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Unterbrechung der Zahlungsverjährung durch Anfrage beim Bundeszentralamt für Steuern

Die Zahlungsverjährung kann dadurch unterbrochen werden, dass das Finanzamt beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Online-Abfrage zur Adresse des Steuerschuldners vornimmt.

Hintergrund: Neben der Festsetzungsverjährung, die bei der Festsetzung der Steuer zu beachten ist, gibt es eine fünfjährige Zahlungsverjährung, die mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steueranspruch fällig geworden ist, beginnt. Mit dem Eintritt der Zahlungsverjährung erlischt die Steuerschuld. Der Gesetzgeber sieht aber in zahlreichen Fällen eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung vor, z. B. wenn das Finanzamt Ermittlungen zum Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Steuerschuldners vornimmt.

Sachverhalt: Der Kläger schuldete dem Finanzamt Steuern, für die an sich zum 31.12.2015 Zahlungsverjährung eingetreten wäre. Seit dem Jahr 2010 kamen Schreiben des Finanzamts an den Kläger mit dem Vermerk „unbekannt“ zurück. Am 1.12.2015 tätigte die Vollstreckungsstelle des Finanzamts beim BZSt eine Online-Abfrage zur Adresse des Klägers, die eine Adresse im Ausland ergab. Im Februar pfändete das Finanzamt die Konten des Klägers bei einer Bank. Der Kläger wandte sich gegen diese Pfändung mit der Begründung, es sei zum 31.12.2015 Zahlungsverjährung eingetreten.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Die Zahlungsverjährung ist durch die Online-Abfrage am 1.12.2015 unterbrochen worden. Dabei handelte es sich nämlich um eine Ermittlungsmaßnahme, um den Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Klägers zu erfahren.
  • Die Verjährungsunterbrechung setzt eine nach außen wirkende Ermittlungsmaßnahme voraus. Erforderlich ist nicht, dass der Steuerschuldner davon erfährt.
  • Die Außenwirkung war im Streitfall gegeben, da es sich bei dem BZSt um eine andere Behörde handelt, die zur Bundesfinanzverwaltung gehört und nicht – wie das Finanzamt – zur Landesfinanzverwaltung. Es ist unbeachtlich, dass auch das BZSt eine Finanzbehörde ist. Das Finanzamt hätte auch beim Einwohnermeldeamt eine Online-Abfrage tätigen können; es gibt keinen Grund, die Online-Abfrage beim BZSt anders zu behandeln als eine Online-Abfrage bei einer Meldebehörde.
  • Die weiteren Voraussetzungen für eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung lagen vor: Der Wohnsitz des Klägers war unbekannt, da die an den Kläger gerichteten Schreiben immer wieder mit dem Vermerk „unbekannt“ zurückgekommen waren. Das Finanzamt bemühte sich auch um die Durchsetzung eines konkreten Zahlungsanspruchs.

Hinweise: Die Unterbrechung der Zahlungsverjährung hat zur Folge, dass mit Ablauf des 31.12.2015 eine neue fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist beginnt.

Für die Unterbrechung der Zahlungsverjährung war unbeachtlich, ob ein Sachbearbeiter in einer anderen Abteilung des Finanzamts die zutreffende Adresse des Klägers kannte. Das Wissen eines anderen Sachbearbeiters aus einer anderen Abteilung kann dem für die Vollstreckung zuständigen Sachbearbeiter nicht zugerechnet werden.

Irrelevant ist auch, ob das im Streitfall tätig gewordene Finanzamt überhaupt örtlich zuständig war. Denn gerade bei einem unbekannten Wohnsitz oder Aufenthalt ist es nicht möglich, das zuständige Finanzamt vorab zu ermitteln.

BFH, Beschluss v. 21.12.2021 – VII R 21/19; NWB

Annahme einer Erbschaft durch italienischen Erben

Annahme einer Erbschaft durch italienischen Erben

War der Erblasser ein in Italien wohnhafter Italiener und hat der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland, entsteht nach deutschem Recht Erbschaftsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe nach dem Tod des Erblassers nach Italien umzieht und erst dort die Erbschaft nach italienischem Recht annimmt. Denn die Annahme ist keine Bedingung, die dazu führt, dass es erst mit der Annahme zu der Erbschaft kommt.

Hintergrund:

Die Erbschaftsteuerpflicht setzt grundsätzlich voraus, dass entweder der Erblasser oder der Erbe im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Die Erbschaftsteuer entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt des Todes, es sei denn, die Erbschaft stand unter einer aufschiebenden Bedingung.

