetes Mehrfamilienhaus zum Preis von 1,2 Mio. €. Sie renovierte das Gebäude im Zeitraum 2016 bis 2018 für insgesamt ca. 615.000 €. An die Mieter zahlte sie 35.000 € Abfindungen, um sie zum Auszug zu bewegen und um die Renovierung durchführen zu können. Ohne die Räumung wäre die Renovierung zwar technisch möglich, aber umständlicher geworden. Nach der Renovierung wurde die Immobilie wieder vermietet. Das Finanzamt rechnete die Mieterabfindungen den anschaffungsnahen Aufwendungen zu und erkannte nur eine Abschreibung in Höhe von 2 % auf den Abfindungsbetrag an.

Entscheidung: Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Mieterabfindungen sind im Bereich der Vermietungseinkünfte grundsätzlich sofort abziehbar und nicht zu aktivieren.
  • Es handelt sich nicht um anschaffungsnahe Aufwendungen. Nach dem Gesetzeswortlaut können nur „Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ anschaffungsnahe Aufwendungen sein. Die Vorschrift ist also auf Aufwendungen für bauliche Maßnahmen beschränkt.
  • Ein Veranlassungszusammenhang oder ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Baumaßnahmen genügt daher nicht, um anschaffungsnahe Aufwendungen anzunehmen.

Hinweise: Mieterabfindungen sind aber als Herstellungskosten zu aktivieren, wenn die Mieter ausziehen sollen, damit das Gebäude abgerissen und ein neues Gebäude errichtet werden kann. Die Mieterabfindungen gehen dann in die Herstellungskosten des neuen Gebäudes ein und werden über die Nutzungsdauer abgeschrieben, die im Bereich der Vermietungseinkünfte bislang 50 Jahre betrug (Abschreibungssatz damit 2 %) und für Gebäude, die ab dem 1.1.2023 fertiggestellt werden, nur noch 33,33 Jahre beträgt (Abschreibungssatz somit 3 %).

Quelle: BFH, Urteil vom 20.9.2022 – IX R 29/21; NWB

Dokumentation der umsatzsteuerlichen Zuordnungsentscheidung bei gemischt-genutztem Wirtschaftsgut

Will der Unternehmer ein Wirtschaftsgut, das er sowohl unternehmerisch als auch privat nutzt, seinem Unternehmen ganz oder teilweise zuordnen, genügt hierfür eine Dokumentation der Anhaltspunkte, aus denen sich die Zuordnung zum Unternehmen ergibt, bis zum Fristablauf für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung. Für eine wirksame Zuordnung ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer dem Finanzamt die Zuordnungsentscheidung bis zum Fristablauf für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung mitteilt.

Hintergrund: Verwendet der Unternehmer einen Gegenstand sowohl für sein Unternehmen als auch privat, hat er umsatzsteuerlich ein sog. Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand grundsätzlich entweder vollständig oder nur anteilig oder aber gar nicht seinem Unternehmen zuordnen und dementsprechend die Vorsteuer vollständig, anteilig oder gar nicht abziehen. Im Gegenzug muss er allerdings im Umfang der Zuordnung auch die Privatnutzung des Gegenstands der Umsatzsteuer unterwerfen. Bis vor kurzem verlangte der Bundesfinanzhof (BFH), dass das Zuordnungswahlrecht bis zum Termin für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ausgeübt werden muss. Im Anschluss an eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hat der BFH seine Rechtsprechung aber jüngst gelockert und verlangt lediglich eine zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidung.

Sachverhalt: Der Kläger errichtete im Jahr 2016 ein Wohn- und Bürogebäude, mit dessen Errichtung er im Jahr 2014 begonnen hatte. Einen Gebäudeanteil von 32 % vermietete der Kläger ab dem 1.5.2016 umsatzsteuerpflichtig an die C-GmbH, deren Alleingesellschafter und -geschäftsführer er war. Der Kläger machte die auf den umsatzsteuerpflichtig vermieteten Gebäudeteil entfallende Vorsteuer, d. h. 32 % der gesamten Vorsteuern, in seiner Umsatzsteuererklärung für 2016 geltend und gab die Erklärung am 27.12.2017 ab. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nicht an, weil der Kläger seine Zuordnungsentscheidung nicht bis zum 31.5.2017, dem Abgabetermin für die Umsatzsteuererklärung 2016, getroffen hatte.

