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Verdeckte Gewinnausschüttung bei Ausschüttung an Nießbrauchsberechtigten, der keine Stimmrechte hat

Der Nießbrauch an GmbH-Anteilen, durch den zwar ein Anspruch auf den Gewinnanteil begründet wird, die Stimmberechtigung und sonstige Verwaltungsrechte aber beim Anteilseigner verbleiben, wird steuerlich nicht anerkannt. Die Ausschüttung ist daher dem Anteilseigner – und nicht dem Nießbrauchsberechtigten – zuzurechnen. Eine an den Nießbrauchsberechtigten geleistete Ausschüttung kann daher eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen.

Hintergrund: Dividendeneinnahmen muss grundsätzlich der Anteilseigner versteuern. Durch einen Nießbrauch kann aber ein Dritter an den Anteilen berechtigt werden, so dass der Dritte die Dividenden versteuern muss.

Streitfall: Die Klägerin war zusammen mit dem X ursprünglich zu jeweils 50 % an der A-GmbH, B-GmbH und C-GmbH beteiligt. Am 16.12.2004 bestellten die Klägerin und X einen Nießbrauch zu 80 % an ihren Anteilen an der C-GmbH zugunsten der A-GmbH. Jedoch verblieben die Stimmrechte bei der Klägerin und bei X. Ebenfalls am 16.12.2004 beschlossen die Klägerin und X eine Erhöhung des Stammkapitals der B-GmbH und brachten ihre nießbrauchsbelasteten Anteile an der C-GmbH in die B-GmbH ein. Am 28.12.2004 sowie im Juni und Dezember 2006 beschloss die Gesellschafterversammlung der C-GmbH Gewinnausschüttungen, die im Umfang des Nießbrauchs an die A-GmbH ausgezahlt wurden. Das Finanzamt erfasste die an die A-GmbH erfolgten Ausschüttungen in den Streitjahren 2004 und 2006 jeweils zur Hälfte als verdeckte Gewinnausschüttung bei der Klägerin sowie bei X.

Entscheidung: Auf die hiergegen gerichtete Klage wies der Bundesfinanzhof (BFH) die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück, weil eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht feststand:

  • Die Ausschüttungen waren nicht der A-GmbH zuzurechnen, da diese nur hinsichtlich der Gewinnanteile anspruchsberechtigt war, aber die Verwaltungsrechte, insbesondere das Stimmrecht, nicht durchsetzen konnte. Steuerlich gesehen hätte daher die B-GmbH die Dividenden erhalten und versteuern müssen.
  • Da die Dividenden aber tatsächlich an die A-GmbH als Nießbrauchsberechtigte gezahlt worden sind, führt die Auszahlung grundsätzlich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der B-GmbH sowie bei den Gesellschaftern der B-GmbH, da bei der B-GmbH eine verhinderte Vermögensmehrung eingetreten ist, weil sie die Dividenden tatsächlich nicht vollständig erhalten hat und weil die A-GmbH eine nahestehende Person der beiden Gesellschafter der B-GmbH war; denn die Gesellschafter der B-GmbH waren die Klägerin und X, die auch Gesellschafter der A-GmbH waren.
  • Allerdings kann es auch sein, dass es betriebliche Gründe für die Gestaltung gab. So ist es denkbar, dass die Einbringung der nießbrauchsbelasteten Anteile an der C-GmbH in die B-GmbH nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen war; denn die Klägerin und X erhielten im Gegenzug für ihre Einbringung der nießbrauchsbelasteten neue Anteile an der B-GmbH.
  • Für eine Abwägung nach kaufmännischen Gesichtspunkten würde sprechen, wenn sowohl die eingebrachten Anteile an der C-GmbH unter Berücksichtigung der Nießbrauchsbelastung als auch die neu ausgegebenen Anteile an der B-GmbH von der Klägerin und X bewertet worden wären und diese Bewertung der Einbringung zugrunde gelegt worden wäre. Eine verdeckte Gewinnausschüttung wäre dann nicht anzunehmen. Sollte eine entsprechende Bewertung und vertragliche Bezugnahme auf die Bewertung jedoch unterblieben sein, läge die streitige verdeckte Gewinnausschüttung wohl vor.