Sachverhalt:

Der Vater der Klägerin war Italiener und lebte in Italien; er starb im August 2015. Hinterbliebene waren die Klägerin, ihr Bruder und ihre Mutter. Die Klägerin lebte in Deutschland. Nach italienischem Erbrecht war die Annahme des Erbes erforderlich, um Erbe zu werden. Die Klägerin zog im Juli 2016 nach Italien um und nahm anschließend in Italien die Erbschaft an. Sie war der Ansicht, dass die Erbschaft nicht steuerbar ist, weil es auf den Zeitpunkt der Annahmeerklärung ankomme und sie zu diesem Zeitpunkt keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hatte.

Entscheidung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte eine Erbschaftsteuerpflicht nach deutschem Recht und wies die Klage ab:

  • Die Erbschaftsteuer entstand mit dem Tod des Vaters. Zu diesem Zeitpunkt hatte zwar nicht der Erblasser (Vater) seinen Wohnsitz in Deutschland, wohl aber die Klägerin, so dass die Erbschaft steuerbar war.
  • Zwar entsteht die Erbschaftsteuer im Fall einer aufschiebenden Bedingung erst mit dem Eintritt der Bedingung. Die Annahme der Erbschaft war allerdings keine derartige Bedingung. Denn das Wesen einer aufschiebenden Bedingung ist, dass die Rechtswirkung erst ab dem Bedingungseintritt erzeugt wird und nicht rückwirkend.
  • Die Annahme einer Erbschaft nach italienischem Recht führt jedoch zu einem rückwirkenden Erwerb des Erbes. Damit ist die Annahme keine aufschiebende Bedingung, sondern ein rückwirkendes Ereignis. Die Erbschaft fällt daher mit dem Zeitpunkt des Todes an, also rückwirkend.

Hinweise:

Hätte es sich bei der Annahme der Erbschaft um eine aufschiebende Bedingung gehandelt, wäre die Erbschaftsteuer erst im Zeitpunkt der Annahme entstanden; in diesem Zeitpunkt hätte aber die Klägerin ihren Wohnsitz nicht mehr in Deutschland gehabt, so dass der Erwerb nicht steuerbar gewesen wäre.

Haben weder Erbe noch Erblasser ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, besteht grundsätzlich keine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht. Allerdings gibt es auch eine beschränkte Steuerpflicht, die trotz des Wohnsitzes des Erblassers und des Erbens im Ausland dazu führen kann, dass Erbschaftsteuer entsteht; dies ist der Fall, wenn bestimmtes Vermögen wie z. B. Grundbesitz oder Betriebsvermögen, das sich in Deutschland befindet, vererbt wird.

BFH, Urteil v. 17.11.2021 – II R 39/19; NWB

Übertragung des Kinderfreibetrags bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft

Leben Eltern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen und haben sie gemeinsame minderjährige Kinder, kann der Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen werden, wenn jener Elternteil seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nicht nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Es genügt aber nicht, dass er weniger verdient und deshalb weniger Barunterhalt leistet, solange er seinen Betreuungsunterhalt erfüllt.

Hintergrund: Für Kinder wird jedem Elternteil nach aktueller Rechtslage ein Kinderfreibetrag von 2.730 € sowie ein Freibetrag von 1.464 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes gewährt. Auf Antrag eines Elternteils wird der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag und Betreuungsfreibetrag auf ihn übertragen, wenn die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vorliegen und der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nicht nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.

Sachverhalt: Die Klägerin war Mutter des im März 1998 geborenen Sohns M und der im April 2001 geborenen Tochter L. Mit dem Vater der beiden Kinder lebte sie in den Streitjahren 2015 bis 2017 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Das Einkommen des Vaters fiel in den Streitjahren niedrig aus. Die Klägerin beantragte die Übertragung des auf den Vater entfallenden Kinder- und Betreuungsfreibetrags. Das Finanzamt übertrug aber lediglich den sich für M ab März 2016, dem Monat der Volljährigkeit, ergebenden Kinder- und Betreuungsfreibetrag auf die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Das Finanzamt hat zu Recht eine Übertragung des Kinder- und Betreuungsfreibetrags, der dem Vater für die Tochter L in den Streitjahren 2015 bis 2017 und für M noch bis Februar 2016 zustand, abgelehnt. Zwar waren beide Kinder in den genannten Zeiträumen minderjährig und galten damit als Kinder im steuerlichen Sinne. Auch lagen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vor, da die Klägerin und der Vater der Kinder nicht miteinander verheiratet waren.
  • Jedoch ist der Vater seiner Unterhaltspflicht nachgekommen. Die Unterhaltspflicht umfasste zum einen den Bar- oder Naturalunterhalt und zum anderen den Betreuungsunterhalt.
    • Der Bar- oder Naturalunterhalt richtet sich nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Zwar verdiente der Vater der Kinder in den Streitjahren wenig, jedoch er war gleichwohl auch aus seinem niedrigen Einkommen zum Barunterhalt verpflichtet.
    • Auch den Betreuungsunterhalt hat der Vater der Kinder erfüllt, da er seiner Pflicht zur Pflege und Erziehung seiner Kinder in vollem Umfang nachgekommen ist.
    • Selbst wenn der Vater seinen Barunterhalt nicht geleistet haben sollte, weil er ein zu niedriges Einkommen gehabt haben sollte, hätte der Vater gleichwohl seinen Betreuungsunterhalt erfüllt. Dies genügt für die Erfüllung der Unterhaltspflicht.