Entscheidung: Der BFH gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber zur Berechnung der Höhe der abziehbaren Vorsteuern an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Das Gebäude war ein gemischt genutztes Wirtschaftsgut, da es hinsichtlich der vermieteten Fläche unternehmerisch genutzt wurde. Der Kläger hat eine wirksame Zuordnungsentscheidung getroffen, den vermieteten Teil (32 % der Fläche) seinem Unternehmen zuzuordnen.
  • Für die Wirksamkeit der Zuordnungsentscheidung bedarf es nach neuester Rechtsprechung nicht mehr einer Mitteilung an das Finanzamt bis zum Ablauf der Frist für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung. Vielmehr genügt eine Dokumentation der objektiv erkennbar gewordenen Anhaltspunkte, aus denen sich die Zuordnung zum Unternehmen ergibt, bis zum Ablauf der Erklärungsfrist für die Umsatzsteuererklärung; diese Dokumentation kann dem Finanzamt dann aber zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegt werden.
  • Im Streitfall gab es eine entsprechende Dokumentation der objektiv erkennbaren Anhaltspunkte bis zum 31.5.2017. So hatte der Kläger bereits im Mai 2016 einen Mietvertrag über die umsatzsteuerpflichtige Vermietung des Gebäudeteils im Umfang von 32 % abgeschlossen. Außerdem war die später vermietete Fläche des Gebäudes in den Bauplänen als Bürofläche ausgewiesen worden, so dass hieraus deutlich wurde, dass dieser Teil unternehmerisch genutzt werden würde.

Hinweise: Der BFH bestätigt damit seine jüngste Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Zuordnungsentscheidung, die sich zugunsten der Unternehmer auswirkt. Denn eine Mitteilung an das Finanzamt bis zum Ablauf der Frist für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ist nicht mehr erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn bis zu diesem Tag aus den Unterlagen objektiv erkennbar ist, dass das Wirtschaftsgut ganz oder teilweise unternehmerisch genutzt werden soll.

Der BFH hat die Sache aber an das FG zurückverwiesen, damit dieses über die endgültige Höhe der Vorsteuern entscheidet. Der Kläger hatte im Streitjahr 2016 nämlich nicht nur die Vorsteuern geltend gemacht, die im Streitjahr 2016 entstanden sind, sondern zu Unrecht auch noch die Vorsteuern aus den Vorjahren 2014 und 2015, in denen mit der Errichtung des Gebäudes begonnen worden war; die Vorsteuern der beiden Vorjahre können aber nur in den Umsatzsteuererklärungen für 2014 und 2015 geltend gemacht werden.

Bei gemischt genutzten Gebäuden ist eine vollständige Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen nach dem Gesetz nicht möglich, sondern nur eine Zuordnung des unternehmerisch genutzten Teils des Gebäudes.

Quelle: BFH, Urteil vom 29.9.2022 – V R 4/20; NWB

Kein Vorsteuerabzug einer Komplementär-GmbH für Luxus-Kfz

Eine GmbH, die lediglich als Komplementärin einer KG tätig ist und hierfür eine Haftungsvergütung erhält, kann aus der Anschaffung von Luxusfahrzeugen, die sie lediglich verwahrt, um sie eines Tages zu verkaufen, keine Vorsteuer geltend machen. Denn das bloße Verwahren stellt weder eine wirtschaftliche Tätigkeit dar, noch erweitert die GmbH mit dem Verwahren der Fahrzeuge ihre wirtschaftliche Haupttätigkeit als Komplementärin.

Hintergrund: Ein Unternehmer kann die Vorsteuer aus Leistungen, die er für sein Unternehmen verwendet, geltend machen, wenn er über eine ordnungsgemäße Rechnung verfügt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die Komplementärin einer GmbH & Co. KG war, die von GF gegründet worden war. Für ihre Komplementärtätigkeit erhielt die Klägerin eine Haftungsvergütung von 2.500 € jährlich. GF war bis zur Gründung der GmbH & Co. KG einzelunternehmerisch im Kfz-Handel tätig gewesen; auch die GmbH & Co. KG war im Kfz-Handel tätig. Die Klägerin erwarb im Jahr 2015 zwei Mercedes Benz SLS AMG zum Kaufpreis von ca. 320.000 € zzgl. 60.000 € Umsatzsteuer sowie zum Preis von ca. 126.000 € zzgl. 24.000 € Umsatzsteuer, stellte sie in einer Halle abgedeckt ab und ließ sie als Kfz nicht zu. Nach eigenen Angaben wollte sie die Fahrzeuge zu gegebener Zeit verkaufen. Die Klägerin machte die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Klägerin konnte keine Vorsteuer geltend machen, da sie nicht wirtschaftlich tätig war. Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass die Eingangsleistung für Zwecke der besteuerten Umsätze, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ausführt, verwendet wird. Die Klägerin hat sich aber nicht wie ein Unternehmer verhalten und war daher nicht wirtschaftlich tätig, sondern sie hatte lediglich eine bloße Verkaufsabsicht beim Erwerb und verhielt sich deshalb nur wie ein Sammler.
  • Zwar waren die GmbH & Co. KG und der Geschäftsführer der Klägerin, der GF, im Kfz-Handel tätig. Diese wirtschaftlichen Tätigkeiten konnten der Klägerin aber nicht zugerechnet werden, da die einzelnen Unternehmen eigenständig sind.
  • Die Klägerin hat mit dem Erwerb der beiden Luxusfahrzeuge auch nicht ihre Haupttätigkeit als Komplementärin, für die sie eine Haftungsvergütung von 2.500 € jährlich erhielt, erweitert. Denn sie unterschied sich nicht von einem Sammler, der bereit ist, sein Sammlerstück nach einer bestimmten Zeit gewinnbringend zu veräußern.