Hinweise: Das FG muss nun aufklären, ob die Einbringung nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen war. Für die Praxis bedeutet das BFH-Urteil, dass auch bei einer Umstrukturierung in einer kleinen, vertrauten „Konzerngruppe“ – wie sie hier mit der Klägerin und X bestand – eine Anteilsbewertung durchgeführt werden sollte, um Vermögensverschiebungen unter den einzelnen Gesellschaften zu vermeiden, die letztendlich verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen auslösen können.

Ferner ist bei Bestellung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen oder Aktien darauf zu achten, dass der Nießbrauchsberechtigte auch die wesentlichen Verwaltungsrechte wie das Stimmrecht durchsetzen kann. Anderenfalls werden die Dividenden weiterhin dem Anteilseigner zugerechnet und müssen grundsätzlich von ihm auch versteuert werden.

Quelle: BFH, Urteil v, 14.2.2022 – VIII R 29/18; NWB

Bundesfinanzministerium aktualisiert FAQ zur Energiepreispauschale

Das BMF hat seine FAQ zur Energiepreispauschale (EPP) aktualisiert.

Es werden Fragen beantwortet u.a. zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und zur Steuerpflicht.

Hinweis: Die aktualisierten FAQ (Stand: 20.7.2022) sind auf der Homepage des BMF veröffentlicht.

Quelle: BMF online, Meldung v. 21.7.2022; NWB

Bevollmächtigung eines Steuerberaters kann vermutet werden

Tritt ein Steuerberater für einen Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt auf, ohne dass er eine ausdrückliche Vollmacht vorlegt, wird eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Steuerberaters vermutet. Dies hat zur Folge, dass der Steuerbescheid gegenüber dem Steuerberater für seinen Mandanten wirksam bekannt gegeben werden kann.

Hintergrund: Ein Steuerbescheid ist grundsätzlich gegenüber dem Betroffenen bekannt zu geben, kann aber auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Mit der Bekanntgabe wird der Bescheid wirksam.

Streitfall: Die Kläger waren Eheleute und hatten ausländische Kapitalerträge nicht ordnungsgemäß erklärt. Sie beauftragten den Steuerberater S im Jahr 2014, die Kapitaleinkünfte für die Jahre 2008 bis 2011 zu erklären und die Einkommensteuererklärung für 2012 zu erstellen. S reichte beim Finanzamt entsprechende Vollmachten der Kläger für die „Erklärung von Einkünften 2008 bis 2011“ sowie „Einkommensteuer 2012“ ein. Die Steuerfahndung forderte den S im weiteren Verlauf des Verfahrens auf, die Anlagen für Kapitaleinkünfte der Jahre 2008 bis 2011 einzureichen sowie die Kapitaleinkünfte für die Jahre 2004 bis 2007 zu erklären. S reichte im September 2015 die Anlagen für die Kapitaleinkünfte der Kläger für die Jahre 2004 bis 2011 „wunschgemäß“ beim Finanzamt ein. Das Finanzamt stellte daraufhin dem S einen geänderten Einkommensteuerbescheid für die Kläger für 2004 mit Postzustellungsurkunde am 21.12.2015 zu. Die Kläger hielten den Bescheid für unwirksam.

Entscheidung: Der BFH wies die Klage ab, da der Bescheid wirksam bekannt gegeben worden war:

  • Die Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids für 2004 an S war gegenüber den Klägern wirksam. Denn S war Bevollmächtigter der Kläger.
  • Zwar hatte S eine Vollmacht nur für die Besteuerungszeiträume 2008 bis 2012 vorgelegt. Eine Bevollmächtigung kann aber auch ohne ausdrückliche Vollmacht vorliegen, wenn nämlich der Steuerberater für den Steuerpflichtigen auftritt. Die Bevollmächtigung ist dann zu vermuten.
  • Im Streitfall trat S auch hinsichtlich der Jahre 2004 bis 2007 für die Kläger auf und übersandte in ihrem Namen Unterlagen über ausländische Kapitalerträge an das Finanzamt. Zudem war S auch bereits für die Jahre 2008 bis 2012 unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht für die Kläger aufgetreten. Das Finanzamt durfte daher davon ausgehen, dass die Vollmacht der Kläger für die Jahre 2008 bis 2012 nachträglich auf die Jahre 2004 bis 2007 erweitert worden war.