Hinweise: Dem BFH zufolge ist bei einer funktionsfähigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft davon auszugehen, dass die Verteilung der Unterhaltsaufgaben dem gemeinsamen Willen der Elternteile und der Bestimmung der beiden Sorgeberechtigten bzw. des alleinigen Sorgeberechtigten entspricht. Eine Nichterfüllung der Unterhaltspflicht ist daher erst dann anzunehmen, wenn z.B. eine Unterhaltsvereinbarung nicht eingehalten wird. Solange aber der andere Elternteil seinen Betreuungsunterhalt erfüllt, ist bei einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft von einer Erfüllung der Unterhaltspflicht auszugehen.

Offengelassen hat der BFH die Frage, ob das Finanzamt zu Recht den Kinder- und Betreuungsfreibetrag für M ab März 2016 auf die Klägerin übertragen hat. An dem aktuellen Verfahren war der Vater des Kindes prozessual nicht als Beigeladener beteiligt; der BFH hat die Frage einer Beiladung nicht erörtert, obwohl sich ein Klageerfolg auf den Kindesvater nachteilig ausgewirkt hätte.

BFH, Urteil v. 15.12.2021 – III R 24/20; NWB

Keine Gemeinnützigkeit bei Verstoß gegen satzungsmäßige Vermögensbindung

Die Gemeinnützigkeit ist nicht anzuerkennen, wenn die Satzung keine Regelung für den Fall enthält, dass der bisherige Zweck wegfällt. Die Satzung genügt dann nicht dem Grundsatz der satzungsmäßigen Vermögensbindung.

Hintergrund: Gemeinnützige Vereine und gemeinnützige GmbH genießen steuerliche Vorteile wie z.B. eine Steuerfreiheit oder die Berechtigung, Spenden entgegenzunehmen, die die Spender steuerlich absetzen können. Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen wird vom Finanzamt durch einen Bescheid gesondert festgestellt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, deren Gegenstand die psychiatrische Versorgung eines Landkreises war. Ihr Gesellschaftsvertrag wurde im Jahr 2012 geschlossen. Im Jahr 2014 teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass der Gesellschaftsvertrag den Anforderungen an die Gemeinnützigkeit nicht entspreche, weil die gemeinnützigen Zwecke nicht wörtlich benannt waren. Im Jahr 2015 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin eine neue Satzung, die aber keine Regelung enthielt, was mit dem Vermögen der GmbH geschehen soll, falls der gemeinnützige Zweck der GmbH wegfällt. Nachdem die GmbH auf eine entsprechende Beanstandung des Finanzamts nicht reagiert hatte, stellte das Finanzamt mit Bescheid aus dem Dezember 2016 fest, dass die Klägerin die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht einhält. Hiergegen klagte die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Die Satzung der Klägerin erfüllte nicht die Anforderungen an die sog. Vermögensbindung. Danach muss der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der GmbH bzw. des Vereins oder bei Wegfall des bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist.
  • In der Satzung der Klägerin fehlte jegliche Angabe zu einer Verwendung des Vermögens im Fall eines Wegfalls des bisherigen Zwecks. Daher konnte die Satzung nicht ausgelegt werden, dass für den Wegfall des bisherigen Zwecks das Gleiche gelten soll wie bei einer Auflösung der GmbH. Es konnte auch nicht auf die frühere Satzung aus dem Jahr 2012 zurückgegriffen werden, weil sich aus der aktuellen Satzung die Verwendung des Vermögens im Fall des Wegfalls des bisherigen Zwecks ergeben muss.

Hinweise: Einen Vertrauensschutz lehnte der BFH ab, weil der streitige Bescheid der erste Bescheid über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen war und es keinen vorherigen Bescheid gegeben hatte, in dem die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen bejaht worden wäre.