Hinweise: Der Erwerb der Luxusfahrzeuge hätte zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die GmbH & Co. KG als Kfz-Händlerin die Fahrzeuge erworben hätte. Die Klägerin war aber außerhalb ihrer Komplementärtätigkeit nicht unternehmerisch in Erscheinung getreten. Eine reine Sammlertätigkeit genügt nicht für eine wirtschaftliche und damit unternehmerische Tätigkeit.

Quelle: BFH, Urteil vom 8.9.2022 – V R 26/21; NWB

Kein Vorsteuerabzug für bürgerliche Kleidung

Ein Unternehmer, der für seine unternehmerische Tätigkeit bürgerliche Kleidung wie z.B. schwarze Anzüge nutzt, kann aus der Anschaffung und Reinigung der Kleidung keinen Vorsteuerabzug vornehmen. Stellt er seinem Arbeitnehmer bürgerliche Kleidung für die berufliche Tätigkeit zur Verfügung, ist ein Vorsteuerabzug ebenfalls nicht möglich, wenn die Überlassung kein Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung ist.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug ist nach dem Gesetz für Aufwendungen für die private Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Unternehmers mit sich bringt, ausgeschlossen. Gleiches gilt für Aufwendungen, die für den privaten Bedarf des Personals verwendet werden.

Sachverhalt: Der Kläger war in den Streitjahren 2008 bis 2010 selbständiger Trauerredner und schaffte schwarze Anzüge an, die er nutzte. Seine Ehefrau, die Klägerin, war im Jahr 2008 ebenfalls selbständig als Trauerrednerin tätig. In den Jahren 2009 und 2010 war sie bei ihrem Ehemann angestellt, der ihr schwarze Kleidung zur Verfügung stellte. Die Vorsteuer aus der Anschaffung der schwarzen Kleidung sowie aus den Reinigungskosten erkannte das Finanzamt nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Vorsteuer ebenfalls nicht an und wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Bei der schwarzen Kleidung für den Kläger handelte es sich um bürgerliche Kleidung, für die der Vorsteuerabzug nach dem Gesetz ausgeschlossen ist; denn es handelt sich bei bürgerlicher Kleidung um Aufwendungen für die private Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Unternehmers mit sich bringt. Schwarze Anzüge können nämlich auch privat getragen werden.
  • Der Vorsteuerabzug ist auch insoweit ausgeschlossen, als der Kläger in den Jahren 2009 und 2010 seiner angestellten Ehefrau schwarze Kleidung zur Verfügung gestellt hat. Da es sich um bürgerliche Kleidung handelte, wurde diese für den privaten Bedarf des Personals verwendet, so dass auch insoweit der Vorsteuerabzug nicht möglich war.
  • Etwas anderes würde hinsichtlich der an die Ehefrau überlassenen Kleidung nur dann gelten, wenn die Überlassung der Kleidung ein Entgelt für die Arbeitsleistung der Ehefrau gewesen wäre. Es hätte dann ein sog. tauschähnlicher Umsatz vorgelegen, der zum Vorsteuerabzug berechtigt hätte. Allerdings sprach gegen ein Entgelt, dass die Kleidung ohne Bezug zum Umfang der von der Ehefrau erbrachten Arbeitsleistung und unabhängig vom Gehalt überlassen wurde.

Hinweise: Der Kläger hatte auch den Betriebsausgabenabzug für die Anschaffung der Reinigung der Kleidung bei der Einkommensteuer geltend gemacht. Hierüber hat vor kurzem ein anderer Senat des BFH entschieden und den Betriebsausgabenabzug für die Anschaffung und Reinigung der Kleidung des Klägers abgelehnt, weil die private Lebensführung des Klägers berührt war. Hinsichtlich der Kleidung für die angestellte Ehefrau hat der BFH die Sache aber an das FG zurückverwiesen. Denn insoweit kommt ein Betriebsausgabenabzug als Lohnaufwand in Betracht, wenn es eine klare und eindeutige Vereinbarung über die Überlassung der Kleidung gab und wenn der Arbeitsvertrag fremdüblich war.

Zwar ist das Abzugsverbot für die Vorsteuer europarechtlich nicht unumstritten. Der BFH konnte aber offenlassen, ob das Abzugsverbot mit dem europäischen Umsatzsteuerrecht vereinbar ist; denn die Kläger haben sich nicht auf das europäische Umsatzsteuerrecht berufen.

Quelle: BFH, Urteil vom 24.8.2022 – XI R 3/22; NWB