Hinweise: Der Gesetzgeber regelt seit 2017 ausdrücklich, dass bei Steuerberatern, die für einen Steuerpflichtigen handeln, eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet wird. Schon vor der Gesetzesregelung wurde aber – wie im Streitfall – eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet. Der BFH macht deutlich, dass die Gesetzesregelung die Rechtsprechungsgrundsätze lediglich verankern sollte.

Die Wirksamkeit der Bekanntgabe des Bescheids am 21.12.2015 war deshalb für das Finanzamt so wichtig, weil am 31.12.2015 Festsetzungsverjährung für das Streitjahr 2004 eintrat. Die Kläger hatten ihre Steuererklärung für 2004 im Jahr 2005 abgegeben und die Kapitaleinkünfte hinterzogen, so dass die Verjährungsfrist zehn Jahre betrug und am 1.1.2006 begann und am 31.12.2015 endete. Wäre die Zustellung des Bescheids unwirksam gewesen, hätte die Bekanntgabe des Bescheids im Jahr 2016 nicht mehr nachgeholt werden können.

Quelle: BFH, Urteil v. 16.3.2022 – VIII R 19/19; NWB

Trauerredner kann Kosten für schwarze Anzüge steuerlich nicht absetzen

Ein Trauerredner kann seine Kosten für schwarze Anzüge, die er ausschließlich beruflich trägt, nicht als Betriebsausgaben absetzen. Es handelt sich um Aufwendungen für bürgerliche Kleidung, die auch privat getragen werden kann, so dass die Aufwendungen mit den Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten sind.

Hintergrund: Der Gesetzgeber erkennt Aufwendungen für die private Lebensführung steuerlich nicht an, auch wenn sie den Beruf fördern.

Streitfall: Der Kläger war selbständiger Trauerredner und machte die Kosten für seine schwarzen Anzüge, die er als Trauerredner nutzte, als Betriebsausgaben geltend. Er beschäftigte seine Ehefrau als Trauerrednerin und bezahlte ihr die schwarze Kleidung, die sie als Trauerrednerin nutzte. Auch diese Kosten machte er als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte weder die Kosten für die schwarze Kleidung für den Kläger noch die Kosten des Klägers für die schwarze Kleidung seiner Ehefrau an.

Entscheidung: Der BFH gab dem Finanzamt grundsätzlich Recht, verwies die Sache jedoch wegen der für die Ehefrau bezahlten schwarzen Kleidung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Die Kosten für bürgerliche Kleidung sind grundsätzlich nicht absetzbar, da sie privat getragen werden kann. Damit greift das steuerliche Abzugsverbot für Kosten der privaten Lebensführung.
  • Ein Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben wird nur dann anerkannt, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt. Um typische Berufskleidung handelt es sich, wenn die Kleidung objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet ist und wegen der Eigenart des Berufs nötig ist oder wenn die Kleidung von privater Kleidung unterschieden werden kann, weil sie z.B. einen Firmenemblem enthält, Schutzfunktionen aufweist oder weil es sich um eine Uniform handelt.
  • Die schwarzen Anzüge des Klägers sind keine typische Berufskleidung. Für den steuerlichen Abzug genügt es nicht, dass der Kläger einen höheren Verschleiß an Anzügen hat oder die Anzüge ausschließlich beruflich nutzt.
  • Auch ein anteiliger Abzug der Kosten ist nicht möglich. Denn hierzu müsste der berufliche Nutzungsanteil leicht und einwandfrei ermittelt werden können.

Hinweise: Die Zurückverweisung an das FG erfolgte wegen der vom Kläger übernommenen Kosten für die Bekleidung seiner angestellten Ehefrau. Der Kläger hat als Arbeitgeber Kosten seiner Arbeitnehmerin übernommen, die grundsätzlich Betriebsausgaben für den Klägerin darstellen. Da es sich bei der Arbeitnehmerin aber um seine Ehefrau handelte, hängt die steuerliche Anerkennung der Kosten davon ab, dass der Arbeitsvertrag zwischen den beiden einem Fremdvergleich standhält. Dies setzt voraus, dass im Arbeitsvertrag die Übernahme der Kosten für die Kleidung eindeutig geregelt war. Ob dies der Fall war, muss das FG nun prüfen.

Quelle: BFH, Urteil v. 16.3.2022 – VIII R 33/18; NWB