Der Gesetzgeber hat eine Mustersatzung veröffentlicht, deren Inhalt in der Satzung eines gemeinnützigen Vereins bzw. einer gemeinnützigen GmbH übernommen werden muss. In der Praxis sollte diese Mustersatzung unbedingt beachtet werden. Der Verein bzw. die GmbH kann nach dem Beschluss über die Satzung beim Finanzamt den Antrag stellen, dass das Finanzamt feststellt, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen eingehalten werden. Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist dann z.B. für den steuerlichen Spendenabzug der Spender bindend.

BFH, Urteil v. 26.8.2021 – V R 11/20; NWB

Änderung eines Steuerbescheids bei fehlerhafter Auswertung einer Datenübermittlung der Krankenversicherung

Wertet das Finanzamt eine Mitteilung der Krankenversicherung über die gezahlten Krankenversicherungsbeiträge falsch aus, indem es die Krankenversicherungsbeiträge beim falschen Steuerpflichtigen abzieht, kann es diesen fehlerhaften Bescheid ändern und den Sonderausgabenabzug rückgängig machen. Das Gesetz lässt eine solche Änderung nach fehlerhafter Berücksichtigung übermittelter Krankenversicherungsdaten zu.

Hintergrund: Das Finanzamt erhält von Dritten wie z.B. Krankenversicherungen oder Rententrägern jährliche Mitteilungen über steuerlich relevante Daten, z.B. Versicherungsbeiträge. Bei der Übermittlung oder Auswertung kann es zu Fehlern kommen. Nach dem Gesetz ist ein Steuerbescheid zu ändern oder aufzuheben, soweit die von dem Dritten an das Finanzamt übermittelten Daten nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.

Sachverhalt: Die Klägerin war die Mutter eines minderjährigen Sohns S. Der Vater ihres Sohns war V, mit dem sie nicht verheiratet war. Beide wurden beim selben Veranlagungsplatz im Finanzamt geführt. V zahlte die Krankenversicherungsbeiträge für S. Die Krankenversicherung übermittelte Anfang 2018 dem Finanzamt die Daten zu den von V für S gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen für 2017. Neben den Angaben zu S und den Beiträgen enthielt die Mitteilung auch die Angaben zu V, der die Beiträge gezahlt hatte. Diese Mitteilung gelangte zu den Steuerakten der Klägerin. Im Rahmen einer anderweitig erforderlichen Änderung berücksichtigte das Finanzamt die von V gezahlten Krankenversicherungsbeiträge zu Unrecht als Sonderausgaben der Klägerin. Das Finanzamt bemerkte seinen Fehler und änderte am 3.6.2019 den Bescheid der Klägerin, indem es die Krankenversicherungsbeiträge bei ihr nicht mehr als Sonderausgaben berücksichtigte. Gegen diesen Änderungsbescheid wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Materiell-rechtlich durften die Krankenversicherungsbeiträge nur bei V als Sonderausgaben abgezogen werden, da nur V die Beiträge gezahlt hat und nicht die Klägerin.
  • Der Bescheid der Klägerin durfte durch den Bescheid vom 3.6.2019 geändert werden. Denn das Finanzamt hat die von der Krankenversicherung übermittelten Beitragsdaten nicht zutreffend ausgewertet. Zwar bezieht sich der Wortlaut des Gesetzes nur auf die unzutreffende Auswertung bestimmter Daten, nicht aber z.B. auf die Identifikationsnummer des Versicherungsnehmers oder auf die Höhe der geleisteten Beiträge; richtigerweise bezieht sich die Änderungsnorm aber auf alle steuerlichen Daten, die von einem Dritten an das Finanzamt zu übermitteln sind.

Hinweise: Es blieb unklar, weshalb der von der Krankenversicherung übermittelte Datensatz in die Steuerakten der Klägerin gelangt ist. Möglicherweise war für den Fehler mitursächlich, dass sowohl die Klägerin als auch der V im selben Veranlagungsplatz geführt wurden. Allerdings sollen bei einer elektronischen Übermittlung gerade solche Fehler vermieden werden; deshalb ist in den zu übermittelnden Datensätzen z.B. auch die Identifikationsnummer des Steuerpflichtigen anzugeben, um eine Verwechselung oder fehlerhafte Zuordnung auszuschließen.

Im Streitfall erfolgte die Änderung des Steuerbescheids zuungunsten der Klägerin. Die hier streitige Korrekturvorschrift ermöglicht aber auch eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen, falls sich die unzutreffende Berücksichtigung der Daten zuungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat.

BFH, Urteil v. 8.9.2021 – X R 5/21; NWB